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"Ein mieses Dreckpatzel-Schießen"

Von Christian Rösner

Politik

Ursula Stenzel wehrt sich gegen Vorwürfe, sie würde als Bezirksvorsteherin und Gemeinderätin doppeltes Gehalt beziehen.


Wien. Noch-Bezirksvorsteherin und Neo-FPÖ-Gemeinderätin Ursula Stenzel zeigt sich empört über aktuelle Vorwürfe gegen ihre Person. Dass ihre neue politische Heimat den rechten Rand anzieht, stellt sie in Abrede.

"Wiener Zeitung":Frau Stenzel, Ihr Name ist medial wieder einmal in aller Munde, weil behauptet wird, dass Sie als Bezirksvorsteherin nicht Ihren Sessel räumen wollen und nun auch noch doppeltes Gehalt kassieren: nämlich als Noch-Bezirkschefin der Innenstadt und als neu angelobte FPÖ-Gemeinderätin. Stimmt das?Ursula Stenzel: Ich kann allen diesen sehr üblen Unterstellungen ganz klar entgegnen: Ich beziehe kein doppeltes Gehalt. Solange ich auf dem Papier noch Bezirksvorsteherin bin - und das ist bis 22. Dezember der Fall -, ist mein Gehalt als Gemeinderätin stillgelegt.

Und Sie haben auch nicht versucht, den Bezirkschef-Wechsel in die Länge zu ziehen?

Natürlich nicht. Das hat sachliche Gründe und nichts mit Sesselkleben zu tun. Abgesehen davon wage ich daran zu erinnern, dass ich am 22. Dezember vor zehn Jahren angelobt wurde. Also so ungewöhnlich ist das nicht, zumal ein Drittel aller Bezirke überhaupt erst Mitte Dezember soweit ist.

Böse Zungen behaupten, dass Sie zusätzlich zu ihrem Einkommen Pensionen sammeln: ORF-Pension, eine Pension als ehemalige EU-Parlamentarierin sowie noch eine Witwen-Pension. Inwieweit ist das zutreffend?

Erstens: Ich beziehe eine normale PVA-Pension, die jedem Bürger nach 45 Arbeitsjahren und dem entsprechenden Alterslimit zusteht. Und selbst die habe ich die ersten vier Jahre nicht in Anspruch genommen. Zweitens: Die ORF-Pensionsansprüche wurden mir bei meinem Ausscheiden in Form einer Abfertigung abgegolten. Daher beziehe trotz meiner fast 30-jährigen ORF-Laufbahn keine monatliche ORF-Pension. Drittens: Ich habe damals aus politischen Gründen darauf verzichtet, eine Pension des EU-Parlaments in Anspruch zu nehmen. Das heißt: Ich beziehe keine Europa-Parlaments-Pension. Und viertens: Ich bekomme auch keine Witwenpension. Diese ist aufgrund der Höchstbemessungsgrundlage, die ich marginal überschreite, ruhend gestellt. Ich kann ihnen also gar nicht sagen, wie entsetzt ich darüber bin, wie man hier versucht, meine Ehrenhaftigkeit in Frage zu stellen.

Hat das Ihrer Meinung nach etwas mit Ihrem Wechsel zur FPÖ zu tun?

Wahrscheinlich schon. Ich kann nur wiederholen, dass es sich hier um mieseste, untergriffigste politische Taktik handelt. Es ist das berühmte Dreckpatzel-Schmeißen - nur, dass die Dreckpatzel nicht haltbar sind. Diese Anwürfe sind meinem Charakter und meinem Wesen völlig fremd.

Haben Sie selbst kein Problem damit, dass Sie trotz ihres jüdischen Backgrounds zu einer Partei gewechselt sind, bei der immer wieder wegen Wiederbetätigung rechtskräftig verurteilte Personen sitzen?

Ich sehe dieses Thema immer kritisch. Ich bin aber der vollen Überzeugung, dass die Vorwürfe von früher nicht mehr zutreffen. Es wird glaubhaft gelebt, dass sich diese Partei neu orientiert, dass sie sich öffnet und sich von problematischen Personen sehr schnell und konsequent trennt. Ich glaube, dass hier alte, verstaubte Dinge aus den untersten Schubladen gezogen werden, um eine sehr bedeutende Kraft im demokratischen Spektrum Österreichs anzupatzen. Diese Waffen werden aber stumpf. Jetzt sagt man nicht mehr Neonazi. Jetzt wird das transponiert in Fremdenphobie und fremdenfeindlich.

Aber trifft nicht genau das zu, wenn man sich etwa Slogans der FPÖ ansieht?

Nein, weil diese Aussagen einer bestimmten Problemanalyse entspringen. Und wie man sehen kann, nähern sich immer mehr Politiker aus anderen Fraktionen dieser Problemanalyse an. Weil die Realität uns einholt. Die Menschen sehen doch, was passiert, und wollen sich von der Politik nicht mehr länger für dumm verkaufen lassen. Ich will die Vorurteile, die es gegenüber der FPÖ gibt, bekämpfen. Deswegen habe ich das auch gemacht. Die Zusammenarbeit mit der FPÖ funktioniert in Oberösterreich, sie funktioniert im Burgenland - sie würde auch in Wien funktionieren.



Dass die FPÖ Zulaufstelle für fremdenfeinliche Menschen ist, wollen Sie gutheißen?

Das ist sie nicht. Im Gegenteil: Sie ist mittlerweile Anlaufstelle für viele, viele Migranten, die sich hier gut aufgehoben fühlen. Und dass fremdenfeindliche Äußerungen konsequent bekämpft werden, sieht man etwa an dem aktuellen Beispiel von Susanne Winter. Bleiben wir doch bitte alle weg von diesem Schablonendenken. Die FPÖ ist eine Partei, die sich in Richtung einer CSU entwickelt, ohne das Wort christlich im Namen zu haben. Eine Partei der rechten Mitte, mit der sich ein großer Teil der Bürger identifizieren kann.

Trotzdem wird die FPÖ den rechten Rand nicht los.

Dass die FPÖ ständig ins rechte Eck gestellt wird, ist für mich nur eine Ausrede für den Machterhalt angeschlagener Parteien: Rot-Grün klammert sich noch einmal aneinander, bis es in fünf Jahren die Rechnung dafür präsentiert bekommt.