Die Wien-Wahl ist geschlagen: Die SPÖ hat am Sonntag laut einer zweiten Hochrechnung von ORF/SORA (18:50 Uhr, Auszählungsgrad 79 Prozent) klar Platz eins geholt. Demnach haben die Sozialdemokraten 42 Prozent der Stimmen erhalten. Platz zwei belegt die ÖVP mit 18,8 Prozent vor den Grünen mit 14,2 Prozent.

Die FPÖ stürzt auf 7,7 Prozent ab, die Neos landen bei 7,8 Prozent. Offen ist, ob das Team Strache den Einzug schafft, laut Hochrechnung kommt es auf 3,6 Prozent. Alle sonstigen Parteien kommen gemeinsam auf 5,9 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei dieser Wahl bei 62,5 Prozent. 2015 betrug sie 74,75 Prozent.

Ludwig lässt sich alles offen

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat sich in einer erster Stellungnahme nach dem Urnengang alle Koalitionsoptionen offengelassen und sich explizit nicht auf den bisherigen grünen Partner festgelegt. "Man wird sehen, wo es politisch die größten Schnittmengen gibt." Im Vordergrund stünden für ihn die "Interessen der Wiener Bevölkerung", sagte er im ORF.

Er warte jetzt aber erst das endgültige Ergebnis ab. "Aber die Hochrechnungen stimmen mich zuversichtlich, dass ich mit mehreren Partnern reden kann." Er stehe zu seinem Wort. Er habe vor der Wahl gesagt, dass er eine Koalition nur mit der FPÖ und dem Team HC ausschließe und das gelte auch nach der Wahl, so Ludwig. "Alle anderen Koalitionsoptionen sind möglich."

Auf die Frage, ob er der ÖVP den Finanzstadtrat überlassen würde, antwortet Ludwig damit, dass er bereits einen guten Finanzstadtrat habe, aber Verhandlungen nicht vorgreifen wolle. "Ich habe angekündigt, mit allen zu reden, dann wird man sehen, wo es die größte politische Schnittmenge gibt."

Dass Rot-Grün vom Wähler bestätigt worden sei, wollte Ludwig explizit nicht so sehen. Außer der FPÖ seien "alle Parteien bestätigt worden", aus den Hochrechnungen ergeben sich noch keine Koalitionen, so der Bürgermeister.

Hebein will weiter mit SPÖ regieren

Die Grünen waren nach der Wahl tunlichst bemüht, die weitere Zusammenarbeit mit der SPÖ zu forcieren. Spitzenkandidatin Birgit Hebein sah im Ergebnis einen "ganz klaren Auftrag" für eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition. Sowohl der große als auch der kleine Koalitionspartner hätten gewonnen, nach zehn Jahren Koalition sei beiden Parteien der Rücken gestärkt worden, sagte die Vizebürgermeisterin. Koalitionsbedingungen wollte sie nicht nennen, der Ball liege jetzt bei Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

ÖVP-Spitzenkandidat Gernot Blümel erklärte sich "selbstverständlich für Koalitionsverhandlungen" bereit. Er sei angetreten, um mitzuregieren, sagte er und betonte, im Falle einer Regierungsbeteiligung in Wien zu bleiben. Forderungen wollte er seinem Koalitionspartner im Voraus nicht ausrichten, wiewohl er festhielt, dass die ÖVP finanzpolitisch über "eine hohe Kompetenz" verfüge. Über die Ämtervergabe werde aber erst am Schluss gesprochen.

Auch die Neos erklärten sich bereit, in eine Regierung mit der SPÖ zu treten. "Wir stehen auf jeden Fall bereit, wenn wir die Themen, die uns am wichtigsten sind, umsetzen können", sagte Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr.

Wundenlecken bei FPÖ

Bei der FPÖ, die als einziger und klarer Verlierer aus der Wahl hervorgeht, war Wundenlecken angesagt. Spitzenkandidat Dominik Nepp sah die Ursache für den freiheitlichen Absturz wenig überraschend in Ibiza. Der Verlust sei "schmerzlich". Jetzt gehe es darum, "mit harter konsequenter Arbeit" das Vertrauen wieder zurückzugewinnen, meinte er.

Gefragt danach, ob er an Rücktritt denke, meinte er, dass nun einmal das Ergebnis analysiert werden müsse. Zudem verwies er auf den Landesparteitag in den kommenden Monaten. Eine Versöhnung mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, sollte dieser in den Landtag einziehen, könne es erst geben, wenn dieser "Buße" tue.

Danach sah es vorerst aber nicht aus. Strache sah die Schuld am Abschneiden der FPÖ bei der derzeitigen Parteiführung, denn diese habe "herzlos" eine Spaltung herbeigeführt. Diese habe viele Menschen "nicht nur verletzt, sondern vor den Kopf gestoßen". Seine Nachfolger hätten "eiskalt und herzlos" agiert und die freiheitliche Familie zerstört. Sie müssten daher ersetzt werden, so Strache.

Endgültiges Ergebnis womöglich erst Dienstagabend

Im Gegensatz zur Trendprognose von 17 Uhr basiert die erste Hochrechnung auf bereits ausgezählten Stimmen. Die Schwankungsbreite ist geringer. Da der Anteil der Wahlkarten sehr hoch ist, kann es noch bis Dienstagabend dauern, bis das endgültige Ergebnis der Wahl feststeht. Bis Dienstag früh wurden laut Wahlbehörde 356.000 Wahlkarten ausgestellt. (apa, red)