Wien. (zaw) "Abzocke", "Schröpfaktion", "Autofahrer-Verarschung", "obszön", "untragbar" - die Ankündigung von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, die Parkgebühren in Wien um fast 70 Prozent zu erhöhen, hat für Empörung gesorgt. Wie berichtet, kostet ab März 2012 eine halbe Stunde Parken statt 60 Cent künftig einen Euro. Im Gegenzug - und damit die SPÖ zustimmt - werden die Parkpickerl um 15 Euro billiger und kosten künftig nur noch 179 Euro im Jahr.

Während die rot-grüne Stadtregierung die Gebührenerhebung als Maßnahme für den Klimaschutz und gegen die Raumnot verteidigt, sehen FPÖ und ÖVP das Ganze als bloße Geldbeschaffungsaktion. Bei Rot-Grün seien offenbar alle moralischen Schranken gefallen, sodass man die politische Einfallslosigkeit mit einem weiteren Griff in die Geldbörsen der Wiener kompensiere, so FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Donnerstag.

Auch beim ÖAMTC ist man empört über die Aktion Vassilakous, vor allem über den Stil, wie Martin Hoffer, Sprecher des Clubs für Wiener Verkehrspolitik, zur "Wiener Zeitung" sagt. "En passant" habe man die Erhöhung verkündet, ohne jegliche Einbindung der Verkehrsclubs. Für Hoffer gleicht das Ganze einer Geldbeschaffungsaktion und "hat mit der Pendlerproblematik nichts zu tun". Anstatt zuerst den öffentlichen Verkehr und die Park&Ride-Möglichkeiten auszubauen, werde zuerst die Hand aufgehalten.

Eine Augenauswischerei ist für Hoffer auch die Verbilligung des Parkpickerls. Damit würden die Wiener darüber hinweggetäuscht, dass eine umfangreiche Ausweitung der Kurzparkzonen anstehe. Dabei hätten gerade "die Innenbezirke gezeigt, dass Parkpickerl keine Parkplätze schaffen".

Zwiespältig fällt das Urteil der Wiener Wirtschaftskammer aus. Während Kammerpräsidentin Brigitte Jank die Senkung der Parkkartentarife für Unternehmen "grundsätzlich positiv" sieht, kommt aus der Tourismussparte heftige Kritik an den neuen Parkgebühren. Schon die Ausdehnung der Kurzparkzonen auf 22 Uhr sei ein harter Schlag für die Tourismus- und Freizeitbranche gewesen. "Und jetzt sollen die Gäste auch noch durch horrend hohe Parktarife verschreckt werden?" Die neuen Preise seien für die Betriebe "existenzbedrohend", so Spartenobmann Josef Bitzinger.

"In Parkgaragen sieht man den Marktpreis fürs Parken"

Begrüßt wird die Gebührenerhöhung hingegen vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Dort sieht man die Anhebung als "geeignete Maßnahme", um Autofahrer zu den Öffis zu bewegen, wie VCÖ-Sprecher Christian Gratzer zur "Wiener Zeitung" sagt. Das Argument, dass sich Autofahrer über höhere Kosten zwar ärgern, aber in ihren Verkehrsgewohnheiten nicht davon beeindrucken lassen, lässt er nicht gelten: Die seit 2008 massiv gestiegenen Spritpreise hätten etwa bewirkt, dass "so viele Leute wie noch nie" mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad unterwegs seien. Dass dies nun durch die Gebührenerhöhung nochmals gepusht wird, dessen ist er sich sicher: Alleine die Tatsache, dass der Aufschrei so groß ist, zeige, dass der Betrag zu groß sei, als dass ihn die Autofahrer einfach ignorieren könnten.

Für die Wiener sieht Gratzer durch die Gebührenerhöhung außerdem kaum zusätzliche Belastungen, erst recht nicht angesichts der verbilligten Parkpickerl: 41 Prozent der Haushalte in der Bundeshauptstadt hätten ohnehin kein Auto und seien nicht betroffen. Viele Wiener ließen außerdem ihr Auto in der Stadt stehen und benutzten es nur, um aufs Land zu fahren. Betroffen seien daher vor allem die Pendler - "und die sollen am Stadtrand auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen", so Gratzer. Dass es dort allerdings zu wenige Park&Ride-Möglichkeiten gebe, lässt er nicht gelten: "Es ist durchaus möglich, dort Parkplätze zu finden."

Einen Euro für 30 Minuten Parken, findet Gratzer nicht überzogen. In Parkgaragen seien die Preise wesentlich höher. Daran erkenne man den wirklichen Marktpreis für Parkraum.