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Parkpickerl fördert Bodenversiegelung

Von Christian Rösner

Politik

In Einfamilienhausgebieten werden noch schnell Carports und Garagen errichtet - die Bodenversiegelung nimmt damit zu.


Bekanntlich wird die Parkraumbewirtschaftung im Frühjahr 2022 auch in den durchgrünten Flächenbezirken 13, 21, 22 und 23 Einzug halten. Eine von der MA 21 (Stadtteilplanung und Flächennutzung) in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass das Parkpickerl vor allem in den Einfamilienhausgebieten zu einer verstärkten Versiegelung von Grün- und Abstandsflächen in Vorgärten führt. Denn bis das Parkpickerl da ist, werden noch schnell Garagen und vor allem genehmigungsfreie Carports gebaut.

"Das heißt, dass mit der Parkraumbewirtschaftung der ruhende Verkehr auf die Liegenschaften verlagert wird und damit Grünraum zerstört und die sogenannte Verhüttelung vorangetrieben wird", erklärt der Studienautor Michael Gruber - seines Zeichens Ziviltechniker und Architekt. Und das hat wiederum auch etwas mit dem Klima zu tun. Denn im versiegelten Boden kann weniger Wasser verdunsten und das bedeutet auch weniger Abkühlung. Dazu speichern zusätzliche Gebäude Hitze und bremsen die Durchlüftung.

Abgesehen davon ist laut der "Studie zum Umgang der Nachverdichtung in Einfamilienhausgebieten" nicht überall klar ersichtlich, ob Fahrzeuge im öffentlichen Raum abgestellt wurden oder nicht: In Gebieten wie Am Piltonweg oder der Nordrandsiedlung in Floridsdorf könnte der Parksheriff das nur mithilfe des Grundkatasters erkennen. "Denn gerade hier ist es nicht einmal für versierte Ziviltechniker klar ablesbar, wo der abgabenpflichtige Straßenraum endet und die private Liegenschaft beginnt", so der Studienautor weiter. Denn Gehsteige, Randsteine oder Zaunanlagen würden hier oft fehlen.

Autoflucht in den Vorgarten

Für die Studie wurden die größten zusammenhängenden Einfamilienhausgebiete Wiens herangezogen. In der Heimkehrersiedlung am Laaerberg in Favoriten zum Beispiel gibt es das Parkpickerl schon seit rund fünf Jahren. "Seitdem sind dort die Straßenräume gähnend leer und die Vorgärten sind mit Garagen und Carports zugebaut - das heißt, wenn jetzt in den Flächenbezirken überall das Parkpickerl kommt, werden dort primär die Vorgärten und seitlichen Abstandsflächen, die bis dato begrünt waren, abgerodet und zubetoniert", erklärt Gruber. Mit Einführung des Parkpickerls (Kanopagasse) sind die abgestellten Autos auf die Privatgrundstücke verdrängt.

Laut Bauordnung dürfen Carports eigentlich immer nur neben den Häusern stehen, nicht im Vorgarten - es sei denn, die topografischen Voraussetzungen lassen es nicht zu, also etwa Hanglagen. Dann werden die Carports mitten in den Grünraum gestellt und in weiterer Folge Schritt für Schritt zu Garagen ausgebaut, wie das etwa oft am Wolfersberg im 14. Bezirk gut zu sehen ist. Der Interpretationsspielraum der Bauordnung sei hier relativ hoch, die Regelung könne leicht umgangen werden.

Luftdurchzug wird verhindert

Dazu kommt noch, dass es Grundstücke gibt, bei denen nicht einmal eine innere ("hintere") Baufluchtlinie definiert wurde - also die Grenze, über die hinaus eine Bebauung nach dem Bebauungsplan der Gemeinde verboten ist. Üblicherweise darf gemäß der Bauordnung im Wohngebiet das Ausmaß der bebauten Fläche nicht mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche betragen. Fehlt die Baufluchtlinie, kann überall auf dem Grundstück gebaut werden. Damit wird laut Studie die ökologische Qualität des Grünraums enorm beeinträchtigt. Denn mit Gebäuden vollgestellte Freiflächen verhindern den Luftdurchzug und seine abkühlende Effekte im Sommer. Wenn außerdem noch alles zubetoniert wird, dann fällt auch die Abkühlung der Luft durch verdunstendes Wasser weg. Und wenn das alles schon am Stadtrand passiert, dann wird die Stadt eingekesselt.

Problem Nachverdichtung

Auch die Stadtplanung trage hier große Verantwortung. "Denn wenn auf Grundstücken, wo vorher Einfamilienhäuser gestanden sind, dank entsprechender Umwidmungen plötzlich Mehrfamilienwohnhäuser und Wohnhausanlagen gebaut werden, gibt es weniger Grünraum, mehr Personen, mehr Mobilität und damit ganz andere Bewegungsstrukturen als vorher", sagt Gruber. Das habe große Auswirkungen auf das Klima, auf den Verkehr und auf die Infrastruktur. Findet eine Nachverdichtung in einem mit Öffis bescheiden erschlossenen Gebiet statt - wie etwa am Wolfersberg oder in Rodaun -, dann nimmt der Individualverkehr massiv zu. Aber das ist eine andere Geschichte.