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Das blaue Schattenkabinett

Von Bernd Vasari

Politik
V.l.n.r.: Eduard Schock, David Lasar, Anton Mahdalik und Veronika Matiasek.
© Eduard Schock

Die FPÖ in der Stadtregierung könnte bald Realität werden. Die "Wiener Zeitung" präsentiert die vier möglichen Stadträte.


Wien. Die FPÖ in der Stadtregierung? Schon bald könnte dies in Wien Realität werden. Von Umfrage zu Umfrage erhöht sich ihr Stimmenanteil. Lagen sie bei den vergangenen Wien-Wahlen 2010 noch knapp 20 Prozent hinter der erstplatzierten SPÖ, so könnten die Blauen nun zur stimmenstärksten Partei werden. Meinungsforscher schließen dies mittlerweile ebenso wenig aus wie die Chefetage der SPÖ. Zuletzt sprach SPÖ Klubchef Andreas Schieder von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Bürgermeister-Partei und ihren Herausforderern. Es sei sogar möglich, dass die FPÖ Erste werde, fügte er hinzu.

Unvorstellbar, dass in der SPÖ ein Stein auf dem anderen bliebe, wenn sie den Bürgermeister-Sessel an Heinz-Christian Strache verlieren würde. Ein Umbruch in der Partei wäre unvermeidlich und Michael Häupl müsste seinen Hut nehmen. Doch würden die Roten als Zweitplatzierte eine Koalition mit dem ewigen Erzfeind FPÖ wagen? Immer mehr Genossen spielen dieses Szenario durch, heißt es hinter vorgehaltener Hand in SPÖ-Kreisen. Vonseiten der FPÖ wäre man für eine blau-rote Koalition jedenfalls bereit. Nach Bürgermeister Strache würde Klubchef Johann Gudenus den Vizebürgermeister und Sicherheitsstadtrat stellen. Doch welche Ressorts streben die Blauen darüber hinaus an? Die "Wiener Zeitung" hat sich in der FPÖ umgehört:

Eduard Schock (Stadtrat für Finanzen):

"Linksfaschistische Gutmenschen", "Strafcamps für kriminell gewordene Jugendliche", "Türken und Araber weisen ein erhöhtes Gewaltpotenzial auf." Mit diesen und ähnlichen Sagern und Forderungen kennt man den Gemeinderat und nicht amtsführenden FPÖ-Stadtrat Eduard Schock. Das Mitglied der schlagenden Burschenschaft Aldania, bei der er den Coleurnamen Hagen trägt, ist seit 20 Jahren der Wirtschaftssprecher der FPÖ. Mit öffentlicher Fiskalpolitik beschäftigte sich der Doppeldoktor (Jus, Volkswirtschaft) schon während seines Studiums. Er ist der wahrscheinlichste Kandidat für den Finanz-Stadtrat in einer blau-roten Regierung, wie er bestätigt. "Es gibt niemanden, der so lange in der FPÖ auf diesem Gebiet tätig ist", sagt er. Als Finanzstadtrat würde er ein Sonderinvestitionsprogramm auf die Beine stellen. "Man wird investieren müssen, das ist keine Frage", sagt er: Nötig seien ein Vorziehen des Schulsanierungsprogramms, die Beschleunigung des U-Bahnausbaus, eine Investitionsoffensive für Spitäler, mehr Ärzte und eine Wohnbauoffensive (5000 neue Gemeindewohnungen pro Jahr). Das Geld dafür möchte er vor allem über die Einschränkung der EU-Wanderungsfreiheit aufstellen. Ausländer sollen nur noch nach Wien kommen dürfen, wenn sie ein Jobangebot in der Stadt vorweisen können.

