
Wien. Priestermangel, Rückgänge bei Gottesdienstbesuchern, finanzieller Sparzwang - was in vielen ländlichen Regionen schon vor langem zur Zusammenlegung von Pfarren geführt hat, wird nun auch in Wien schlagend: Mehrere Pfarrgemeinden in der Erzdiözese gehen in den kommenden Jahren in neuen Gemeinschaftspfarren auf. "Apostelgeschichte 2.1" lautet der Arbeitstitel für diese strukturelle Neuordnung, die zum Teil schon sehr weit gediehen ist.
In drei Dekanaten wird bereits intensiv am Zusammenschluss bestehender Pfarren gearbeitet. 25 Pfarren in Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus und Ottakring gehen in acht Großpfarren auf.
Ein Zusammenschluss wird gerade vollzogen: Die Pfarre Neulerchenfeld im 16. Bezirk wurde aufgelöst und im September mit der benachbarten Pfarre Maria Namen fusioniert. Es ist eine Reunion, denn bis 1939 waren die beiden Pfarren schon einmal verschmolzen. Um den Neuanfang zu ermöglichen, gibt es ein neues Priesterteam. Der bisherige Pfarrmoderator von Maria Namen übersiedelt nach Favoriten. Das dortige Dekanat erlebt derzeit einen totalen Umbruch. Die bisher 16 Pfarren schließen sich 2015 zu fünf Großpfarren zusammen.
Für die nördlichste Großpfarre gibt es schon einen neuen Namensvorschlag: Aus den Pfarren "St. Johann Evangelist", "Zur Heiligen Familie" und "Zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit" soll die neue Großpfarre "Zum Göttlichen Wort" werden. Deren Pfarrgebiet wird durch das neue Sonnwendviertel beim Hauptbahnhof noch größer. Der Namensvorschlag, den der Erzbischof noch absegnen muss, wurde bei einem Gemeindeabend demokratisch beschlossen. Die Intention war, eine neue Einheit und Identität zu schaffen.
Enger Zeitplan, viele Ängste
Eineinhalb Jahre sind noch Zeit dafür, denn schon im Mai 2015 soll die neue Pfarre als erste im Dekanat errichtet werden. Deren neuer Pfarrer, den die Steyler Missionare stellen sollen, wird dann wohl am jetzigen Standort von "St. Johann" am Keplerplatz angesiedelt sein, wobei die drei Teilgemeinden jeweils ein eigenes Leitungsteam aus Laien bekommen, die mit einem Priester an der Seite dafür sorgen sollen, dass drei lebendige Gemeinden erhalten bleiben. Darüber stehen der (letztverantwortliche) Pfarrer und ein gemeinsamer Pfarrgemeinderat, in dem auch je ein Vertreter der drei Gemeinden sitzt.
Was sich auf dem Papier gar nicht so schlecht liest - schließlich bekommen die Laien in den Gemeinden mehr Führungsaufgaben -, birgt in der Realität allerdings auch Konfliktpotenzial. Gilt es doch drei Pfarren und deren verschiedene Organisationen zu fusionieren. "Ich habe gehofft, dass die Veränderungen mehr Leben in die einzelnen Pfarren bringen. Was ich aber jetzt eher spüre, sind vor allem die Ängste der Betroffenen: Was passiert mit unserer Kirche, was ist mit den Messen, wie wird das mit den Finanzen", berichtet ein in den Prozess intensiv eingebundenes Gemeindemitglied. Vor allem wird bemängelt, "dass der Zeitplan sehr eng gesteckt ist".