
"Whitwash ist wie Bücherverbrennung"
Das Haus hat ursprünglich einmal seinem Großvater gehört, der war Installateur und hat damals die Rohre im Haus selbst verlegt. Er war sehr bekannt in dem Viertel. "Ich dachte mir, da muss ich irgendwas Gescheites damit machen." Inspiration dazu fand er dazu vergangenes Jahr im New Yorker 5Pointz Aerosol Art Center, wie er in Folge erzählt.
"Ich hab damals mit Jonathan Cohen geredet, und der war sehr nett. Er hat die Wände des 5Pointz kuratiert und Street-Art-Künstler eingeladen, Teile der Wände zu bemalen. Bis es dann von Immobilien-Spekulanten übernommen wurde und in einer ,Whitewash-Aktion über Nacht die Wände weißgewaschen wurden. Es gab natürlich einen großen Aufschrei, aber keiner konnte es verhindern."
Nachdem die Graffiti vom Gebäude abgewaschen waren, konnten die Spekulanten den Denkmalschutz, der auf dem Gebäude aufgrund der wertvollen Graffitis lag, umgehen. Niklas Worisch sagt in diesem Zusammenhang: "Für mich ist diese Whitewash-Aktion so wie eine Bücherverbrennung. Diese Kunst ist unwiederbringlich verloren gegangen, nur dafür, dass ein paar Leute Geld gemacht haben."
Das 5Pointz ist verknüpft mit dem New York der 90er Jahre, als Street Art richtig groß wurde. Es war das erste Gebäude in der Größenordnung, an dem Graffitikünstler legal die Wände gestalten konnten. Zuerst haben Pat DiLillo und später Jonathan Cohen das ehemalige Fabrikgelände zu einem Ort für Kunst gemacht, an dem Konzerte stattgefunden haben und Ausstellungen.
Nur nichts Kommerzielles fürs Grätzl
"Ich dachte mir, so etwas brauchen wir in Wien auch", sagt der Hauseigentümer. Einen Ort des Austausches, einen Ort, wo Künstler zusammenkommen, wo sich Dinge entwickeln können. "Für mich sind Street-Art-Künstler wie der Wiener Künstler Knarf so wie früher Van Gogh. Den hat damals auch niemand verstanden. Nur dass die Street-Art-Künstler sich heute ihre Musik reinknallen und ihre T-Shirts tragen und zum Arbeiten mit Spraydosen in der Hand auf einem Kran stehen. Genau dafür soll die Burggasse 98 ein Ort sein, für Gegenwartskunst."
Worisch möchte mit dem Projekt die lokale Wiener Street-Art- und Graffiti-Szene fördern und zusammenbringen, abseits von kommerzieller Street Art wie etwa Banksy. Wer also meint, es ginge bei dem Projekt darum, die Kreativ-Wirtschaft im Grätzl anzukurbeln, liegt falsch. Worisch erzählt von der Eigendynamik, die sich entwickelt, dass Leute einfach kommen, um bei dem Projekt mitzuhelfen, einfach so.
Auf die Frage, was wir uns in Zukunft von der Burggasse 98 erwarten können, lacht er verschmitzt und meint, wir dürfen uns überraschen lassen.