Die U-Kommission zur Wien Energie hat bei der neunten Runde am Dienstag den Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) als Zeugen vorgeladen. Dieser sei am 15. Juli 2022 via seinen Büroleiter über die Notkompetenz informiert worden. Über diese verschaffte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) der Wien Energie einen Kreditrahmen über 700 Millionen Euro. Es wäre für ihn ein Kreditrahmen gewesen und nicht, dass er schlagend werden würde, merkte Wiederkehr an.
Auf die Frage der Opposition in der U-Kommission, ob er bezüglich der Notkompetenz nicht misstrauisch geworden wäre, meinte Wiederkehr: "Ja, aber die Informationen, die ich von Experten erhalten habe, waren plausibel." Der Versorger hätte die meisten wirtschaftlichen Risiken abgedeckt. Am sogenannten "Black Friday" ist jedoch der Strompreis in die Höhe geschnellt.
Dieser Kreditrahmen sei nach energiepolitischer Fachmeinung alternativlos gewesen, sagte Wiederkehr, denn andernfalls wäre die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet gewesen oder man hätte etwa Stromverträge kündigen müssen. Erst im Rahmen des "Black Friday" am 26. August 2022 sei das Thema wieder akut geworden. Wiederkehr habe erst an diesem Wochenende von der aktuellen Situation erfahren.
Mit einer aktiven Kommunikation hätte man sich viel erspart, merkte der Vizebürgermeister an. Aber: "Es war die Entscheidung des Bürgermeisters. Ich wusste, dass es öffentlich werden würde."
Laut Opposition zu unkritisch
Von den Oppositionsparteien wurde vor allem kritisiert, dass es zwischen der Notkompetenz Mitte Juli und dem "Black Friday" Ende August keine Information der Öffentlichkeit und keinen Informationsaustausch gegeben habe.
"In überraschender Offenheit gibt Wiederkehr zu, absolut nichts gewusst zu haben. Er gibt auch zu, sich nicht weiter darum gekümmert zu haben, Informationen zu bekommen. Er hat offensichtlich alles geglaubt, was ihm erzählt wurde", kommentierte David Ellensohn, Klubobmann der Wiener Grünen die Aussagen des Vizebürgermeisters.
Bei der ÖVP sehe man etwa kritisch, dass Wiederkehr am 15. Juli 2022 das Instrument der Notkompetenz in keinster Weise hinterfragt habe, führte ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch in einer Aussendung aus. Bezüglich der in diesem Fall gebotenen Information der Öffentlichkeit habe sich der Vizebürgermeister einfach mit der Ablehnung der SPÖ zufriedengegeben. Das seien alles Entscheidungen des Bürgermeisters gewesen, so die lapidare Antwort des Vizebürgermeisters.
"Kein Erkenntnisgewinn"
Für die FPÖ habe die Befragung Wiederkehrs keinen Erkenntnisgewinn gebracht. "Auch wenn Wiederkehr inhaltlich wohl nicht der zuständige Stadtrat ist, sehe ich es trotzdem als seine politische Verantwortung, sich intensiv mit der Materie auseinanderzusetzen, wenn es in Summe immerhin um 1,4 Milliarden Euro Steuergeld geht. In seiner Erklärungsnot hat Wiederkehr 1:1 das Wording des Bürgermeisters und des roten Stadtrates übernommen - es hätte sich immer um die Versorgungssicherheit gehandelt. Ein Punkt, der bis dato jedoch nicht restlose geklärt werden konnte", lautete die Einschätzung des Fraktionsvorsitzenden der Wiener FPÖ, Klubobmann Maximilian Krauss.
Bei der SPÖ sieht man die Zeugenbefragung naturgemäß anders, teilte die SPÖ mit: Einmal mehr habe sich gezeigt, dass das Handeln der Stadt Wien alternativlos war.