Wien. Die Kontroversen rund um die Gratis-Koranverteilungen in Wien sind um eine Facette reicher. Die Salafisten, die über die "Lies!-Aktion" verstärkt in Wien und anderen Städten des Landes Fuß fassen wollen, haben sich in der Vorweihnachtszeit mit der Mariahilfer Straße einen der Knotenpunkte in der Stadt ausgesucht, um ihre religiösen Schriften zu verteilen. Der Verfassungsschutz ist alarmiert, doch rechtlich ist die Aktion einmal mehr gedeckt. Die "Wiener Zeitung" hat darüber berichtet.

Begonnen hat die Koran-Verteilung auf der wichtigsten Einkaufsstraße Österreichs just an jenem Tag, an dem Mitte November die Fußgängerzone der Mariahilfer Straße feierlich eröffnet wurde. Genau an diesem Tag wollten die Anhänger der "Lies Stiftung" ihre fundamentalistische Ansicht über den Islam verbreiten. Als die Stadt davon erfuhr, konnte sie dies im letzten Augenblick noch verhindern.
"Es gibt Religionsfreiheit
in Österreich"
Am Dienstag schlugen die Salafisten erneut ihr Zelt auf der Mariahilfer Straße auf und verteilten eifrig "eine ungefähre Bedeutung" des Koran, wie auf den Büchern steht. Brisant ist hierbei, dass der 7. Bezirk die Genehmigung dafür erteilt hat, der 6. Bezirk jedoch nicht. Die "Wiener Zeitung" fragte nach.
"Grundsätzlich gibt es Religionsfreiheit in Österreich. Ich sehe mich außerstande, dies zu entscheiden. Daher kann ich nichts verbieten", sagt Neubaus Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger (Grüne). "Es ist die Sache der Behörde - in diesem Fall der MA 46 (Verkehr) -, die nach dem Gebrauchsabgabengesetz in Absprache mit der Polizei und dem Bezirk die Genehmigungen für solche Aktionen erteilt", erklärt er.
Blimlinger sei aber ohnehin nicht untätig geblieben und habe sofort die Polizei und die Abteilung für Kriminalität und Verfassungsschutz benachrichtigt. "Die haben ein Auge darauf und können es verbieten", so Blimlinger.
Da die Polizei gegen die Verteilungen bis dato nichts unternommen hat, sieht der grüne Bezirksvorsteher auch weiterhin keinen Handlungsbedarf und auch keinen Grund, dass solche Verteilungsaktionen künftig nicht stattfinden sollen.
Etwas anders ist der Zugang im Nachbarbezirk Mariahilf. Dort sieht Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (SPÖ) die Dinge skeptischer: "Vor dem Hintergrund der öffentlichen Diskussion rund um die Islamisten und sunnitischen Extremisten finde ich es wenig förderlich, mit einer Koranverteilung auf der Mariahilfer Straße für Verunsicherung und Verwirrung zu sorgen", meint er.