David Lasar (Stadtrat für Gesundheit und Soziales):

Dass David Lasar (63) als Jude ausgerechnet in die rechtsgerichtete FPÖ eingetreten ist, sei für ihn keine große Sache. "Es gibt halt einen Antisemitismus in Europa. Den wirst du nie wegkriegen, egal was man tut. Das ist nun mal so", sagt der Gemeinderat und nicht amtsführende Stadtrat. Auch bei der SPÖ, der ÖVP und den Grünen würde es Antisemitismus geben, sagt er. Lasar wäre der Stadtrat für Gesundheit und Soziales, wie er bestätigt. "Ich bin seit langem in der FPÖ Wien der Experte für Gesundheit." Als Stadtrat würde er sich dafür einsetzen, dass Ärzte auch Ärzte anstellen dürfen. Danach könnten die Öffnungszeiten im niedergelassenen Bereich von 8 Uhr Früh bis 21 Uhr am Abend an sechs Tagen die Woche ausgeweitet werden. Außerdem würde er die 40-Stunden-Woche (derzeit 48 Stunden) für Ärzte einführen.

Anton Mahdalik (Stadtrat für Verkehr und Planung):

Landwirtschafts-, Planungs- und Verkehrssprecher, Gemeinderat und seit kurzem auch Parteisekretär und Pressechef. An Anton Mahdalik (49) kommt in der Partei derzeit niemand vorbei. "Ich bin 2005 in den Landtag gekommen, als wir nur 13 Abgeordnete waren. Da hat jeder vielseitig sein müssen", sagt der Donaustädter. Sein politisches Steckenpferd ist aber Planung und Verkehr. Den Verkehrs- und Planungsstadtrat würde er auf jeden Fall machen, versichert der 49-Jährige, der nach außen hin die FPÖ-Linie als Autofahrerpartei vertritt. Mahdalik ist der Erste, der aufschreit, wenn in der Stadt ein Parkplatz weggenommen, eine 30er-Zone eingeführt oder die Ringstraße für eine Demonstration gesperrt wird. Aufhorchen lässt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", dass er seinen Arbeitsweg bis vor kurzem bei jedem Wetter mit dem Fahrrad zurückgelegt hat. 20 Kilometer sei er fast täglich von Essling ins Rathaus geradelt. Er kritisiert, dass die Grünen zu wenige Radwege gebaut haben und deswegen der Rad-Anteil am Verkehrsaufkommen nur bei sieben Prozent "herumgrundelt". Als Verkehrsstadtrat würde er Radwege auf der Straße aufpinseln und die U-Bahnlinien ausbauen.

Veronika Matiasek (Stadträtin für Umwelt):

Neue Bekannte sehen sie oft ungläubig an, wenn sie erzählt, dass sie bei der FPÖ sei. Sie würden es befremdlich finden, dass sie als liberale Frau, der von rechten Burschenschaftern dominierten Partei, angehört, erzählt Matiasek. Für die nicht amtsführende Stadträtin und Stellvertreterin von Strache und Gudenus sei dies aber kein Widerspruch liberal und im normalen Sinne national sein, meint sie. Politik hat in ihrem Leben bald einen wichtigen Stellenwert eingenommen, sagt die 57-Jährige. Mit 20 war sie gegen die Errichtung des Atomkraftwerks Zwentendorf, und mit 29 wurde sie von ihrem Mentor, dem damaligen FPÖ-Landesparteiobmann Erwin Hirnschall, in die Partei geholt. Von Anfang an war ihr Hauptthema Natur- und Tierschutz. Als Umwelt-Stadträtin wäre sie daher bestens geeignet, bestätigt sie. Dass man in der Partei auf Matiasek setzt, verrät der Blick auf die Landeswahlliste, wo sie hinter den Zugpferden Strache, Gudenus und Ursula Stenzel auf Platz vier gereiht wurde.

Und was ist mit dem Wohnbauressort? Matiasek meint dazu: "Das können wir dem (SPÖ-Wohnbaustadtrat) Ludwig nicht wegnehmen. Mit dem könnten wir eine gute Zusammenarbeit haben. Er ist schwer in Ordnung."