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Auf Stimmenfang mit der ÖVP

Von Bernd Vasari

Politik
Wiens ÖVP-Obmann Manfred Juraczka (r.) in der Babenberger-Apotheke auf der Mariahilfer Straße.
© övp wien

Ab 17. Februar wird abgestimmt - Wiens ÖVP fragt auch bei Geschäftsleuten nach.


Wien. Die Wiener ÖVP will keine Empfehlung abgeben, ob die Mariahilfer Straße umgestaltet werden soll oder nicht. Man möchte sich aus dem "Parteien-Hickhack" heraushalten, wie es ÖVP-Chef Manfred Juraczka am Montag formulierte. Und weiter: "Wir wollen nicht tendenziös beeinflussen. Das haben wir nicht notwendig." Zudem würde der Bürger selber wissen, was für ihn gut sei. Die Befragung über eine mögliche Umgestaltung sei daher prinzipiell richtig. Kritisiert wird hingegen die Nicht-Einbeziehung der Geschäftsleute. Die Grünen hätten diese von der Befragung ausgeschlossen, sagte Juraczka. Er kündigte daher an, mittels eigener "fliegender Wahlkommissionen" die Stimmen der Geschäftsleute selbst einzuholen.

Urnengang mit gelben Helferleins

Gesagt getan. Bereits kurze Zeit nach der Ankündigung machte sich der ÖVP-Chef persönlich mit einem Tross von in gelb gekleideten Helferleins auf den Weg. Mit dabei sind versiegelte Wahlurnen und jede Menge Stimmzettel, auf die dieselben Fragen gedruckt wurden, wie sie für die offizielle Befragung der Stadt vorgesehen sind. Bis Freitag will man nun täglich von 10 bis 16 Uhr ausschwärmen und alle Geschäfte abklappern. Alle - zuvor noch von Manfred Juraczka angekündigten - 3500 Gewerbetreibenden der Mariahilfer Straße und Umgebung werden dabei aber dann doch nicht miteinbezogen werden können. Denn man werde, wie der ÖVP-Chef später einräumte, stattdessen nur in die Geschäftsportale gehen.

Ein Ergebnis der Befragung soll Ende dieser oder Anfang kommender Woche feststehen. Mit der schriftlichen Befragung der Wirtschaftskammer, die seit einiger Zeit läuft, hat der ÖVP-Urnengang allerdings nichts zu tun. Auch die Grüne Wirtschaft hatte vor nicht allzu langer Zeit eine eigene Erhebung angekündigt.

Es sind die Gegner einer Neugestaltung der Einkaufsstraße, bei denen Juraczka während der ÖVP-Befragung länger hängen bleibt. "Das ist ein gelebtes Beispiel von Anti-Demokratie, weil man die Hauptbetroffenen, also die Geschäftsleute, nicht an der Befragung teilhaben lässt", heißt es etwa vom Betreiber der Babenberger-Apotheke. In der Trafik einige Lokale weiter, klagt der Inhaber über 30 Prozent an Umsatzeinbußen, seitdem die Mariahilfer Straße im August provisorisch umgemodelt wurde. Befürworter einer Umgestaltung, wie der Filialleiter des Weltladens "Südwind", füllen den mitgebrachten Stimmzettel der Stadt-Schwarzen hingegen kommentarlos aus.

Dass hier jemand für eine Fußgängerzone abgestimmt hat, wird nach dem Verlassen des Geschäftes auch gleich aufgeregt in der ÖVP-Runde kommuniziert. So neutral, wie man sich vorher bei der Ankündigung gab, nämlich hier nicht eine Position beziehen zu wollen, scheint die ÖVP-Delegation nun also doch nicht zu sein. Juraczka dürfte sich schlussendlich eher in der Rolle des Wahlkämpfers wohlfühlen als in der des meinungslosen Stimmensammlers.

Parkpickerl und EU-Wahl als Stimmungsmache

Für den Aufwand von "drei Millionen Euro" würde die Stadtregierung nicht informieren, sondern "kampagnisieren", erzählte er immer wieder. Im Vergleich dazu gebe man laut dem ÖVP-Chef zwei Millionen Euro für Informationen bezüglich der EU-Wahl aus und die Bürgerbefragung im 1. Bezirk rund um die Bäckerstraße koste überhaupt nur 5000 Euro. Auch für die Parkpickerl-Befragung in den Bezirken 13 und 18 seien zusammen nicht einmal 100.000 Euro ausgegeben worden, so der ÖVP-Stadtchef.

Dass hier nicht vergleichbare Themen zusammengewürfelt wurden, scheint Juraczka nichts auszumachen. Kein Wunder. Schließlich geht es darum Stimmung zu machen für eine Partei, die bei den vergangenen Wahlen regelmäßige Stimmverluste hinnehmen musste und die sich mittlerweile nur noch auf dem vierten Platz befindet. Und auch mit den Neos gibt es nun eine weitere ernst zu nehmende Konkurrenz.

Die Strategie der ÖVP liegt auf der Hand: Viele Bürger haben die Diskussion über die Neugestaltung der Mariahilfer Straße satt. Und die größeren Parteien Grüne, SPÖ (beide dafür) und FPÖ (dagegen) decken die verschiedenen Positionen bereits ab. Eine Positionierung der ÖVP dafür oder dagegen würde die Partei daher nur zu einem fünften Rad am Wagen machen.

Man möchte sich daher aus der Diskussion herausnehmen und sich über das populistische Getöse der anderen Parteien stellen. Vonseiten der Stadt-Schwarzen soll nur informiert und keinerlei Empfehlung abgegeben werden. Der Bürger sei ja auch schließlich mündig genug und weiß, wie er abzustimmen hat. Dass man sich hier unterscheiden will, betont auch der Landesgeschäftsführer der ÖVP Wien Alfred Hoch in einer Aussendung: "Wir sind nicht für die Mariahilfer Straße neu, wir waren und sind für einen Pro-Bürgerbeteiligungskurs, das unterscheidet uns von allen anderen Parteien."

Ob der Bürger allerdings Meinungslosigkeit zu diesem viel diskutierten Thema goutiert, wird sich weisen.