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"Riesenradplatz ist eine Leiche"

Von Barbara Ottawa

Politik
Neue Pächter sollen Eventlocation "Waggon 31" und "Eismehr" wiederbeleben.
© Ottawa

Geldstreit zwischen ehemaligem Pächter und Prater Service GmbH.


Wien. Das ursprüngliche Gesamtkonzept für den neuen Pratervorplatz, heute Riesenradplatz, sei "nicht schlecht" gewesen, beginnt Alexander Koller, Geschäftsführer der "Calafatti Marketing- und Betriebs Nfg GmbH & Co KG" (Calafatti GmbH), das Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Auch im Pachtvertrag, den sein Unternehmen für diverse Lokalitäten unterschrieben hatte, sei von einem "dramaturgischen Manual" die Rede gewesen. Sound- und Licht-Effekte hätten Publikum anlocken und zum Verweilen einladen sollen.

Darin habe er "im Prinzip eine gute Investition gesehen" und sei deshalb bei der Calafatti GmbH eingestiegen, an der anfänglich auch Riesenrad-Betreiber Hans-Peter Petritsch Anteile hatte. "Der Prater war schon immer eine Kulissenburg", sagt Koller und verweist auf "Venedig in Wien". Für dieses letztendlich defizitäre Spektakel wurden Ende des 19. Jahrhunderts Kanäle im Prater ausgehoben und waschechte italienische Gondolieri rekrutiert.

Das "Wien um 1900"-Konzept, das dem Riesenradplatz jetzt zugrunde gelegt wurde, wird hoffentlich langfristig erfolgreicher. Aber für die Calafatti GmbH wurde von der Wiener Gebietskrankenkasse, der die Gesellschaft mit ihren Töchtern laut Koller jedoch nur eine niedrige fünfstellige Summe schuldet, Mitte Juni Insolvenz angemeldet (die "Wiener Zeitung" berichtete). Koller, der von der Insolvenz nur "über Dritte" erfahren hatte, ist überzeugt, dass neben "Polit-Skandalen" die mangelnde Umsetzung des Konzeptes am Scheitern schuld war.

Aber bei der Prater Service GmbH, einer Tochtergesellschaft der Stadt Wien, die den Prater betreibt, zeigt sich deren Geschäftsführer Michael Prohaska zuversichtlich. Man sei "auf einem guten Weg" das Konzept umzusetzen. Für das Eisgeschäft "Eismehr" sowie das Veranstaltungslokal "Waggon 31" seien bereits neue Pächter gefunden. Für 2014 kündigte Prohaska im Prater insgesamt "sehr viele neue Attraktionen" an. "Es ist extrem wichtig für die Stadt Wien, den Prater weiter herauszuputzen, um den Publikumsansprüchen noch mehr gerecht zu werden." Schätzungen zufolge besuchten 2012 rund 3,5 Millionen Menschen Betriebe auf dem Gelände.

Koller wünscht den neuen Pächtern "viel Glück", denn der Riesenradplatz sei "eine Leiche". Außerdem seien Gebäude vor der Eröffnung 2008 schnell äußerlich fertiggestellt worden. Sie hätten "noch immer Mängel", etwa in Bezug auf behindertengerechten Zugang, die teils Verwaltungsstrafen nach sich gezogen hatten, so Koller. "Wir haben darauf aufmerksam gemacht, aber die Mängel wurden nie vollständig behoben."

Prohaska weist jedoch darauf hin, dass mit einer von der Calafatti GmbH unterzeichneten Vereinbarung aus 2010 alle Forderungen bezüglich solcher Mängel abgegolten worden waren.

Als Wiener ist Koller "enttäuscht" von "selbstherrlichen Politikern". Er hatte gehofft, dass "der Stadt Wien dieses Projekt am Herzen liegt" und es damit, wie andere Großprojekte, "durchgeboxt" werden wird. Doch rückblickend spricht der Unternehmer von einer "Kindesweglegung".

Bei der Prater Service GmbH sagt Geschäftsführer Prohaska, man habe "aus der Erfahrung heraus" beschlossen, "Klumpenrisiken in Zukunft zu vermeiden" und die Lokalitäten an getrennte Betreiber zu verpachten. "Nur wenn mir jemand ein funktionierendes Gesamtkonzept mit Synergie-Effekten vorlegt, kann man eine Ausnahme machen."

Verlust für Wien?

Unterschiedliche Ansichten gibt es zwischen Koller und Prohaska auch bezüglich Zahlungen. Gegenüber der "Wiener Zeitung" hatte SPÖ-Stadtrat Christian Oxonitsch von einem "Nullsummenspiel" für Wien gesprochen. Außenständen gegen die Calafatti GmbH von 2,3 Millionen Euro stünden weitaus geringere Investitionsablösen gegenüber.

Prohaska bestätigte diese Kalkulationen und zitierte ein Gutachten wonach die Ablöse, die die Stadt Wien zahlen muss, sich für bauliche Maßnahmen nur auf 1,25 Millionen Euro belaufen wird. "Somit kann man davon ausgehen, dass sich das mit den Außenständen gegenrechnet."

Koller zweifelt aber die 2,3 Millionen Euro an und spricht von "weitaus höheren" Forderungen der Calafatti GmbH an die Prater Service GmbH. Zu den nicht bezahlten Pachtraten sagt Koller: "Ich habe nicht eingesehen, wieso ich für unbrauchbare Räumlichkeiten zahlen soll." Außerdem hätten ihn Verträge mit einer Stadt Wien-Tochter für die Gebäudeverwaltung stark finanziell belastet. Gemeinsam mit den anderen Gesellschaftern habe er "Millionenbeträge" in die Firma gesteckt. Er selbst sei der größte Gläubiger.

Der Masseverwalter, der auch im Fall Alpine als Masseverwalterstellvertreter einberufen wurde, kann vielleicht Licht in den Geld-Dschungel bringen - oder es braucht den Zauberer Calafatti.