Wien. Kein Fleisch, kein Fisch, keine Milch, keine Eier, kein Honig - überhaupt nichts vom Tier. Was für viele Menschen nach Verzicht und Einschränkung klingen mag, ist für zahlreiche Österreicher zum Lebensstil geworden. Veganismus lehnt die Nutzung aller Tierprodukte aus ethischen, gesundheitlichen oder umweltbewussten Gründen strikt ab. Die Gastronomie und andere Branchen ziehen mit.

"Fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung leben vegetarisch, in Wien beträgt der Anteil bis zu sieben Prozent. Maximal zehn Prozent davon leben vegan, es gibt also etwa 40.000 Veganer und Veganerinnen in Österreich", rechnet Felix Hnat von der Veganen Gesellschaft Österreich (VGÖ) vor. Ein Trend, der auch Wiener Unternehmen beschäftigt.

Seit September gibt es etwa bei "pizza on tour" Pizza mit pflanzlichem Käseersatz. Geschäftsführer Gerhard Höckner trifft mit diesem Angebot ins Schwarze: "Die Nachfrage ist sehr groß. Wir haben viele, neue Kunden aus allen Wiener Bezirken dazugewonnen." Der einzige Nachteil: "Der vegane Käse ist teurer im Einkauf als der normale. Deswegen verlangen wir einen Aufpreis von einem Euro."

Auch veganes Eis lag diese Saison hoch im Kurs. Große Eissalons, wie zum Beispiel die Bortolotti-Filialen, haben vegane Sorten in ihr Sortiment aufgenommen.

"Das ist seit diesem Jahr neu, die Leute wollten das haben. Wir versuchen, mit unserem Betrieb immer mitzuhalten", sagt Daniele Gabutto, Geschäftsführer der Filiale in der Mariahilfer Straße 22. Die pflanzliche Eiscreme basiert auf Olivenöl und ist bei den Kunden gut angekommen. Preisunterschied gibt es keinen.

Mit seiner veganen Supermarkt-Kette Veganz will der deutsche Unternehmer Jan Bredack in Wien Fuß fassen: "Wien ist für uns neben Berlin die wichtigste europäische Metropole mit dem größten Markt an ökologisch-nachhaltig und bewusst eingestellten Menschen." Derzeit sucht Veganz laut Hnat noch nach dem passenden Standort.

Veganismus als Lebensstil

Dass Veganismus aber nicht nur mit der Ernährung zusammenhängt, weiß Make-up-Artist Sabine Burggraf. Sie verzichtet auch in ihrem Beruf auf tierische Erzeugnisse: "Mir ist es wichtig, dass die Produkte, die ich verwende, tierversuchsfrei, vegan und biologisch sind." Doch wie gesund und alltagstauglich ist eine vegane Lebensweise? "Grundsätzlich ist diese Ernährungsart für alle Altersgruppen geeignet. Die Voraussetzung ist, dass man die vegane Ernährung richtig zusammensetzt", sagt Allgemeinmediziner Christian Guth. Vegan lebende Menschen leiden dann an Mangelerscheinungen, wenn sie sich nicht ausreichend mit ihrer Ernährung beschäftigen. Auch die Aufnahme des Vitamins B12, das wichtig für die Zellteilung, Blutbildung und die Funktion des Nervensystems ist, wird häufig diskutiert. Hauptsächlich ist es in tierischen Nahrungsmitteln zu finden.

"Wenn es auf pflanzlichen Lebensmitteln zu finden ist, dann in Form von Ausscheidungen der Mikroorganismen", weiß Guth. Erntet man also Gemüse aus dem Garten und isst es, ohne es vorher gründlich zu waschen, kann man so Vitamin B12 zu sich nehmen. Veganern empfiehlt Guth, regelmäßig ihren Vitamin B12-Haushalt zu kontrollieren und es, wenn nötig, zu substituieren. Ob Vitamin B12 vom Körper aufgenommen wird, hänge jedoch von vielen Faktoren ab: "Nur Fleisch zu essen, gewährleistet auch nicht, dass man ausreichend mit Vitamin B12 versorgt wird."

Hürden im Alltag

Schwierig macht es den Veganern die Lebensmittelindustrie und die fehlende Kennzeichnungspflicht. Begriffe wie "vegan" sind lebensmittelrechtlich nicht ausreichend definiert. Zur Klärung von Wein oder Saft wird Gelatine eingesetzt. Tierbestandteile gelangen als Trägerstoffe von Aromen - undeklariert - in die verschiedensten Produkte. Verunreinigungen von vermeintlich veganen Produkten sind die Folge. Streng vegan zu leben ist derzeit also noch eine Herausforderung.