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Häfn-Odeur

Von Solmaz Khorsand

Politik

Die Justizanstalt Josefstadt platzt aus allen Nähten. Der Justizminister hat eine architektonische Lösung: ein neues Prestige-Gefängnis für Wien.


Wien. Ein Gefängnisaufenthalt ist kein Wellnessurlaub. Die Insassen der Justizanstalt Josefstadt, wissen das nur zu gut, wie aus einem Bericht des Ö1-Journals Montagvormittag entnommen werden konnte. So dürfen die Häftlinge nur zweimal in der Woche duschen, bekommen am Tag höchstens eine Stunde Ausgang im Gefängnishof und teilen sich mit bis zu neun anderen Personen eine Zelle.

1176 Insassen leben in der Wickenburggasse 18-20 im 8. Bezirk auf engsten Raum. Konzipiert wurde das Gefängnis für höchstens 990 Personen. Eingepfercht in Zweier- bis Fünferbettzimmern werden bis zu zehn Menschen in einer Zelle untergebracht. Ein Gemeinschaftsraum musste gar aus Platzmangel zu einer Zelle umfunktioniert werden. Die Josefstadt ist nicht die einzige Justizanstalt, die mit diesen Problemen zu kämpfen hat, auch andere Gefängnisse haben längst ihre Limits erreicht. Und das seit Jahren. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) verspricht im Gespräch mit Ö1 Abhilfe. Eine architektonische Lösung hat er für das Problem parat. So will er bald eine neue Strafanstalt mit maximal 500 Plätzen im Großraum von Wien planen, "endlich eine, die auch den internationalen Standards genügt."

Das Gros sind Untersuchungshäftlinge

In der Josefstadt ist man darüber mäßig euphorisch. "Wir wünschen uns nur, dass wir keinen Überbelag haben", sagt der stellvertretende Anstaltsleiter Franz Higatsberger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Seit 13 Jahren kämpft die Justizanstalt mit diesem chronischem Überbelag. Die Gründe dafür seien vielfältig: "Wien wächst und dementsprechend steigt auch die Kriminalität. Wir sind das einzige gerichtliche Gefangenenhaus in Wien. Alle Personen, die einer Straftat verdächtig werden und in Untersuchungshaft kommen, werden zu uns geschickt."

Um Untersuchungshaft verhängen zu können, müssen folgende Haftgründe vorliegen: Flucht- oder Verdunkelungsgefahr, oder die Gefahr der Begehung einer neuerlichen Straftat. In der Josefstadt machen Untersuchungshäftlinge das Gros der Insassen aus. Von 1176 Häftlingen sind 750 in Untersuchungshaft.

Architektonisch dürfte diesem Problem nicht ausschließlich beizukommen sein - viel eher hofft man in der Josefstadt auf eine strukturelle Veränderung, wie es etwa in der Novelle des Strafgesetzbuches vorgesehen ist.

Vor zwei Jahren hat eine Expertengruppe - im Auftrag der damaligen Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) - begonnen, das Strafrecht zu prüfen. Interessant für den Strafvollzug ist vor allem eine mögliche neue Definition der "Gewerbsmäßigkeit": Handelt es sich um eine einmalige Tat oder dient der Diebstahl einer fortlaufenden Einnahmequelle, ist also gewerbsmäßig? Ist sie gewerbsmäßig, ist ein höheres Strafausmaß und Untersuchungshaft vorgesehen. Die Novelle sieht vor, dass nur dann Gewerbsmäßigkeit vorgesehen ist, wenn innerhalb der vergangenen 12 Monate zumindest zwei solcher Taten begangen worden sind.

"Dadurch würde den Strafrahmen sinken und weniger Personen in Untersuchungshaft kommen", erklärt Higatsberger. Und damit weniger Insassen.

Vier Justizwachbeamte kommen derzeit auf 120 Gefangene in der Josefstadt. "Das Personal, das wir haben, können wir nur einsetzen für die Aufgaben, die dringend sind, zum Beispiel die Insassen zum Anwalt oder zum Gericht vorführen." Zeit für Gespräche, um etwaige Konflikte vorzubeugen, bleibt da nicht.

Die Volksanwaltschaft, die seit drei Jahren die Bedingungen in Österreichs Justizanstalten prüft, kritisiert seit 2012 die Missstände in der Justizanstalt Josefstadt. Volksanwältin Getrude Brinek (ÖVP) sieht vor allem in einer Reform des Maßnahmevollzugs für psychisch kranke Rechtsbrecher eine Entlastung der überfüllten Anstalten. Würde man jene in spezielle Krankenhäuser unterbringen, hätten die Justizanstalten auch etwas "mehr Luft." Derzeit befinden sich österreichweit rund 800 Menschen im Maßnahmevollzug. Und sie sind teuer. 20 Prozent der Kosten des gesamten Strafvollzugs - 63 Millionen Euro - machen sie aus, wie der Rechnungshof 2010 in seinem Bericht festhielt. Dabei stellen geistig abnorme Rechtsbrecher nur 10 Prozent der Gefangenen.

Eine Haftanstaltmit Prestige

Auch in dem Bereich verspricht Justizminister Brandstetter Veränderungen. Nicht schuldfähige Rechtsbrecher sollen in Krankenanstalten untergebracht werden und nicht mehr in Gefängnissen. Brandstetter: "Da wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Wir müssen wirklich sehr umfassend eingreifen in diese Strafvollzugsstrukturen. Da brauchen wir auch die Hilfe von anderen Ministerien, konkret auch des Finanzressorts", sagt er im Interview im Ö1-Mittagsjournal am Montag.

Wann die neue Strafanstalt im Großraum von Wien errichtet werden soll, hat Brandstetter noch nicht bekanntgegeben. Sein Anliegen: "Es wäre schön, wenn wir in Österreich eine Anstalt hätten, die man international herzeigen kann. Dass es nicht so ist wie jetzt, wo wir immer überall hinfahren, um uns anzuschauen, wo es besser ist in Europa." Erst vor drei Wochen musste er sich wieder ein Vorzeigeprojekt ansehen: die bayerische Vollzugsanstalt München-Stadelheim.