Am Donnerstag sind private Fotos aufgetaucht, die eine Patientin im Wiener AKH auf einem Matratzenlager am Gangboden zeigen - neben Gangbetten. Im AKH wurde betont, eine Unterbringung am Boden auf dieser Station komme nur in Ausnahmefällen und in Absprache mit den Angehörigen vor.

In der Uniklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie wurde neben Gangbetten ein Matratzenlager errichtet. - © Privat
In der Uniklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie wurde neben Gangbetten ein Matratzenlager errichtet. - © Privat

Laut Medienberichten stammen die Aufnahmen aus der Uniklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Bilder seien in der Nacht auf den 14. Februar entstanden. Ein Leintuch wurde als Sichtschutz über die Patientin gespannt. In besagter Nacht mussten laut AKH 29 statt der vorgesehenen 28 Patienten versorgt werden. Bei der Unterbringung am Boden gehe es darum zu verhindern, dass Patienten, die nach Unfällen verwirrt oder unruhig sind, aus dem Bett fallen. Es handle sich um das gelindeste Mittel zur Abwehr von Fremd- und Selbstgefährdung, hieß es.

"In Ausnahmefällen müssen Maßnahmen, wie Unterbringung in unmittelbarer Nähe des Pflegestützpunktes, an dieser einen unfallchirurgischen Station gesetzt werden", schrieb das AKH am Donnerstag in einer Stellungnahme. In einem Zimmer sei keine lückenlose Beobachtung durch das Personal möglich. "Patientinnen und Patienten mit kognitiven Einschränkungen, die auf zwei Matratzen ohne Bett untergebracht werden, können direkt überwacht werden, ohne dass sie sich selbst gefährden und ohne dass freiheitsbeschränkende Maßnahmen erforderlich sind", so die Argumentation des AKH.

Laut Tochter "die beste Lösung"

Auch die Tochter der Frau bekräftigte im Gespräch mit der APA, dass dies "die beste Lösung" für ihre Mutter gewesen war. Die demente Frau habe vergessen, dass die nach einem Bruch nicht aufstehen darf, weshalb die Lagerung am Boden "eine Vorsichtsmaßnahme war". "Meine Mutter lag in der Nähe des Schwesternstützpunktes, sie konnte dort viel besser beobachtet werden als in einem Zimmer, wo die Tür geschlossen ist", sagte die Tochter. Außerdem sei es "nur für eine Nacht gewesen". Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten sich trotz angespannter Personalsituation auch "wahnsinnig bemüht". "Es gab auch eine Sitzwache in der Nacht", betonte die Tochter. Dass Fotos ihrer am Boden liegenden Mutter angefertigt und Medien zugespielt wurden, "finde ich nicht in Ordnung", sagte die Frau. Ihrer Mutter geht es wieder besser, sie ist zurück im Pflegeheim.

Martin Nagl-Cupal, Vorstand des Instituts für Pflegewissenschaft der Universität Wien sagte im "Ö1"-Mittagsjournal, dass es durchaus Situationen gebe, wo eine Lagerung am Boden sinnvoll ist, etwa um einen Oberschenkelhalsbruch durch einen Sturz aus dem Bett zu verhindern. Damit werde eine Einschränkung der persönlichen Freiheit vermieden. Auch Wolfgang Hofer, Vorsitzender der Personalvertretung im AKH, verwies darauf, dass die Lagerung am Boden "wohl eine Sicherheitsmaßnahme" war. Aber auch Personalnot und gesperrte Betten führen laut Hofer zu solchen Maßnahmen.

Matratze statt Sitzwache

Der Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek kann "aus ethischen und hygienischen Gründen eine Lagerung am Gangboden nicht gutheißen", sagte er dem "Kurier". In einer Notsituation sei dies aber das gelindeste Mittel.

Solche "Sitzwachen" gibt es im AKH. Diese Aufsichtspersonen für kognitiv eingeschränkte Patienten wachen über Nacht am Bett, was Betroffene beruhigt und das Pflegepersonal entlastet. Im Vorjahr wurde am AKH bereits für rund 2.000 Pflegetage - von insgesamt 500.000 - eine Sitzwache angefordert. Der Einsatz von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen wurde dadurch nach Angaben des Spitals um rund 35 Prozent gesenkt.

Die Ärztekammer Wien forderte am Donnerstag einen Rettungsplan für die Spitäler in Wien. "Angesichts der Szenen, die sich auf der Unfallchirurgie am Wiener AKH abspielen, kann ich nur hoffen, dass die Gespräche rasch beginnen", sagte Stefan Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien.

Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer forderte, dass der zuständige Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) "endlich die Verantwortung übernehmen" müsse. Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp forderte nach den "schockierenden Fotos" wiederum den sofortigen Rücktritt von Hacker.