Yusuf fügt hinzu: "Als erwachsener Mann kann ich mit Anfeindungen umgehen, aber wie sollen das junge Menschen machen, wenn sie ständig hören, dass sie eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen?"

Aytac ist auch aktiv beim Muslimischen Elternverein, der Hilfe und Rat für Eltern und Schüler bietet. Über 20 Jahre war sie zuvor als Religionslehrerin tätig. Dabei hat sie selbst oft genug beobachtet, was in Lehrerzimmern und Klassen falsch läuft. Das Ziel des Elternvereins ist es, muslimische Eltern stärker in die Schulbildung ihrer Kinder einzubinden und ihnen klar zu machen, dass ihre Mitsprache erwünscht ist.

Ein Klima der Angst und Bedrohung spürt Aytac nicht nur im Kontext der Radikalisierung von Jugendlichen, sondern auch im Zusammenhang mit dem Islamgesetz.

Religion steht nicht im Fokus


"Das Islamgesetz hat etwas losgetreten, das unterschwellig schon lange da war. Vielen Muslimen waren die Folgen des Islamgesetzes nicht bewusst. Durch meinen Beitrag möchte ich andere motivieren, sich auch zu Wort zu melden. Es gibt in einer Demokratie viele legitime Wege, gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen. In einer Demokratie ist vieles verhandelbar."

Nachdem die Novelle zum Islamgesetz präsentiert wurde, fühlten sich viele Muslime vor den Kopf gestoßen. "Die Verhandlungen zum Islamgesetz wurden ziemlich geheim gehalten. Der Entwurf hat uns sehr schockiert. Wir möchten, dass solche Verhandlungen in Zukunft transparenter verlaufen", erzählt Yusuf.

Thematisch wollen sich die Mitglieder des Netzwerks nicht nur mit dem Islamgesetz oder Radikalisierung auseinandersetzen, so Mitinitiator Baruch Wolski, sondern insgesamt alle Themen behandeln, die Muslime betreffen, wie etwa Islamfeindlichkeit in der Gesellschaft und in den Medien. "Doch es geht nicht um Religion, es geht vor allem um Community-Politik", betont Wolski.

Mit der Entstehung neuer Initiativen können nicht nur etablierte Institutionen und Personen Gehör finden, sondern auch unbekannte Akteure. Die Initiatoren des Netzwerks möchten dazu beitragen, dass Muslime in Zukunft selbstbestimmter an öffentlichen Debatten partizipieren. Deshalb sei es auch wichtig, dass die Mehrheitsgesellschaft solchen Bestrebungen mehr Aufmerksamkeit schenke, gerade wenn es um heikle Themen wie Extremismus unter Jugendlichen geht, die nicht als Stoff politischer Stimmungsmache dienen sollten, so Wolski.