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"Tiefschlag für Wien-Tourismus"

Von Helmut Dité

Politik

"Lächerliche bürokratische Kapriole" lässt Tourismus-Manager aufschreien.


Wien. Alle sechs Monate - immer vor dem halbjährlichen Flugplanwechsel - liefert der heimische Amtsschimmel ein Meisterstück ab: Alle sechs Monate beantragt Dubais stark expandierende Fluglinie Emirates zusätzlich zu den 13 bestehenden Verbindungen mit Wien eine 14. - man will an allen sieben Tagen der Woche zwei Mal in Schwechat landen und wieder nach Dubai starten. Und regelmäßig bewilligt die zuständige Behörde Austro Control lediglich eine provisorische Verlängerung des Status Quo und lehnt den 14. Flug ab. Was bisher eher kopfschüttelnd als "lächerliche bürokratische Kapriole" (so die Fachzeitschrift "TAI - Tourismuswirtschaft Austria International") zur Kenntnis genommen wurde, lässt diesmal aber die Tourismanager aufschreien. Denn diesmal wurde nicht nur der 14. Flug nicht genehmigt. Obendrein wurde das vor kurzem von Emirates mit der australischen Qantas abgeschlossene Code-Sharing-Abkommen untersagt und, zum Drüberstreuen, auch gleich der (aktuell noch gar nicht vorgesehene) Einsatz des bis zu 500 Passagiere fassenden Super-Jumbo Airbus A380.

Diese "Lex Emirates" laufe auf einen Tiefschlag für das Incoming-Geschäft in Schwechat hinaus, analysieren die Touristiker: Gerade in der Hauptsaison für Gäste aus den arabischen Ländern fallen heuer im Sommer gut 20.000 Sitzplätze auf der Strecke Dubai-Wien aus, weil Austrian Airlines - um deren Schutz es den österreichischen Behörden vordergründig ging - nur mehr fünf statt sieben Frequenzen pro Woche nach Dubai führt.

Auch das Landeverbot für den Großraumjet der Emirates Airlines ärgert den obersten Interessenvertreter der Wiener Tourismus- und Freizeitwirtschaft Josef Bitzinger, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Wien: "Österreich ist aktuell das einzige Land in Europa, wo dieser neue Riesenjet nicht landen darf. Das ist für die Wiener Tourismuswirtschaft eine Katastrophe." Der Flughafen Wien-Schwechat verbreitert derzeit übrigens derzeit eine seiner beiden Pisten und macht sie damit A380-tauglich.

Allein im Jahr 2012 haben sich die Ankünfte aus den arabischen Ländern jeweils um eine zweistellige Prozentzahl vermehrt. So sind etwa aus Saudi-Arabien um 61 Prozent mehr Gäste nach Wien gekommen als im Jahr zuvor. "Das Interesse kaufkräftiger Touristen aus diesen Ländern an Wien wächst enorm, gerade auch weil sich die Stadt mit dem neuen Luxus-Shopping-Paradies Goldenes Quartier in der City und 5-Sterne-Hotels als europäische Premium-Metropole positioniert."

Nur die Destination Wien wird nicht beworben

Dass Emirates mit Dubai ein besonders wichtiges Drehkreuz nach Asien und Australien bildet, ist auch ein wichtiger Faktor: "Vor allem jetzt, wo Emirates mit der australischen Fluglinie Qantas kooperiert. Die Austro Control verweigert unverständlicherweise eine gemeinsame Flugnummer für die Megakooperation, in 32 anderen Destinationen Europas ist die gemeinsame Flugnummer kein Problem", kritisiert Bitzinger.

Das führe wiederum dazu, dass Wien als einzige Europa-Destination nicht in der demnächst startenden weltweiten Marketing-Kampagne von Qantas/Emirates mitbeworben werde - "eine Katastrophe", wuchs doch zuletzt auch der Zustrom von Gästen aus Australien überdurchschnittlich an. "Wir brauchen jede Werbung für Wien, um unsere aktuell exzellente Tourismusposition zu behalten beziehungsweise weiter auszubauen. Die Wiener Tourismus- und Freizeitwirtschaft bittet die Austro Control inständig, wirtschaftlich wichtige Tourismusfelder nicht zu verschließen, sondern aufzumachen." Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, hofft Bitzinger. Emirates hat den Bescheid der Austro Control - die wiederum eigentlich nur ausführt, was vom Verkehrs- und vom Außenministerium vorgegeben wird - jedenfalls Anfang April beeinsprucht.

Kritiker: "Man beugt sich dem Druck der Lufthansa"

Schon als die Golf-Airline ab Ende März 2011 - sieben Jahre nach ihrem Start in Österreich - erstmals ihren Wien-Dubai-Kurs wegen der starken Nachfrage von einmal auf zweimal täglich aufstocken wollte, ließ man sie bis fünf Tage vor dem Flugplan-Start zappeln. Front machte vor allem die AUA, man sprach von "ruinösem Wettbewerb" und Gefahr für eigene Langstreckenverbindungen.

Bis kurz vor dem Stichtag wanderten dicke Schriftstücke zwischen den Regierungsstellen und Luftfahrtbehörden Österreichs und der Vereinigten Arabischen Emirate hin und her. Eigens nach Wien gereiste Spitzenmanager der Emirates Airline gingen vor die Presse und betonten ihre "Enttäuschung" über die ablehnende österreichische Haltung - und gaben sich schließlich mit einer temporären Erlaubnis zufrieden - immerhin waren für die nächsten Monate schon tausende Tickets verkauft. Und seither: Siehe oben, alle sechs Monate . . .

Die Dubai-Airline pocht weiter auf ein Memorandum of Under-standing aus dem Jahr 2004, betont den volkswirtschaftlichen Nutzen, den Österreich aus der Verbindung mit Dubai zieht und wiederholt, der überwiegende Teil des Verkehrs stammte von Märkten, die die AUA nicht selber bedient: "Unser Marktanteil liegt auf den Strecken, die wir gemeinsam fliegen, unter zehn Prozent", betont Martin Gross, Österreich-Chef der Emirates. Das haben die Behörden übrigens zur Auflage gemacht: Emirates muss bis zum 20. Tag des Folgemonats Daten über die Auslastung der Flüge und die Passagierströme von Dubai zu weiteren Destinationen dem Verkehrsministerium zur Verfügung stellen. In der jüngsten Ablehnung des 14. Fluges heißt es lapidar, der Beobachtungszeitraum sei bisher noch zu kurz gewesen.

Kritiker der österreichischen Position vermuten weniger einen Schutz der "gesamtwirtschaftlichen Interessen Österreichs" (der laut Bescheidtext berücksichtigt werden muss), sondern schlicht Druck der deutschen AUA-Mutter Lufthansa, der die rasch wachsende Konkurrenz aus den Golfstaaten auf der Langstrecke gehörig auf die Nerven geht. Warum sonst sollte man das Code-Sharing mit Qantas untersagen, fragen sie - die AUA fliegt seit vielen Jahren nicht mehr nach Australien.