Verdoppelt hat sich die ÖVP am Wahlsonntag. 18,8 Prozent erzielte die Volkspartei laut der Hochrechnung inklusive Wahlkarten-Prognose in Wien. Beim Urnengang 2015 war die ÖVP nach einem Absturz nur noch bei 9,2 Prozent gelegen.

Als "Sensation und Wahnsinn" bezeichnete Gernot Blümel das Wahlergebnis der Volkspartei: "Die ÖVP Wien ist wieder da. Wir haben fünf Jahre auf diesen Tag hingearbeitet." Selbstverständlich stehe man nun für Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ bereit, so der Finanzminister.

Der Stimmenzuwachs ist der bei Weitem größte aller Parteien, auch wenn sich so mancher in der ÖVP ein Ergebnis von mehr als 20 Prozent erhofft hatte. Denn dass die Volkspartei ihr historisch schlechtestes Ergebnis von 2015 deutlich hinter sich lassen würde, hatten die Umfragen einhellig vorhergesagt. Zwischenzeitlich war sie in den Umfragen bereits bei 23 Prozent gelegen. Auch die vergangenen Wahlen hatten auf eine Trendwende hingedeutet: Bei der EU-Wahl 2019 hatte die ÖVP in Wien 21,4 Prozent geholt, bei der Nationalratswahl 2019 erzielte die Volkspartei 24,6 Prozent.

Neben den bundesweiten Aufwärtstrend konnte die ÖVP vor allem von der Schwäche der FPÖ profitieren. Die Freiheitlichen eilen seit dem Ibiza-Video von Wahlniederlage zu Wahlniederlage. In Wien hatten sie zusätzlich mit der Splitterpartei ihres ehemaligen Chefs Heinz-Christian Strache zu kämpfen.

Türkiser Kampf um blaue Wähler

Im Wahlkampf bemühte sich die Volkspartei dann auch darum, enttäuschte FPÖ-Wähler für sich zu gewinnen. Im Streit um die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem griechischen Lager Moria blieb die Volkspartei hart. Neben Corona (47 Prozent), Jobs und Wirtschaft (33 Prozent) war laut Sora-ORF-Wahltagsbefragung das wichtigste Thema für ÖVP-Wähler Zuwanderung und Integration (31 Prozent). Der Hauptgrund für die Wahlentscheidung waren für 26 Prozent der Befragten die Themen der Partei. Zehn Prozent nannten Blümel als Hauptmotiv.

Überhaupt schien der Wahlkampf mehr von der Bundes-ÖVP als von Blümel getragen worden zu sein. Der Finanzminister hatte mit Budget-Patzern und seinem missglückten Auftritt im Ibiza-U-Ausschuss keine Sympathiepunkte sammeln können. Er hielt sich dann auch eher zurück, während sich Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ein langwieriges Duell um die Corona-Bekämpfung mit Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) lieferte. Die beiden Politiker streiten sich seit Monaten um den richtigen Weg bei der Bewältigung der Pandemie.

Blümels Wechsel bisher unklar

Ganz klar ist nicht, ob Blümel überhaupt einen Wechsel aus der Bundespolitik anstrebt, ist er doch immerhin Finanzminister. Ein Wechsel in die Wiener Stadtpolitik würde da eher einen Abstieg bedeuten.

Blümel versicherte mehrfach, mit der SPÖ in Wien eine Koalition bilden zu wollen. Und nur in diesem Fall werde er als Vizebürgermeister von der Bundesregierung in die Bundeshauptstadt wechseln, sagte Blümel. Ob es dazu kommt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.(dab)