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Der Kampf des Schlossherrn

Von Alexandra Laubner

Politik
Ein verkauftes Hotel und zwei Erbschaften hat Auer in das Schloss investiert. Doch die Stadt will, dass er geht.
© Arnold Burghardt

Cobenzl: Gericht hat Räumungsklage der Stadt recht gegeben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Pächter will berufen.


Wien. Es ist einer der schönsten Plätze Wiens mit einem fulminanten Ausblick über die Stadt. "Seit 33 Jahren hatte ich keinen einzigen Ruhetag", sagt Olaf Auer, der Pächter von Schloss Cobenzl. Wenn man Auers Café-Restaurant betritt, fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt. Marmortische, tapezierte Bänke in rot-goldenen Dekostoffen, goldene Statuten und Interieur aus den 1950er und 60er Jahren - Peter Alexander trifft hier auf Kaiserin Maria Theresia.

An einem der Marmortische breitet Auer seine Unterlagen aus. Ein Zettel mit handgeschriebenen Notizen, das Goldene Ehrenzeichen der Stadt Wien, das Auer in jenem Jahr verliehen wurde, als der Pachtvertrag gekündigt wurde, und eine Mappe mit Zeitungsberichten von Beginn der 1980er Jahre. Damals wurde Olaf Auer als Retter des Cobenzl gefeiert - heute, 33 Jahre später, steht der Rechtsstreit mit der Stadt im Fokus der Berichterstattung.

Im Oktober 2012 wurde Auer das Kündigungsschreiben übermittelt - das zuständige Forstamt hat Eigenbedarf angemeldet. Am 31. Dezember 2013 trat die Kündigung in Kraft, ein Jahr später hätte Auer Schloss Cobenzl räumen sollen. Doch der ehemalige Flug-Lehrer blieb. Im Jänner 2015 brachte die Stadt eine Räumungsklage am Bezirksgericht Innere Stadt ein und bekam recht. Das Urteil, das seit Mitte der Vorwoche vorliegt, ist nicht rechtskräftig. Olaf Auer kann innerhalb der nächsten drei Wochen Berufung gegen den Räumungsbescheid einlegen. Doch davon berichtet der gebürtige Salzburger nur am Rande, wenn man ihn auf den Rechtsstreit anspricht.

Auer erzählt, dass sein Café eine wichtige Schutzhüttenfunktion für Wanderer hätte, er zählt Bälle und Konzerte auf, die er organisiert hat. Er schwärmt von seinen vergangenen 5-Uhr-Tee-Veranstaltungen. Er erklärt, dass es Krach mit seiner Familie gegeben hatte, da er das Hotel seines Vaters hätte übernehmen sollen. Und er erzählt Anekdoten wie unter anderem jene, dass er dem damaligen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger (1915-2000) im Rondeau nur einen Schoßplatz anbieten konnte. "Was ist denn bitte ein Schoßplatz?, hat Kirchschläger mich gefragt", sagt Auer.

Michael Häupl heiratete dort

Auer holt lachend einen Zeitungsartikel hervor, und liest sein Lieblingszitat vor. ",Den g’scherten Salzburger hamma braucht, damit er uns zeigt, wie es geht.‘ Hier steht es, sehen Sie!" Der Bericht stammt vom Februar 1982 - zur Zeit der Unterzeichnung des Pachtvertrages. Damals war Schloss Cobenzl eine Brandruine, 1975 zog der letzte Pächter aus, 1980 brannte es bis auf die Grundmauern ab.

Heute umfasst das Areal vier Gebäude - unter anderem den Marmorsaal, der für Hochzeiten gebucht werden kann. Auch Bürgermeister Michael Häupl heiratete dort. "Ich habe damals vier Monate gebraucht, um den Schutt und den Dreck abzubauen. Ich habe das Ganze aufgebaut. Ich wohne auch hier. Jeder hat gesagt, dass ich verrückt sei", sagt Auer.

Die bewegte Geschichte von Schloss Cobenzl geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Als Jesuitenkloster erbaut, erwarb Philipp Graf von Cobenzl (1741-1810) das Gebäude und errichtete 1776 ein Landhaus. Zu den berühmtesten Gästen zählte damals Wolfgang Amadeus Mozart. Um 1800 wurde das Anwesen von der französischen Armee zerstört und dann wieder aufgebaut. Graf von Cobenzl folgte als Schlossherr dem deutschen Industriellen, Chemiker und Philosoph Karl von Reichenbach (1788-1869). Karl von Reichenbachs Nachfolger war Johann Freiherr von Sothen (1823-1881), der 1854 zu Ehren der Hochzeit von Elisabeth und Franz Joseph I. die Sisi-Kapelle erbauen ließ. 1887 entstand auf Schloss Cobenzl ein Hotel, 1907 kaufte die Stadt das Areal, 1912 wurde ein Café-Pavillon eröffnet.

Investitionen nicht zu beziffern

Wie viel Auer investiert hat, kann er nicht beziffern. "Das ist eine gute Frage", sagt er und lacht. "Der Verkauf des Hotel Diplomat in München, das meinem Vater gehört hat, steckt drinnen, die Erbschaft meiner Großeltern, die Erbschaft meiner Eltern und meine Flugabfertigung", sagt Auer Mit der von der Stadt freiwillig angebotenen Investitionsablöse war Auer nicht zufrieden. Auer spricht von 380.000 Euro, der zuständige Forstdirektor Andreas Januskovecz dementiert. "Das ist nicht korrekt. Die Investitionsabgeltung wäre wesentlich höher ausgefallen." Eine konkrete Summe will und kann Januskovecz nicht nennen. "Das war ein Vier-Augen-Gespräch und wir haben Stillschweigen vereinbart."

Zwei Jahre lang hat die Stadt mit Auer verhandelt. "Wir wollten uns gütlich einigen", sagt Januskovecz. Warum wurde der Pachtvertrag gekündigt? "Wir wollen das Schloss für die Besucher attraktiv machen. Es wird Events geben und auch eine Weinausschank bzw. ein Café-Restaurant", erklärt Januskovecz. Die Location solle auf den heutigen Stand der Technik gebracht werden.

Auer möchte gegen das räumungsverpflichtende Urteil Berufung einlegen. Das Verfahren in zweiter Instanz könnte ein weiteres Jahr dauern. Minimum. Die wahrscheinlich letzte Etappe im Rechtsstreit zwischen der Stadt und Olaf Auer. Was macht er, wenn auch die Stadt in zweiter Instanz recht bekommt? "Weiß ich nicht. An das denke ich nicht. Ich kämpfe weiter. Ich bin der Kapitän, auch für meine 25 Mitarbeiter", sagt der 73-Jährige.