Bunte Kabeln liegen am Boden. Porträtfotos von Frauen lehnen an den Glaswänden. Es ist das Ergebnis einer Vernetzung, die am Tag der Ausstellungseröffnung im Kubus Export, dem gläsernen Raum, am Hernalser Gürtel stattfand. Stromkabeln wurden von Spulen gezogen, verknüpft und anschließend Glühbirnen zum Erleuchten gebracht. Vor drei Wochen wäre Johanna Dohnal 83 Jahre alt geworden. Die jüngere Generation kennt kaum mehr jene Politikerin, die das erste Frauenhaus des Landes eröffnete, die Vormundschaft des Mannes in der Ehe beendete und die vom damaligen SP-Bundeskanzler Franz Vranitzky entlassen wurde. Und so machten sich Fotografin Ulrike Wieser und Künstlerin Susanne Kompast ans Werk und porträtierten 21 Frauen – von 24 bis 81 Jahre alt – darüber, wie die 1939 als uneheliches Kind in Wien Geborene und 2010 Verstorbene noch heute weiterwirkt.

Mit Dohnal im Zeitgeschichte-Seminar

Mit dabei ist ORF-Moderatorin Claudia Unterweger. Sie begegnete Dohnal damals auf der Universität in einem Seminar für Zeitgeschichte. "Sie hat locker mit uns am Tisch gesessen, uns war nicht ganz klar, wer sie ist", erzählt sie. Auf die Frage, in welcher Weise es keine Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern gibt, habe Dohnal geantwortet, dass sich die Erkenntnis im Berufsleben wie auch beim Kinderbekommen schnell einstellen würde. Unterweger: "Und sie hatte recht."

Dohnals Errungenschaften

Das Gleichbehandlungsgesetz, Väterkarenz, die Fristenregelung, Mutterschutz für Bäuerinnen und Selbständige, Frauenhäuser, Medienkoffer für Sexualkunde, Gewaltschutzgesetz, Frauenquote, das Verbot der sexueller Belästigung, Familienrechtsreform, Ende der Amtsvormundschaft für nicht eheliche Kinder. Die Liste der in der Ära Dohnals und ihrer Mitstreiterinnen und Mitstreiter erwirkten Reformen für Frauen ist lang und bei den jüngeren Frauen längst vergessen. Für Daniela Bergthaler, die "in der Schule kein einziges Wort von Dohnal gehört" hatte, ist vieles, was damals erst erkämpft werden musste, selbstverständlich, wie zum Beispiel, dass Vergewaltigungen innerhalb der Ehe strafbar sind. In den 1960er Jahren war das noch keine Selbstverständlichkeit und es gab noch keine Frauenhäuser. Sie startete 2020 ein Benefiz-T-Shirt-Projekt mit dem Aufdruck "aus taktischen Gründen leise zu treten, hat sich schon immer als Fehler erwiesen" - ein Zitat Dohnals.

Die große Netzwerkerin

Die Biografien der Protagonistinnen zeigen deutlich Dohnals großes Netzwerk, das bis heute tief in die Gesellschaft hineinreicht. Ob Eva Testor, Kamerafrau von Sabine Derflingers Film "Die Dohnal", die sich traute, einen männerdominierten Beruf zu ergreifen, und sich an die Kampagne "Töchter können mehr - Berufsplanung ist Lebensplanung" erinnerte, oder Sandra Konstatzky, die Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, deren Grundstein Dohnal mit dem Gleichlohngesetz 1979 legte - das "Wurzelwerk" wurde geschaffen. "Wir wollen zeigen, dass Dohnal eine Netzwerkerin war, die alle an einen Tisch geholt hat", so Kompast.

"Coole Frau"

Dohnal war eine "unglaublich starke Person, die lästig war", sie war eine "coole Frau", sie war "ein Vorbild zu lernen für sich als Frau einzustehen, und auch für andere Frauen einzustehen", sind sich die Befragten einig. Von 18 bis 6 Uhr früh leuchtet der Ausstellungsraum mit der gläsernen Decke. "Am Gehalt zeigt sich, dass Frauen oft unterbezahlte und unbezahlte Arbeit leisten. Auch wenn es weite Teile der Gesellschaft nicht wahrhaben wollen", so Bergthaler. "Femizide, Gender-Pay-Gap, Frauenquote, Frauenpensionen - es gibt immer noch genug zu tun", sagt Wieser. "Von den Zielen von damals - dass Frauen und Männer auf allen Ebenen dieselben Chancen erhalten - ist die Realität noch weit entfernt", so Alina Stix von der Arge Wirtschaft.

"Natürlich bin ich Feministin"

Dass es "noch viel zu tun" gibt, davon ist auch Wiens Frauenstadträtin Kathrin Gaal überzeugt. Sie sei "natürlich eine Feministin", die Tag für Tag für Gleichberechtigung, Gleichstellung und gleiche Chancen eintritt. "Wir müssen Mädchen zeigen: Seid mutig und geht euren eigenen Weg", sagt sie zur "Wiener Zeitung". Dohnal habe sich unermüdlich für Frauenrechte eingesetzt. Darauf will sie aufbauen. Mit dem Ergebnis der Kampagne "Wien, wie sie will", einer Frauenbefragung, die am heutigen Frauentag startet, will sie konkrete Maßnahmen setzen, "um Frauen und Mädchen in Wien noch besser unterstützen zu können". Das hätte Dohnal sicher gut gefallen - wenn die Maßnahmen auch wirklich Realität werden.