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"Wos is die Leistung?"

Von Ina Weber

Politik

Die amtsführenden Stadträte wollen die nicht amtsführenden Stadträte abschaffen - diese sind gar nicht begeistert.


Wien. Von derzeit 12 auf sieben Stadträte auf einen Schlag? Kein Problem für die Wiener Landesregierung alias Wiener Stadtsenat, denn die Arbeit bliebe diesselbe. Derzeit gibt es 12 Stadträte: Sieben mit Ressorts wie Gesundheit, Bildung oder Finanzen und fünf haben eben keines und damit eigentlich keine Aufgabe.

Nicht erst seit gestern läuft die Diskussion darüber, ob man nicht jene Stadträte ohne Ressortzuteilung abschaffen sollte. Seit gestern, Mittwoch, hat die Debatte aber wieder neuen Schwung bekommen, als die Neos im Nationalrat erneut auf die Abschaffung der ihrer Meinung nach teuren und nutzlosen Posten pochten. Aber nicht nur die Neos. Bereits im Dezember vergangenen Jahres gab es ein Ja zur Abschaffung von SPÖ, Grüne und ÖVP. Nur die FPÖ stimmte nicht mit. Sie besetzt auch derzeit die meisten nicht amstführenden Stadträte, nämlich vier. Mit Gernot Blümel von der ÖVP hat Wien derzeit fünf nicht amtsführende Stadträte. Und der Ruf nach der Bezahlung für welche Leistung wird laut.

"Wiener Spezifikum"

Warum gibt es sie eigentlich, die weißen Elefanten der Stadtregierung? Alles hat mit der Besonderheit Wiens zu tun, dass die Bundeshauptstadt Stadt und Land zugleich ist. Der 100-köpfige Gemeinderat ist personell ident mit dem Landrat und die Landesregierung ist zugleich der Stadtsenat. Das Problem: Laut Bundesverfassung haben im Stadtsenat sprich Gemeindevorstand alle Parteien gemäß ihrer Stärke vertreten zu sein. Diese proporzionale Zusammensetzung spiegelt sich damit in der Landesregierung wider. Weil die gebildete Koalition natürlich nicht möchte, dass andere Parteien Ressorts erhalten und damit mitregieren könnten, kam es zu einem - wie Verfassungsexperte Heinz Mayer gegenüber der "Wiener Zeitung" formulierte - "Wiener Spezifikum". Die Stadtverfassung sieht demnach als Besonderheit vor, dass einzelne Mitglieder des Stadtsenats ohne Verantwortung bzw. Portfolio sein können.

Ja mit Vorbehalten

Eine Abschaffung dieses Systems und damit der nicht amtsführenden Stadträte bedarf einer Änderung der Bundesverfassung und damit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Peter Wittmann (SPÖ), Vorsitzender des Verfassungsausschusses des Nationalrates, hat bereits kundgetan, dass er sich eine Abschaffung vorstellen könne. Er brauche dafür "ein deutliches Signal".

Wittmann benötigt die Zustimmung von SPÖ, ÖVP und Grünen. "Weil gegen die Wiener werde ich nichts tun. Und auch nicht gegen den Willen des Koalitionspartners", so Wittmann zur "Wiener Zeitung". SPÖ und Grüne haben ihre Zustimmung bereits gegeben. Die Bundes-ÖVP will die Entscheidung der Wiener ÖVP akzeptieren. Die Wiener ÖVP sagt im Prinzip Ja, aber nur, wenn Kontrollrechte und Akteneinsicht beibehalten, ausgeweitet und garantiert werden. "Rot-Grün übt sich schon bisher in Verschleierung und dem Verdecken von Missständen. Daher sind Kontrollrechte wesentlich", sagte ÖVP-Chef und nicht amtsführender Stadtrat Gernot Blümel. Er schlägt weiters vor, die Trennung zwischen amtsführenden und nicht amtsführenden Stadträten aufzuheben und auch den nicht Amtsführenden ein Ressort zu geben.

In dasselbe Horn bläst die Wiener FPÖ. "Die FPÖ hat nach wie vor größtes Interesse an Einsparungen und spricht sich deshalb weiterhin ganz klar gegen die Abschaffung der nicht amtsführenden Stadträte und für eine Ressortzuteilung aus. Es darf nicht bei der einzigen Kontrollmöglichkeit der Opposition gespart werden", so Vizebürgermeister und nicht amtsführender Stadtrat Johann Gudenus.

Die nicht amtsführenden Stadträte haben einen Sitz und eine Stimme im Stadtsenat. Sie haben damit Zugang zu den Stadtsenatsakten. Sogar die Wiener Grünen sagen nicht vorbehaltlos Ja. Die Einsicht in Stadtregierungsakten müsste gewährleistet sein, sagte Christoph Chorherr zur "Wiener Zeitung". Im Grunde sei aber ein Regierungsmitglied, das nichts zu regieren hat, ein Widerspruch in sich und ist daher nicht notwendig", so Chorherr. Die Neos schlagen vor, die Unterlagen an die Gemeinderäte der Opposition weiterzugeben. "Es spricht nichts dagegen, die Kontrollrechte der Stadträte den Oppositionsparteien zuzugestehen und die Unterlagen unter dem Siegel der Amtsverschwiegenheit an die Gemeinderäte der Opposition weiterzugeben", so Neos-Wien-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Die Posten könnten eingespart werden. Laut ORF kosten die FPÖ und ÖVP-Stadträte 600.000 Euro im Jahr. "Die Republik stürzt nicht zusammen, wenn man sie abschafft", so Mayer.

Eine Einigung hat allerdings auch gar keine Eile, denn eine Änderung würde erst auf die nächste Legislaturperiode greifen, und wer weiß, wer dann die Posten der nicht amtsführenden Stadträte innehat.