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Jedem seine Fragen

Von Christian Rösner

Politik

Fragen für "Mahü"-Bürgervotum stehen fest, Koalition streitet trotzdem.


Wien. Im Wiener Rathaus rumort es wieder. Denn laut den Grünen hat die SPÖ die Fragen für das angekündigte Bürgervotum über die Mariahilfer Straße bereits über zahlreiche Medien bekannt gegeben - und zwar ohne es mit dem Regierungspartner anzusprechen.

"Wenigstens stimmen diese Fragen inhaltlich mit unseren Vorschlägen überein", versucht man sich bei den Grünen zu trösten. Aber dann platzt es doch heraus: "Die präsentieren unsere Fragen und behaupten obendrein noch, dass wir so lange auf uns warten ließen. Dabei ist es genau umgekehrt: Wir haben diese Vorschläge schon vor Wochen der SPÖ übermittelt (siehe Kasten). Und jetzt richten sie über die Medien aus, dass sie damit zufrieden sind? Das ist doch absurd", meint man in grünen Kreisen.

Der Klubchef der SPÖ, Rudolf Schicker, versteht die Aufregung nicht: "Vom Klub hat sicher niemand etwas gesagt, weil wir die Fragen gar nicht kennen", erklärt er der "Wiener Zeitung". Auch über den Unmut der Grünen will Schicker nichts wissen. "Grünen-Klubchef David Ellensohn ist mein Ansprechpartner und der hätte mir sicher etwas darübererzählt." Mehr wollte Schicker dazu aber nicht sagen.

"Fragen nicht von uns"

SPÖ-intern waren hingegen deutlichere Worte zu hören. Demnach sei es der SPÖ-Klub gewesen, der den Grünen Vorschläge geschickt haben soll - weil vonseiten des Koalitionspartners nichts gekommen sei. Dann habe es die Information gegeben, dass sich Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou darum kümmern wolle. "Und seitdem warten wir", heißt es.

Konkret seien vonseiten des SPÖ-Klubs acht oder neun Fragen ausgearbeitet worden, aber keine sei so formuliert gewesen, wie sie jetzt in den Zeitungen stehen, wurde versichert. Der Zorn vonseiten der SPÖ richte sich aber deswegen nicht gegen die Medien, sondern vielmehr an diejenigen innerhalb der Grünen, die jetzt einmal mehr den SPÖ-Klub anschwärzen würden. "Wo immer da eine undichte Stelle ist - sie im SPÖ-Klub zu suchen ist eine Frechheit", meint man in SPÖ-Kreisen. Dass sich rund 20 Prozent der Wiener SPÖ gegen die rot-grüne Koalition aussprechen, sei kein Geheimnis. Aber auf diese niveaulose Art werde das sicherlich nicht zum Ausdruck gebracht.

Aber das ist noch nicht alles: Die Grünen wünschen sich für die Befragung, dass auch EU-Bürger mitstimmen dürfen. Das Wahlprozedere sieht laut Paragraph 112 der Stadtverfassung vor, dass bei Volksbefragungen nur jene wahlberechtigt sind, die es auch bei Gemeinderatswahlen sind. Laut Grünen gibt es aber bei einer Bürgerbefragung Möglichkeiten, das zu umgehen. "Immerhin sind 10 Prozent der Bevölkerung im 6. und 7. Bezirk EU-Bürger", so die Grünen. "Das heißt, dass jeder zehnte der Betroffenen gar nicht seine Stimme abgeben dürfte."

Stimmen der EU-Bürger

Die SPÖ hätte diesbezüglich zwar immer "freundliche Nasenlöcher" gezeigt, sich aber immer auf besagten Paragraph 112 zurückgezogen. Dabei habe es zahlreiche Vorschläge von den Grünen gegeben, um hier eine Lösung zu finden, kritisieren die Grünen. "Offenbar mangelt es hier an Kreativität oder man handelt hier getreu dem üblichen Motto: Des homma immer scho so gmocht, schauma amal." Auch parteitaktische Gründe werden für das Zögern in dieser Frage ins Treffen geführt - schließlich könnte es der SPÖ am Ende des Tages Wählerstimmen kosten, wenn sie auf jede grüne Forderung Zustimmung signalisieren, vermutet man. Eine kleine Reaktion auf dieses Thema hat es allerdings schon gegeben: "Wir glauben, dass es zulässig ist, dass auch EU-Bürger mitstimmen", erklärte eine Sprecherin des SPÖ-Klubs am Dienstag.

Zum Streiten hat die Rathauskoalition jedenfalls noch mindestens bis Freitag Zeit, aber dann müssen Wortlaut der Fragestellung und die Rahmenbedingungen für das Bürgervotum zur Beschlussfassung im Gemeinderat stehen - sofern es wie angekündigt Anfang kommenden Jahres abgehalten werden soll.

Bis dahin können sich alle an diesem Schmierentheater Beteiligten noch weitere Fragestellungen, verschiedenste Wortlaute und neue Befragungen zum leidigen Thema Mariahilfer Straße überlegen. Rechtlich bindend wird am Ende diese Art der "Bürgerbeteiligung" aber sowieso nicht sein.

Die angeblich rote Variante zum Bürgervotum ist der grünen nicht unähnlich:

Frage 1) "Sind Sie für eine Fußgängerzone auf der Mariahilfer Straße mit einer weiteren Querung für den Individualverkehr? Ja. Nein."

Frage 2) Bei Antwort Ja: "Sind Sie für eine Fußgängerzone mit Radverkehr?"

Frage 3) "Sind Sie für den Rückbau der Mariahilfer Straße in den ursprünglichen Zustand mit Individualverkehr?"

Die grüne Variante

Frage 1) "Die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße soll beibehalten werden - Die Querung für die Querung Schottenfeldgasse/Webgasse soll wieder für den Autoverkehr freigegeben werden. Ja. Nein."

Frage 2) "Das Radfahren soll in der Fußgängerzone untersagt werden. Ja. Nein."

Frage 3) "Die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße soll wieder rückgängig gemacht werden: Ja. Nein."