Vor allem viel Fleisch wird am Hannovermarkt feilgeboten. - © Vasari
Vor allem viel Fleisch wird am Hannovermarkt feilgeboten. - © Vasari

Wien. "Die Bobo-Szene gibt es hier nicht", sagt Akan Keskin. Wer Bio-Produkte, Fair Trade oder Zotter Schokoladen sucht, wird am Hannovermarkt nichts finden, ist sich der Obmann des Wiener Markthandels sicher. Stattdessen gibt es viel Fleisch. Pljeskavice, Kebab, Schnitzelsemmel oder Hot Dog. Der in Istanbul geborene Kenner des Hannovermarktes hatte hier selber einmal einen Stand, auch heute kommt er noch regelmäßig vorbei. Die Besonderheit des Marktes liegt für ihn in der Vielfalt der Standler, die etwa aus der Türkei, Russland, Serbien, Ägypten oder Indien stammen. Probleme gebe es deswegen aber keine. Im Gegenteil: "Der Hannovermarkt ist ein Vorbild für ein Multikulti-Zusammenleben", betont Keskin.

Obwohl der Markt an die öffentlichen Verkehrsmittel gut angeschlossen ist - die U6-Station Jägerstraße bzw. die U4-Station Friedensbrücke sind in Gehweite -, ist der Markt eher unbekannt. Eingebettet zwischen der Jäger- und der Klosterneuburgerstraße verläuft er entlang der Hannovergasse von der Othmargasse bis zur Gerhardusgasse. Die Wirtschaftsuniversität liegt rund 500 Meter Luftlinie entfernt. Studierende sind aber seltene Besucher. "Die High Society trifft man hier nicht", schmunzelt Herr Sauer, der seit zehn Jahren am Hannovermarkt wohnt. Vor allem einfache Menschen würden dem Publikum angehören. Der Markt sei aber sehr kultiviert und die Menschen sehr nett, so der Pensionist

Es ist Nachmittag. Die Sonne scheint. In die beiden Marktzeilen, die den Markt der Länge nach durchschneiden, dringt sie nur sehr spärlich ein. Herr Sauer steht beim Würstelstand und schlürft an seinem Achtel Weiß. Er ist jeden Tag am Markt. Er schätzt die Vielfalt: "Wenn ich einen Fisch kaufe, dann gehe ich zum Russen. Dort ist er immer frisch. Die Lammkeule kaufe ich beim Türken und das Schweinefleisch beim Serben." Die Qualität der Waren sei sehr hoch: "Glauben S’, sonst würd’ ich jahrelang da einkaufen?", so der 68-Jährige zur "Wiener Zeitung". Die Menschen hier seien ebenfalls sehr qualitätsbewusst. Viele würden selber kochen und daher wissen, worauf es ankomme. Schlechte Ware würde sich auch schnell herumsprechen.

Schweinefleisch ist nicht mehr gefragt


Der Würstelstandbesitzer schaltet sich ins Gespräch ein. Mit seinem Geschäft würde es nicht mehr so gut laufen. Die meisten Marktbesucher seien Muslime, die würden kein Schweinefleisch essen. Früher war das Publikum anders. Es gab keine Muslime, dafür aber viele nichtmuslimische Arbeiter, die am Abend vom nahe gelegenen Busbahnhof nach Hause fuhren. Davor haben sie noch bei ihm vorbeigeschaut und konsumiert. 1984 wurde der Busbahnhof geschlossen und der Anteil der Muslime stieg. Seitdem gehe es für seine Branche bergab. Gegen Muslime habe er aber nichts.