Zum Hauptinhalt springen

Gepflanzt versus optimistisch

Von Bernd Vasari

Politik

Positionen zur Volksbefragung verhärten sich, je näher 7. März rückt.


Wien. Frust, "Pflanz" und "Bürgerbeleidigung" auf der einen Seite, Optimismus, Olympiabegeisterung und Diskussionslaune auf der anderen: Die bevorstehende Volksbefragung sorgte bei einer Podiumsdiskussion für Emotionen bei Vertretern der vier im Gemeinderat vertretenen Parteien. Es diskutierten SPÖ-Klubobmann Rudolf Schicker, Grüne-Klubobmann David Ellensohn, FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und ÖVP-Gemeinderat Wolfgang Ulm.

Längste Diskussion zum Thema Parken

Die Frage eins, ob Parkraum künftig eher zentral oder - wie bisher - bezirksweise organisiert wird, wurde am längsten diskutiert und auch dann immer wieder aufgegriffen, als bereits andere Fragen im Raum standen. Rudolf Schicker prangerte die Unterschriftenaktion der ÖVP gegen die Ausweitung des Parkpickerls im vergangenen Jahr an. Die ÖVP hatte bekanntlich eine Volksbefragung gefordert, die aber von der SPÖ verhindert wurde, weil die Fragestellung der Stadtverfassung widersprochen hätte.

Für die ÖVP war die Nicht-Kenntnisnahme der 150.000 Unterschriften ein "trauriger Tag für die Demokratie und für Wien", sagte Wolfgang Ulm. Für ihn war die Aktion juristisch korrekt, schließlich habe die SPÖ vor drei Jahren auch nach einer City-Maut gefragt. Die ÖVP würde die erste Frage daher boykottieren, da sie zudem unverständlich formuliert wäre und die Hauptfrage, ob eine Ausweitung komme oder nicht, fehle. Weiters wären Autofahrer eine wichtige Gruppe für die ÖVP: "Wir werden uns nicht an der Schikanierung der Autofahrer beteiligen", unterstrich Ulm.

Für Johann Gudenus war klar, dass die Stadtregierung mit dem Parkpickerl die Stadtkassen füllen wolle, er schlug ein Gratis-Parkpickerl für alle Personen mit Wiener Hauptwohnsitz vor, man müsste effizient wirtschaften, dann könnte man sich das auch leisten, betonte der Klubobmann.

David Ellensohn wollte den "Ball flach halten. Manche Personen reden von Autos, als gehe es um einen selber." Er hielt fest: "Wenn wir nichts tun würden, werden die Autos immer mehr werden." Außerdem würde der Parkraum in Österreich in mehr als 100 Städten bewirtschaftet. Das wäre daher eine völlig unaufgeregte Frage. Ellensohn ist im Unterschied zu Schicker für das Gesamtkonzept bei der Parkraumbewirtschaftung. Ulm boykottierte die Frage, die FPÖ boykottiert die ganze Volksbefragung.

Olympia als Frage des "Zutrauens"

Um eine eventuelle Bewerbung der Stadt als Austragungsort für die Olympischen Sommerspiele 2028 geht es bei der zweiten Frage der Volksbefragung. Gudenus hielt Olympische Spiele in Wien für zu teuer, und es wäre daher unverantwortlich, diese auszutragen, meinte er. Die Kosten lägen bei 12 Milliarden Euro, genauso viel wie ein Jahresbudget der Stadt. Es fehle ihm auch der Glaube, dass Rot-Grün imstande sei, ein derartiges Event zu organisieren. "Man schafft es nicht einmal, die Stadthalle zu sanieren", ätzte Gudenus. Außerdem sei es für ihn ein Rätsel, wo olympische Segelbewerbe stattfinden sollen, da Wien keinen Meereszugang hat.

Schicker konterte: "Die FPÖ will die Spiele wegen ihrer Internationalität nicht." Olympia wäre ein weltweiter Werbeträger, auch die Fußball-EM 2008 hätte der Stadt viel gebracht.

Bei den Grünen gebe es verschiedene Meinungen zu der Fragestellung, es gehe hier aber nicht um die Meinungen der Politiker, sondern um die der Bürger, meinte Ellensohn, der sich für Olympia aussprach. Der Klubobmann betonte, dass Wien in den kommenden Jahren wachsen werde, dafür brauche es auch dringend Infrastruktur, die man im Zuge einer Ausrichtung von Olympia bauen könnte.

Ulm traute wie Gudenus der Stadtregierung keine Austragung zu, das Thema sei zudem nur in die Volksbefragung aufgenommen worden, um die Werbetrommel für Olympia zu rühren. Er werde bei dieser Frage mit nein stimmen, so Ulm.

Beim Schutz vor Privatisierung von kommunalen Betrieben fand sich auf dem Podium kein wirklicher Gegner, auch wenn Ulm darauf hinwies, dass ihn "der Ärger darüber, wie die SPÖ das präsentiert", auch zu einer Nein-Stimme bringen könnte. Sollten sich die Wiener wider Erwarten für Privatisierungen aussprechen, werde die SPÖ trotzdem keine vornehmen, erklärte Schicker: "Aber wir werden den Schutz auch nicht weiter vorantreiben."

Bei Frage vier wird gefragt, ob alternative Energieprojekte mit finanzieller Beteiligung der Bürger ausgebaut werden sollen. David Ellensohn: "Man legt den Fokus auf die Energiewende, doch wenn wir aus Öl, Gas und Atom rauswollen, müssen wir was tun." Die Frage sollte der Thematik einen Schub verleihen. Ulm kritisierte, dass Rot-Grün in der Vergangenheit zu wenige Solaranlagen angeboten hätte. Hier hätte man bereits mehr machen können.

"Alles unter 50 Prozent ist eine glatte Niederlage"

Schicker und Ellensohn waren sich einig, dass bei einer 30-prozentigen Bürgerbeteiligung die Volksbefragung ein Erfolg wäre, für Ulm ist das zu niedrig angesetzt. Die Frustration und der Ärger über die Befragung seien bei den Wienern sehr groß. "Alles unter 50 Prozent ist eine glatte Niederlage für Bürgermeister Michael Häupl", erklärte Gudenus, bevor er demonstrativ seine Stimmkarte zerknüllte.

Zum Misstrauensantrag der FPÖ gegen Häupl am Freitag im Gemeinderat - wegen Missbrauchs der direkten Demokratie - meinte Schicker: "Die FPÖ will immer mehr direkte Demokratie, findet sie dann statt, dann bekommt der Bürgermeister einen Misstrauensantrag."
<br style="font-weight: bold;" /> Die Fragen im Detail
1. Wie soll die Parkplatzsituation und Lebensqualität für Bezirksbewohner/innen verbessert werden?
A.) Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden.
B.) Es soll Lösungen für einzelne Bezirke geben (mit Berücksichtigung der Interessen der Nachbarbezirke).

2. Soll sich die Stadt um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen?

3. Die kommunalen Betriebe bieten der Wiener Bevölkerung wichtige Dienstleistungen. Zum Beispiel Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel. Sind Sie dafür, dass diese Betriebe vor einer Privatisierung geschützt werden?

4. Soll die Stadt nach dem Beispiel der Bürger/innen-Solarkraftwerke weitere erneuerbare Energieprojekte entwickeln, die mit finanzieller Beteiligung der Bürger/innen realisiert werden?