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Noch zu wenig Lehrer

Von Ina Weber

Politik

Stadt will mit dem Bund akute Probleme bis Ende Sommer lösen.


Wien. Wien fehlen 1147,9 Dienstposten für das neue Schuljahr ab Herbst. Das bedeutet nicht, dass die Stadt einen Lehrermangel hat, sondern dass viele Posten derzeit nicht finanziert werden können. Die Zahl ergibt sich aus Formeln, wenn etwa auf einen Schüler 0,86 Lehrer-Wochenstunden kommen. Für die rund 220.000 Schüler in Wien gibt es demnach für Herbst noch keine ausreichende Betreuung.

Es geht vor allem um Stellen im Bereich der Sprachförderung, des sonderpädagogischen Förderbedarfs und des ganztägigen Schulangebots. Aber auch die gewünschte Anzahl der Schüler in einer Klasse mit maximal 25 ist laut Stadtschulrat mit der derzeitigen Finanzierung nicht einzuhalten. Hier fehle das Geld für 178 Lehrer. Ein Problem, das kein neues ist. Jährlich muss Wien mit dem Bund "nachverhandeln", weil die vereinbarten Planstellen nicht ausreichen. Und jedes Jahr hat es noch eine Lösung gegeben, gibt das Unterrichtsministerium Entwarnung.

Ein "Mix an Maßnahmen" hat etwa 2012 den Schulstart gerettet. "Intelligentes Management" und ein spontan eingerichteter Sondertopf haben Abhilfe geschaffen. Das Ministerium führt eine Maßnahme konkret aus: Die Schulklassenhöchstzahl von 25 müsse nicht "auf Teufel komm raus" eingehalten werden, heißt es. Denn das Gesetz sehe ohnehin eine Toleranzgrenze von 27 Schülern pro Klasse vor. In der Regel würden ein bis zwei Kinder aufgrund eines Umzugs oder einer Doppelanmeldung nicht kommen. Dass dann Klassen nur mit 20 Schülern gefüllt sind, sei unklug.

Bund und Stadt Wien wollen sich auch dieses Jahr wieder einig werden. Die Verhandlungen dazu haben gestern, Montag, begonnen. Das Ministerium hat eine Arbeitsgruppe mit dem Stadtschulrat angekündigt. Aus dem Stadtschulrat hieß es am Montag: "Wir sind guter Hoffnung, dass sich für die Fragen Lösungen finden lassen. Die Bedürfnisse von Kindern sind nicht deckelbar."

Für Wien ist Plan unfair

Auch das Ministerium ist überzeugt, eine Lösung zu finden. "Wie bereits im vergangenen Jahr werden wir akute Probleme bis Schulbeginn lösen", so Josef Galley, Sprecher von Unterrichtsministerin Claudia Schmied. Doch sieht er ein grundsätzliches Problem. Da die Stellenplanrichtlinien aufgrund des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern beschlossen werden, hat das Bildungsministerium hier nur wenig Spielraum. Langfristig müsste beim nächsten Finanzausgleich 2014 das Problem strukturell behoben werden. Denn der Bundesländerschlüssel für Lehrer wird nicht nach den real vorhandenen Betreuungsangeboten vergeben, sondern nach der Bevölkerungszahl. "Für Wien wäre es sicher fairer, wenn sich die Verteilung nach den vorhandenen Betreuungsplätzen richten würde", heißt es aus dem Ministerium. Wenn ein Bundesland wenig pädagogischen Betreuungsbedarf hat, die Mittel jedoch nach der Bevölkerungszahl bekommt, profitiere es am Ende sogar.

Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl sieht jedoch keinen Zusammenhang mit dem Finanzausgleich und wirft dem Bund "die einseitig festgelegten Stellenplanrichtlinien" vor. Wien würde dadurch klar benachteiligt. Der Stellenplan würde jedes Jahr aufs Neue verhandelt. Bei der Sprachförderung sei die Zahl der Planstellen gedeckelt. "Wien hat aber einen höheren Anteil an Migranten", sagt Matias Meissner, Sprecher der Stadtschulratspräsidentin. Bisher habe Wien mit dem Titel "besonderer Zuzug" kompensiert. Doch diesen gebe es nicht mehr.

Nun bleibt Wien nur das Rechnen: Es fehlen 44,2 Planstellen der Sprachförderkurse, 489,5 für den sonderpädagogischen Förderbedarf, 360 für die Abdeckung des ganztägigen Angebots an Pflichtschulen, 116 für Kinder, die in der Betreuung von Kliniken und Spitälern sind und die bereits erwähnten 178 für die Maßnahme "25+". Wie auch immer man sich einig, die Schüler werden es schlussendlich merken.

Wissen
22.800 Lehrer arbeiten in Wien. Sie werden im Rahmen der Stellenplanrichtlinien des Bundes festgelegt und bezahlt.

Allein im Pflichtschulbereich sind 11.000 Lehrer beschäftigt. Insgesamt gibt es 220.000 Schüler in Wien.