Wien. Wiener wollen Bim und Bus vor der Haustüre haben, aber fahren sollen sie doch woanders. Wiener wollen möglichst kurze Wege zum Flughafen bestreiten, aber der Fluglärm soll bitte andere aus dem Schlaf reißen. Urbaner Lärm ist aber tatsächlich ein Problem. Wer mitten in der Großstadt nicht von einer permanenten Geräuschkulisse umgeben ist, darf sich glücklich schätzen. Dass nun zu Autobus, Airbus und Co eine weitere Lärmquelle hinzukommt, gefällt naturgemäß nicht jedem. Ab 140 Euro können sich schwindelfreie Einheimische und Touristen nämlich ab sofort mit einem Helikopter der Marke Bell über Wien fliegen lassen. Als Partner hat Leopold Reidinger, Geschäftsführer des Unternehmens Aerial Helicopter, kürzlich das Verkehrsbüro mit an Bord geholt. Derzeit startet die Crew rund drei Mal pro Woche, gemeinsam will man das bestehende Angebot nun weiter ausbauen, kündigt Reidinger an.

Liesinger gegen Fluglärm

Fluglärmgeschädigte wie Martin Tögel schreien angesichts solcher Angebote auf. Seit neun Jahren kämpft der Sprecher der Bürgerinitiative "Liesing gegen Fluglärm" allerdings nicht gegen Zwangs-Beschallung durch Helikopter, sondern gegen jene, die von riesigen Maschinen ausgeht. Seit der Flughafen Wien seine Abflug- und mittlerweile auch Landeroute über den 23. Bezirk verlegt hat, leiden viele Liesinger unter der "akustischen Umweltverschmutzung". Tögel weiß aus eigener Erfahrung, wie sich Lärm aus der Luft negativ auf die Lebensqualität auswirken kann. Weil das für Menschen, die nicht täglich damit konfrontiert sind, oft schwer nachzuvollziehen ist, hält er ständige Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung für unvermeidbar. "Sie müssen sich vorstellen, dass Sie zum Beispiel schon um 6.38 Uhr der erste Flieger aufweckt. Und vor 22 Uhr an Schlafen nicht zu denken ist", sagt der 45-Jährige. Selbst bei seinen früher erholsamen Laufrunden im Wienerwald sei er inzwischen von einem ständigen Lärmpegel umgeben. Und auch in der Nacht schrecken einige Liesinger auf, denn entgegen manchen Annahmen herrscht in Wien kein Nachtflugverbot, sondern lediglich eine Nachtflugregelung.

Die Lösung liegt für Tögel klar auf der Hand: Die bestehende Flugroute muss über weniger besiedeltes Gebiet verlegt und dessen Bewohner müssen entsprechend entschädigt werden, die dritte geplante Piste darf keinesfalls kommen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hat bis heute nicht stattgefunden, Tögel ist überzeugt, dass die aktuelle Regelung einer solchen niemals standhalten würde. Und dass fast 100.000 Wiener schlichtweg übergangen wurden.