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Diskussion um letzte Fiakerrunde

Von Raffael Reithofer

Politik

Gesundheitsminister Rauch stellt die Frage, ob die Pferdekutschen noch zeitgemäß sind.


Sie wirken wie aus der Zeit gefallen und gehören doch wie selbstverständlich zum Wiener Stadtbild dazu - die Rede ist von den Fiakern. Einst waren die typischen zweispännigen Gefährte die Vorläufer der Taxis, noch immer gehören die insgesamt 19 Fiakerbetriebe innerhalb der Wirtschaftskammer zur Taxiinnung (die mittlerweile offiziell "Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen" heißt). Den Alltagsverkehr haben freilich längst die Taxis und neuerdings zusätzlich Beförderungsunternehmen wie Uber und Bolt übernommen, jedoch bleiben die 58 Fiakergespanne, die Tag für Tag im Einsatz sind, dem Wiener Stadtbild bis heute als Touristenattraktion erhalten.

Reduktion der Hitzegrenze

"Mein Wiener Großvater war Fiaker und ist später Taxifahrer geworden", fasst auch der Universitätsprofessor Kurt Remele den Wandel der Zeit zusammen. Der 65-Jährige war bis zu seiner Pensionierung im vergangenen Herbst Leiter des Instituts für Ethik und Gesellschaftslehre an der Theologischen Fakultät der Uni Graz und hat sich als Experte für Tierethik einen Namen gemacht.

Ethische Bedenken sind es auch, die in jüngster Zeit eine neue Diskussion darüber entfacht haben, ob die Fiaker heute noch zeitgemäß beziehungsweise tierschutzgerecht sind. Beispielsweise hat Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) im Mai sogar laut über ein generelles Verbot der traditionellen Zweispänner nachgedacht. Hitzefrei ab 30 Grad oder gar Fiakerverbot? Gegenüber "Wien heute" sagte Rauch: "Man sollte sich Gedanken darüber machen, (...) ob man ein Pferd diesem Stress aussetzen sollte." Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hält davon jedoch wenig: "Ich persönlich würde es sehr bedauern, wenn es keine Fiaker mehr in Wien gibt, die gehören zum Stadtbild", meinte der Stadtchef unlängst am Rande einer Pressekonferenz. Stattdessen erwägt die Stadt Wien eine Verschärfung der bestehenden Hitzegrenze. Derzeit haben Fiaker nämlich erst ab einer Außentemperatur von 35 Grad hitzefrei. Geht es nach der Stadt Wien, könnte diese Regelung künftig schon ab 30 Grad zur Geltung kommen.

Verbot in der Innenstadt?

Pferde als Zugtiere setzt der Mensch bereits seit mehreren tausend Jahren ein. Bis heute erhalten ist etwa der Pferdewagen des ägyptischen Pharaos Tutanchamun (circa 1300 v. Chr.). Allerdings haben sich die Bedingungen des Stadtverkehrs in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert: "Die Asphaltatmosphäre ist schlecht für Mensch und Tier", bringt es Tierethiker Remele auf den Punkt. Wenn man die Fiaker also nicht ganz verbieten wolle, wäre er für ein innenstädtisches Verbot - zum Beispiel könnte man sie in die Prater Hauptallee verlegen. Auf ein innerstädtisches Verbot für Fiaker zielt auch eine neue Petition des Wiener Tierschutzvereins ab: "Unebenes Kopfsteinpflaster, viel Lärm und hektischer Personen- und Autoverkehr sind nicht artgemäß für die sensiblen Tiere, trotzdem wird starr an der beliebten Touristenattraktion festgehalten", heißt es in der Petition des von der einstigen grünen Bundessprecherin Madeleine Petrovic geleiteten Vereins, der unter dem Namen "Tierschutz Austria" firmiert.

Gleichzeitig fordern die Tierschützer das bereits erwähnte Fahrverbot ab einer Temperatur von 30 Grad. Insgesamt sei der Vorschlag ein für beide Seiten erfreulicher Kompromiss: "So kann die Tradition der Fiaker erhalten bleiben und gleichzeitig Tierleid deutlich reduziert werden!", heißt es im Petitionstext.