Wien. (may) Die Debatte um die Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Rings in Wien läuft schon seit Jahren - nun hat die rot-grüne Stadtregierung eine alles andere als unumstrittene Entscheidung gefällt: Der Straßenabschnitt zwischen Burgtheater und Schottengasse wird künftig Universitätsring heißen - benannt nach der Universität Wien, die eben diese Forderung wiederholt gestellt hat. Laut Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) sollen die nötigen Beschlüsse vor dem Sommer fallen, die endgültige Namensänderung samt Schilder- und Adressentausch ist dann für Anfang Herbst geplant.

Bisher hat sich die Stadt freilich geweigert, den rund 620 Meter langen Ring-Abschnitt wegen seines Namenspatrons - Populist, Antisemit, aber auch erfolgreicher Wiener Bürgermeister (Hochquellwasserleitung) - umzutaufen. Schließlich käme der Adressentausch den Anrainern teuer. An dieser Haltung will Mailath zwar grundsätzlich festhalten und daher die Straßenkarte keinesfalls "ausweißeln"; bei Lueger werde aber aus guten Gründen eine Ausnahme gemacht, um ein "Zeichen für ein differenziertes Lueger-Bild" zu setzen.

Außerdem werde der frühere Bürgermeister noch häufig genug im Stadtbild gewürdigt - an insgesamt zwölf Orten: Am prominentesten sind der Lueger-Platz am Stubentor (U3) samt Denkmal sowie die Lueger-Gedächtniskirche am Zentralfriedhof. Laut Mailath-Büro werde an diesen Benennungen definitiv nicht gerüttelt; auch die von der Universität für angewandte Kunst initiierten Kippung des Denkmals werde nicht kommen, da das Bundesdenkmalamt sein Veto eingelegt habe.

Zugleich werden derzeit in einer Studie des Historikers Oliver Rathkolb alle 4200 personengebundenen Namensbezeichnungen in Wien geprüft; daher sind weitere Maßnahmen - auch gegen Personen aus anderen politischen Lagern - nicht ausgeschlossen.

Während Uni Wien, ÖH und die Grünen die Umbenennung begrüßten, kamen von der Opposition raue Töne: Die FPÖ zeigte sich erbost über "linken Gesinnungsterror" und die von Rot-Grün betriebene "politische Umerziehung". Die ÖVP plädierte zwar für ein "differenziertes" Lueger-Bild, sprach jedoch von "unglaublicher Arroganz" und zweifelte an der Stadtregierung als "moralische Instanz", zumal ein Che-Guevara-Denkmal kein Problem sei.