Eine Schülerzeichnung zu Ernst Jandls Gedicht "Ottos Mops". - © Johann Werfring
Eine Schülerzeichnung zu Ernst Jandls Gedicht "Ottos Mops". - © Johann Werfring

Alleine schon der Film, in dem Ernst Jandl (1925 bis 2000) im Jahr 1965 in der Londoner Royal Albert Hall mit seiner Poesie 7000 Zuhörer zu Jubelstürmen veranlasste, ist einen Besuch der "Ernst Jandl Show" im Wien Museum Karlsplatz wert. Wie ein Popstar scharte der Wortgewaltige auch weiterhin viele Bewunderer um sich. Selbst Menschen, die ansonsten wenig mit Lyrik anzufangen wussten, zählten zu seinen Fans.

Beliebt war Jandl auch bei Kindern und Jugendlichen. Und er ist es auch zehn Jahre nach seinem Tod geblieben. Das ist auch der Grund, weshalb seine Texte bis heute fixer Bestandteil von Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien sind. Nicht nur im Deutschunterricht, sondern auch in den Fächern Musik und Religion, ja sogar im Bereich "Deutsch als Fremdsprache" haben Jandl-Gedichte ihren angestammten Platz. Zu Jandls Lebzeiten gehörte zu einem Dichter eine Zigarette als typisches Attributdazu. Es war damals völlig normal, den Poeten auf diese Weise in Unterrichtsbehelfen abzubilden.



Seit Jahrzehnten sind Ernst Jandls Gedichte fester Bestandteil von Schulbüchern.
Seit Jahrzehnten sind Ernst Jandls Gedichte fester Bestandteil von Schulbüchern.

Empörte Gymnasiallehrer

Obwohl Jandl heute einen Nachruhm genießt, wie kaum ein anderer österreichischer Dichter des 20. Jahrhunderts, wurde er in der Nachkriegszeit gerade in schulischen Kreisen angefeindet. So empörte sich 1957 Erich Fitzbauer in der Zeitschrift "Der Mittelschullehrer und die Mittelschule", dass durch jene "Geschmacklosigkeiten" (Jandls Gedichte) bei der Jugend einer "Verbildung und Verwilderung des ästhetischen Geschmacks Tür und Tor" geöffnet würde. Im selben Jahr stand über Jandls Poesie in der "Wiener Lehrerzeitung" zu lesen: "Findet sich denn niemand im Stadtschulrat und im Ministerium, der Einspruch dagegen erhebt, solche ,Schöpfungen unseren Pflichtschülern in die Hand zu geben?"

Ottos Mops und Ruths Kuh

Jandl, der jahrelang selbst den Beruf eines Gymnasiallehrers ausgeübt hatte, ließ sich von derlei Schmähschriften nicht beirren. Immer wieder veranstaltete er auch Lesungen speziell für Kinder und Jugendliche. Ein Mitschnitt einer Lesung vor Kindern am 15. September 1988 zeigt, wie Jandl die Kinder zur theatralischen Beteiligung an seiner Lyrik animierte: "(D)as probieren wir jetzt einige Male und steigern dabei die Lautstärke, bis die Wände wackeln."

Fanbriefe von Kindern beantwortete Ernst Jandl stets mit dem Ausdruck großer Freude. Mitunter schickten ihm Schüler auch Zeichnungen, mit denen sie unter Beweis stellten, wie sie es vermochten, eine Kunstform in eine andere zu transponieren. Die hier abgedruckte Schülerzeichnung setzt sich mit "Ottos Mops", einem seiner größten Publikums-Hits, auseinander. Andere Schüler bewiesen ihm, wie geschickt sie "jandln" konnten, indem sie nach dem Muster von "Ottos Mops" eigene Gedichte wie "Ruths Kuh" generierten.

Print-Artikel erschienen am 30. Dezember 2010
in der Kolumne "Museumsstücke"
In: "Wiener Zeitung", Beilage "ProgrammPunkte", S. 7