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Er will sie wieder

Von Christian Rösner

Politik
© Robert Newald,

Einstimmiger Beschluss im erweiterten Parteivorstand: SPÖ nimmt mit Grünen Koalitionsverhandlungen auf.


Wien. "Die SPÖ nimmt Koalitionsverhandlungen mit den Grünen auf", hieß es am Dienstagabend wenig überraschend. Das hat Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) am Dienstagabend nach dem erweiterten Parteivorstand der Sozialdemokraten verkündet. Der Beschluss erfolgte einstimmig. Nun muss Maria Vassilakou versuchen, ihre Wünsche für die kommende Legislaturperiode gegenüber der SPÖ durchzusetzen.

Generell wollen die Grünen ihre Politik weiterführen wie bisher. Das heißt unter anderem weitere Verkehrsberuhigung mit mehr Fußgängerzonen und der weitere Ausbau des Straßenbahnnetzes und so weiter. Was den Bildungsbereich betrifft, so hätten die Grünen am liebsten ein eigenes, zweites Ressort. Grundsätzlich befürworten die Grünen die rote Bildungspolitik, darüber hinaus hätten sie aber gerne unter anderem 1000 zusätzliche Lehrer für Wiens Klassenzimmer, Freiheit in der Auswahl der Unterrichtsmethoden sowie auch eine Kindergartenplatzgarantie für jedes Kind ab zwei Jahren.

Auch bei der Flüchtlingspolitik und beim sozialen Wohnbau ist man über weite Strecken eins mit der SPÖ. Bei Zweiterem fordern die Grünen noch im Hinblick auf die vielen Fälle umstrittener Wohnungsvergaben strengere Regeln für hochrangige Funktionäre der Wohnbauträger und eine stabile Neubauleistung von 1000 Gemeindewohnungen pro Jahr sowie eine Mietrechtsreform. Die offensive Investitionspolitik der Stadtroten wurde in der Vergangenheit ebenfalls im Großen und Ganzen von den Grünen gutgeheißen. Lediglich die Sache mit dem mehrheitsfördernden Wahlrecht liegt noch allen schwer im Magen.

Knackpunkte bei ÖVP: Schulden und Gymnasien

Bei der ÖVP hätte sich die Sache schon ein wenig schwieriger gestaltet. Zwar fallen die in den kommenden Jahren prioritären Themen Arbeitsmarkt und Wirtschaft durchaus in den Kompetenzbereich der ÖVP, jedoch stoßen hier generell zwei Ideologien aufeinander: Während Häupl bereits im Interview mit der "Wiener Zeitung" angekündigt hatte, in den nächsten zehn Jahren insgesamt 10 Milliarden Euro mit günstigen Krediten aufnehmen zu wollen, um das Geld in die Stadt zu investieren, lehnt die ÖVP das Schuldenmachen ab. Sie würde lieber den Haushalt mit einer groß angelegten Strukturreform sanieren - unter anderem mit einer Anpassung der Beamtenpensionen an den Bund. In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder gerne eine von der ÖVP in Auftrag gegebene Studie ins Spiel gebracht, die 1,1 Milliarden Konsolidierungspotenzial durch eine entsprechende Strukturreform verspricht. Hier hätte man laut ÖVP den Spagat schaffen müssen, ausreichende Investitionen in den Arbeitsmarkt zu gewährleisten, ohne dabei die Schulden weiter in die Höhe zu treiben.

Zweiter Knackpunkt: die Bildungspolitik. Während hier die SPÖ kontinuierlich die Umsetzung der Ganztagsschulen und die gemeinsame Schule für 10- bis 14-Jährige vorantreibt, beziehungsweise auch das Konzept der neuen Wiener Mittelschule, will die ÖVP auf Biegen und Brechen die Gymnasien erhalten.

Beim Verkehr hätte man zumindest bei der ÖVP weniger Probleme gesehen. Zwar hätten die Stadtschwarzen noch immer lieber ein anderes Parkraumbewirtschaftungssystem und U-Bahnen ins Wiener Umland. "Aber da hätte man sich schon einigen können", hieß es. Immerhin hätten sich kurz vor der Wahl plötzlich eine Reihe von SPÖ-Bezirksvorstehern über die grüne Verkehrspolitik aufgeregt. Vor allem die in den Flächenbezirken. Auch die Ringsperren hätten immer mehr Kritiker aus der SPÖ nach sich gezogen. Hier wäre die SPÖ mit der ÖVP besser dran gewesen, ist man bei der ÖVP überzeugt. Denn wenn Rot-Grün so weitermachen sollte, wie bisher, dann gebe es in fünf Jahren definitiv einen blauen Bürgermeister. Hier gehe es vor allem um die Flächenbezirke. "Die schätzen nämlich mehr eine rechtere Politik als eine Links-Wohlfühl-Begegnungszonen-Politik", meinte ein Insider. Zusammen mit der ÖVP hätte die SPÖ wieder mehr für die Autofahrer machen und auf diese Weise wieder "Punkte sammeln" können.

Die offizielle Aussage vom neuen ÖVP-Chef Gernot Blümel zu möglichen Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ hatte jedenfalls am Dienstag noch folgendermaßen geklungen: "Wir werden über alle Themen tabulos sprechen können müssen. Vor allem für den Standort Wien, für das Wirtschaftswachstum und für die Arbeitslosigkeit, muss etwas Entsprechendes dabei sein. Man sollte auch über Privatisierungen und eine Reform von Mindestsicherung und Pensionen reden."

Doch jetzt sind erst einmal die Grünen an der Reihe. Und wenn die ersten Gespräche nicht fruchten, kann sich Häupl noch immer für die ÖVP entscheiden.