Isabella Leeb ist da anderer Meinung. Die ÖVP-Bildungssprecherin geht davon aus, dass Kinder in Schulen dazu angehalten werden, sich auf Deutsch zu unterhalten. "Das ist ja auch Sinn und Zweck der Schule, dass sie der deutschen Sprache mächtig werden", sagt sie. Von Seiten der Politik gebe es aber kein Sprach-Verbot an Schulen. Wenn Schulen sich aber dazu entscheiden, Sprach-Verbote auszusprechen, dann müsse das auch respektiert werden. "Wenn die das beschließen, dann vertraue ich ihnen, weil die vor Ort sind. Das sollte man die Experten außen vor lassen. Denn die wirklichen Experten sind die Betroffenen", sagt die ÖVP-Bildungssprecherin.

Dass Sprach-Verbote die Entwicklung allgemeiner kognitiver Fähigkeiten negativ beeinträchtigen, betont hingegen Bildungwissenschafter Rudolf de Cillia. Die Erstsprache sei der Grundstein für den Erwerb einer weiteren Sprache. Denn die Sprachfähigkeit über die ein Mensch verfügt, sei unteilbar. "Man hat kein Kastel für Deutsch, für Türkisch oder für Englisch."

Über Erst- zur Zweitsprache


Spracherwerbsfähigkeit kann man nur als Ganzes fördern. Und die Erstsprache ist ein wesentliches Element davon", so der Experte. Mit dem Schuleintritt ist der Erwerb der Erstsprache noch nicht abgeschlossen. Schließlich müssen noch wesentliche Bereiche der Grammatik, des Wortschatzes und die Rechtschreibung erworben werden. Wenn der Spracherwerb aber unterbrochen wird, dann wird auch das Erlernen jeder weiteren Sprache erschwert.

Das Sprach-Verbot wird nicht nur in der Pause, sondern oftmals auch im Unterricht verhängt. Für de Cillia völlig unverständlich. "Es spricht doch nichts dagegen, wenn etwa ein Schüler dem anderen etwas auf Türkisch erklärt, was dieser nicht auf Deutsch verstanden hat." Niemand würde im Unterricht willkürlich andere Sprachen verwenden, sofern es nicht sinnvoll sei. Und Schwätzen sei auf Deutsch genauso störend, wie in jeder anderen Sprache. Um die Kinder in ihrer Mehrsprachigkeit zu unterstützen, wäre es besser, dass Lehrer selbst einige Ausdrücke - etwa Begrüßungsformeln - in den Erstsprachen der Kinder erlernen und verwenden. Damit würde man auch das Prestige dieser Sprachen heben und der weit verbreitenden fehlenden Wertschätzung entgegenwirken. Denn: "Niemand würde auf die Idee kommen, Englisch oder Französisch zu verbieten", so de Cillia.