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Wieder mehr Staat als Privat?

Von Ina Weber

Politik

Skandal um Privatkindergärten: Nach heftiger Kritik versucht die Stadt Wien, demonstrativ Maßnahmen zu setzen.


Wien. Im Jahr 2009 musste alles schnell gehen. Es war das erste Jahr des von der Stadt Wien beschlossenen Gratis-Kindergartens, und weil die Stadt selbst nur 40 Prozent der angebotenen Kindergarten-Plätze zur Verfügung stellen konnte, musste den privaten Trägern gehörig unter die Arme gegriffen werden. Eine Förderung für private Anbieter wurde eingeführt, damit auch sie einen beitragsfreien Platz anbieten konnten. Eine Anstoßfinanzierung für die Schaffung neuer Betreuungsplätze gab es schon. So weit, so gut. Die große Mehrheit der privaten Kinderbetreuungsplätze landete damit auf der Agenda der zuständigen Magistratsbehörde und diese war mehr als überfordert.

Ein blamabler Stadtrechnungshofbericht im Jänner folgte einem möglichen Betrugsfall. Die Stadt steht in Sachen Kindergarten nun mächtig unter Druck. Erst kurz vor Weihnachten 2015 wurde ein möglicher Betrugsfall aufgedeckt. Ein privater Kindergartenbetreiber soll Fördergelder hinterzogen haben, eventuell seien Gelder ins Ausland geflossen. Die "Wiener Zeitung" hat berichtet. Der Betreiber wurde von der MA10 im Zeitraum Mai 2013 bis Mai 2015 mit 1,8 Millionen Euro für acht Gruppen mit jeweils 20 bis 25 Kindern unterstützt.

Laufendes Verfahren

Er hatte Kindergärten, Vereine und eine Schule. Die Staatsanwaltschaft überprüft derzeit seine Kontoverbindungen und ermittelt wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Kriminelle Energien könne man nicht verhindern, hieß es seitens der Stadt. Der Bund reagierte auf diesen Vorfall und ließ wiederum seine finanzielle Unterstützung für Wiens Kindergärten bis zur Aufklärung auf Eis legen.

Ebenfalls im Jänner offengelegt wurde ein Rechnungshofbericht, der die Stadt im Umgang mit Kindereinrichtungen stark kritisierte. "Die Magistratsabteilung 10 förderte in den Jahren 2008 bis 2014 die Schaffung von nahezu 14.000 Betreuungsplätzen in elementaren Bildungs- und Betreuungseinrichtungen privater Trägerorganisationen. Hierfür wurden Förderungsmittel in der Höhe von rund 45 Millionen Euro aufgewendet."

Personal oft nicht qualifiziert

"(...) Ebenso sollte die MA10 sowohl bei der Prüfung von Förderungsansuchen wie auch bei der Kontrolle von deren Verwendung verstärkt Plausibilitätsüberlegungen in Bezug auf die Höhe der Ausgaben anstellen", heißt es.

Kein Wunder, dass das Licht auf Wiens Kindergärten etwas getrübt ist. Da hilft es auch wenig, dass die Stadt, wie am Montag vermeldet, wieder 60 Kindergartenpädagogen ausgebildet hat und fleißig für diesen Job wirbt. Laut aktuellem Rechnungshofbericht stellen die privaten Kindergartenbetreiber nicht immer qualifiziertes Personal an. Bei vier von elf unter die Lupe genommenen Einrichtungen hätten die Dienstpläne gezeigt, dass die gesetzlichen Bestimmungen "nicht durchgängig" eingehalten worden seien.

Auch rät der Bericht der Stadt Wien zu "geeigneten EDV-Lösungen" und hält die Stadt dazu an, dass Förderwerber künftig schon bei Antragstellung etwaige Baugenehmigungen vorweisen müssen.

Die Stadt reagiert mit strengeren und genaueren Richtlinien. Die MA11 (Jugend und Familie) - bei Stadträtin Sonja Wehsely - nützte die Kritik, um eine Anhebung der Standards für die rund 600 Kindergruppen am vergangenen Freitag zu beschließen. Damit gilt der Wiener Bildungsplan auch für Kindergruppen und nicht nur für öffentliche und private Kindergärten. Für Kindergruppenbetreuer heißt das etwa, dass sie statt der bisherigen 90 Stunden 400 Stunden Ausbildung vorweisen müssen.

Die MA10 (Kindergärten) - bei Stadträtin Sandra Frauenberger - geht den Kritikpunkten des Stadtrechnungshofsberichtes nach und überprüft die dort angegebenen 22 Fälle - 20 private Kindergärten und zwei Kindergruppen. Laut Bericht wurden dort teils gravierende Mängel bezüglich Abrechnungen und Abrechnungsmodalitäten festgestellt. Teilweise sei es auch schon zu Rückforderungen gekommen.

Künftig soll laut Stadtratsbüro ein neues EDV-System Fehler verhindern. Auch ein Überblick soll geschaffen werden. Sobald ein Kind um einen Platz ansucht, bekommt es eine Nummer, egal, ob es in einen privaten oder öffentlichen Kindergarten geht. Weiters werden Workshops angeboten, um die Vereine über Förder- und Bildungsrichtlinien für Kindergärten zu informieren.

Geht es in den privaten Kindereinrichtungen also nun wieder in Richtung mehr Staat als Privat? Dazu eine Sprecherin von Wehsely: "Wir werden verstärkt kontrollieren, wie werden genauer hinschauen und nachschärfen."