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Immer mehr Kameras

Von Ina Weber

Politik
Rund um die Uhr wird im U-Bahn-Bereich aufgezeichnet.
© Wr. Linien

Wien bekommt immer mehr Video-Überwachungsanlagen, 80 Prozent der U-Bahnen werden bereits überwacht. | Für Datenschützer Hans Zeger sind viele Kameras reines Placebo, sie sind "billiger als ein gutes Schloss".


Wien. Grundsätzlich hat sich die Situation in Wien für Datenschützer Hans Zeger verbessert. Das neue Datenschutzgesetz aus dem Jahr 2010 hat maßgeblich dazu beigetragen. Seitdem gibt es Vorschriften. Man könne nicht mehr "völlig ungebremst" Kameras in der Stadt aufstellen, sagt Zeger zur "Wiener Zeitung". Aber auch, wenn die Anzahl im Vergleich zu anderen Städten, wie etwa London, noch halbwegs überschaubar ist, geht der Trend in Richtung Ausweitung der Kontrolle.

Rund 500.000 Überwachungskameras stehen laut Angaben der Datenschutzkommission derzeit in Wien. Diese umfassen sowohl den privaten als auch den öffentlichen Bereich. Die Kameras müssen gut sichtbar und beschildert sein, die Daten dürfen im Normalfall nicht länger als 72 Stunden aufgehoben werden und ein restriktiver Zugang muss gewährleistet sein. Vor allem dürfen sie aber nicht mehr erfassen als vorgesehen. "Einige 10.000 Kameras entsprechen aber leider nicht diesen Vorgaben", so der Datenschützer.

Für die Wiener Linien haben Überwachungskameras eine "abschreckende Wirkung", sagt eine Sprecherin. Die Beschädigungen in den Fahrzeugen seien zurückgegangen. Davor hätte das Zerstören des Inventars, etwa durch Besprühen, Zerkratzen oder Überkleben zur Tagesordnung gehört. Auch würden Bilder von Kriminellen der Polizei helfen - ohne, dass etwas in der U-Bahn vorgefallen sein muss. Die aufgezeichneten Daten in den Stationen und Fahrzeugen würden nur 48 Stunden gespeichert und dann gelöscht werden. Und nur die Polizei könne im Fall der Fälle auf die Filme auch zugreifen.

Insgesamt haben die Wiener Linien 6000 Überwachungskameras in Wien installiert. 1900 befinden sich in den jeweiligen U-Bahn-Stationen, 4100 in den Fahrzeugen. Einen Teil dieser Kameras gab es bereits mit dem Bau der ersten U-Bahnen in Wien. Sie wurden dazu verwendet, um das Geschehen in den Öffis live zu beobachten. Die Bilder wurden aber noch nicht aufgezeichnet.

Im Jahr 2007 wurde die erste Kamera in einer U-Bahn installiert. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Aufnahmen sowohl in den Stationen als auch in den Fahrzeugen gespeichert. Im Jahr 2011 kamen einige Straßenbahnen und Busse dazu. Konkret sind derzeit 80 Prozent der U-Bahnen mit Kameras aufgestattet und es werden laufend mehr. Bei Straßenbahnen und Bussen sind es 20 Prozent. Wiens Straßenbahnen sollen bis Ende 2016 zu 60 Prozent videoüberwacht werden, von den Bussen sollen es gar 75 Prozent sein. Bei allen neuen Fahrzeugen seien Überwachungskameras ohnehin bereits "Branchenstandard".

Viel Ausstattungsgeld, welches laut Datenschützer Zeger besser in das Personal investiert werden sollte. Denn die Kameras haben für ihn eine Placebo-Wirkung. "Es ist vorher nix passiert und nachher auch nix", spielt er auf die im Vergleich zu anderen Hauptstädten eher geringe Kriminalität in Wien an. Außerdem sei eine Kamera heutzutage "billiger als ein gutes Schloss". "Sie wirken nicht, aber sie beruhigen." Auch für die Wiener Linien stehen die Kameras "für das Sicherheitsgefühl der Menschen". Denn mit der Aufzeichnung könne man Täter zwar im Nachhinein leichter ausforschen, aber eben nur im Nachhinein. "Die junge Frau, die in der U-Bahn vergewaltigt wird, hat von den Kameras nichts", sagt Zeger.

24 Stunden wird in der U-Bahn und in den Stationen aufgezeichnet. Da relativ schnell wieder alles gelöscht wird, sollte man sich "bei unangenehmen Situationen" schnell an die Polizei wenden. Wenn der Notruf im Waggon oder in der Station getätigt werde, werde ein "digitaler Merkpunkt" am Band gesetzt. "Dadurch können wir die Stelle schneller finden."

Von der Wiener Polizei überwacht wird mitunter der Verkehr - mit Rotlichtkameras, Kameras an Schutzzonen oder an Kreuzungen. Aber auch öffentliche Plätze, wie der Karlsplatz, der Schwedenplatz oder Westbahnhof wurden bereits videoüberwacht. Die Kameras werden jedoch laufend abgebaut und gegebenenfalls an einer anderen Stelle wieder aufgebaut. Derzeit wird laut Polizei im Bereich Schwedenplatz und dem Franz-Josefs-Kai/Augarten Brücke überwacht. Bekanntlich ist dort auch das Lokal Flex.

Für Godwin Schuster, Sicherheitssprecher der Wiener SPÖ, ist die Videoüberwachung zur Aufklärung von Verbrechen wichtig. Es müssten allerdings die Regeln des Datenschutzes unbedingt eingehalten werden. Zu diesem Thema herrsche derzeit eine andere Haltung als noch vor zehn Jahren. "Man nimmt eine Überwachung mehr hin", sagt er. Das Sicherheitsbedürfnis der Menschen sei gestiegen, sei es durch Panikmache oder korrekte Zahlen. Mit Kameras allein könne man aber kein Verbrechen verhindern. Und er erinnert wieder an den Pakt mit dem Bund und fordert 1000 Polizisten mehr für Wien.

Private Videoüberwachung ist seit dem Jahr 2010 durch das Datenschutzgesetz (DSG) geregelt. Die Videoüberwachung ist nur zulässig, wenn u. a. diese einen zulässigen Zweck erfüllt, wenn die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen von Dritten geringer sind als das Interesse des Betreibers. Weitere Pflichten: u. a. Kennzeichnungsplicht und Löschungspflicht nach 72 Stunden.

Polizeiliche Videoüberwachung ist im Sicherheitspolizeigesetz geregelt. Die Polizei darf Tonaufzeichnungsgeräte und Kennzeichenerkennungsgeräte einsetzen. Derzeit wird u.a. im Bereich Schwedenplatz und Franz-Josefs-Kai/Augarten Brücke videoüberwacht.