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Geliebt und gehasst

Von Bernd Vasari und Ina Weber

Politik
Die Fragebögen der Stadt Wien flattern ab Montag in die Haushalte.
© wz

Leitfaden durch das Fußgänger-Begegnungszonen-Wirrwarr.


Wien. Die Verwirrung rund um den Umbau der Mariahilfer Straße ist groß. Während die einen eine Liebeserklärung an eine autofreie Straße abgeben, setzen die anderen alles daran, eine solche zu verhindern. Selbst die Parteien sind sich nicht mehr ganz so sicher, was nun eigentlich das Beste wäre. Ob mit dem SPÖ-Plakat für eine "echte Fußgängerzone" die gesamte Innere Mariahilfer Straße gemeint ist oder nur das von den Grünen geplante Kernstück, konnten viele Funktionäre auf Anfrage am Donnerstag nicht beantworten. "Gute Frage", hieß es da. Ein Überblick.

Die SPÖ Wien will eine "echte Fußgängerzone" ("wie die Kärntner Straße"), mit Querungen, ohne Radverkehr. Ob ein kleines Stück oder die gesamte Straße, blieb offen. Plakatiert und inseriert wird die Linie von Bürgermeister Michael Häupl: "Die beste Lösung für die Mariahilfer Straße: 1. Echte Fußgängerzone 2. Mit Querungen 3. Ohne Radfahren". Weiters werden ab Montag, 17. Februar, sogenannte Wandzeitungen an 30 Haltestellenflächen positioniert, dazu kommen rund 100 Plakate. Freecards werden in rund 60 Lokalen im 6. und 7. Bezirk aufgelegt. Die SPÖ-Bezirksorganisation Ecke Lindengasse/Schottenfeldgasse dient als Infostelle und Beratungszentrum. Zusätzlich wird in den Bezirkszeitungen inseriert werden. Wann: ab 17. Februar. Kosten: "Weit unter 50.000 Euro", hieß es.

Die Grünen Wien sind für die Probe-Umgestaltung der Mariahilfer Straße verantwortlich. Sie stehen für eine Kernzone Fußgängerzone mit Radverkehr und zwei Begegnungszonen am Rand, wo jeder Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt ist. Derzeit sind 100 Grüne auf Hausbesuch. Sie besuchen jeden Haushalt im 6. und 7. Bezirk. Ihre Plakatserie zeigt bereits das nächste Sujet: mit Tieren. Kosten: 250.000 Euro für die Kampagne.

Die ÖVP Wien will "keine Empfehlung abgeben". Parteifunktionäre klappern bis Freitag, 14. 2., alle Geschäftslokale auf und um die Mariahilfer Straße ab. Im Zuge dessen verteilen sie eigene Umfragebögen - ident mit dem Inhalt der offiziellen Befragung der Stadt Wien ab 17. Februar (die Verkehrsberuhigung soll beibehalten werden oder nicht) -, die sie vor Ort in einer versiegelten Urne sammeln. Das Ergebnis der ÖVP-Wien-Umfrage soll bis Anfang kommender Woche feststehen. Kosten: "Die Kosten übersteigen nicht das allgemeine Budget", hieß es.

Die FPÖ Wien verlangt den Rückbau der Umgestaltung. Sie schicken demnächst Postwurfsendungen an alle Haushalte des 6. und 7. Bezirks. Weiters folgen Stand-Aktionen der Bezirksgruppen Mariahilf und Neubau. Zu den Kosten gab es keine Angabe.

Die Neos haben in Wien keine Aktion zur Umgestaltung der Einkaufstraße geplant. Sie setzen sich aber für eine Fußgängerzone mit Querungen ein. Beim Thema Radfahren hätte man noch keine konkrete Meinung, hieß es.

Die Wirtschaftskammer Wien (WKW) fordert "eine Rückkehr an den Verhandlungstisch". Sie hat beim Meinungsforscher Peter Hajek eine Umfrage in Auftrag gegeben. Ergebnis: 70 Prozent der ansässigen Unternehmer sind gegen die Verkehrsberuhigung der Straße. Rund 1000 von insgesamt 8000 Unternehmer im 6. und 7. Bezirk wurden, quer durch alle Sparten, telefonisch befragt. Überdurchschnittlich auf der Anti-Fußgänger-Seite sind mit je 78 Prozent die Sparten Handel sowie Gewerbe und Handwerk. Die Umfrage wurde zwischen 13. Jänner und 3. Februar durchgeführt. Kosten: "Keine Angabe".

WKW-Präsidentin Brigitte Jank sprach sich am Donnerstag allerdings nicht gegen eine Fußgängerzone aus: "Ich habe mich nie gegen ein Stück Fußgängerzone ausgesprochen, aber die Verbindung beider Bezirke muss erhalten bleiben", plädierte sie am Donnerstag für Querungen. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou versicherte daraufhin: "Meine Tür ist offen."

Darüber hinaus machen zahlreiche Bürgerinitiativen für beziehungsweise gegen eine Umgestaltung Stimmung. Wie etwa die "Initiative pro 1070", "Nein zur Umgestaltung der Mariahilfer Straße", "www.agenda-stadt.at" und "Rettet die Burggasse". Neben den Gegnern gibt es die Befürworter, etwa die Plattform von Gastronom Bernd Schlacher: "ja-zur-neuen-mahue.at" oder die Initiative "Autofreie Stadt". Letztere wird am Freitag von 14 bis 16 Uhr eine Liebeserklärung an die Straße abgeben: Es werden Liebeslieder gesungen, Blumen verteilt und "Free Hugs" angeboten.

Bücher/Ausstellung

Die Bezirksvorsteherin des 6. Bezirks, Renate Kaufmann (SPÖ), präsentierte gestern, Donnerstag, ihr Buch "Begegnungszone oder die andere Seite der Politik". Bereits erschienen ist "Maria Hilf! Eine Straße geht ihren Weg" von Gottfried Pirhofer (Verlag Sonderzahl). Unter dem Titel "Design und Gestaltung: Die neue Mariahilfer Straße" werden auf Höhe Hausnummer 103 Pläne und Abbildungen der geplanten Neugestaltung gezeigt. Die Schau läuft bis 7. März, Montag bis Freitag 15 bis 19 Uhr, Samstag 14 bis 18 Uhr.