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Neues Zuhause für 1700 Tiere

Von Alexandra Laubner

Politik
Im Gegensatz zu anderen Einrichtungen gehen die Tiere aus dem Tierquartier ins Eigentum der neuen Besitzer über.
© Arnold Burghardt

Vor einem Jahr wurde das städtische Tierquartier in der Donaustadt eröffnet. Die Auslastung beträgt aktuell 45 Prozent.


Wien. Die beiden Jack Russel Terrier Aislyn und Gilbert wurden bei einem illegalen Straßenverkauf beschlagnahmt, Katze Zoey wurde bei Bahngleisen in Wien gefunden und der fast blinde Tibet Spaniel Welpe Ling Ling in einem Karton in einem Ottakringer Haus ausgesetzt. Für alle Tiere gab es ein Happy End - sie konnten von den Mitarbeitern des Tierquartiers an neue Besitzer vermittelt werden. Auch die Stachelmäuse, die aufgrund von Animal Hording ins Tierquartier gekommen sind, haben ein neues Zuhause gefunden.

Das Tierschutzkompetenzzentrum in der Donaustädter Süßenbrunner Straße, das nach englischem Vorbild konzipiert wurde, feiert dieser Tage sein einjähriges Bestehen. Im März des Vorjahres wurde der 9700 Quadratmeter große Komplex eröffnet. Seit der Inbetriebnahme wurden 1700 Tiere - davon 411 Hunde, 788 Katzen und 501 Kleintiere - vermittelt. "Ich war selbst viel in England unterwegs und habe mir sehr viele Tierschutzhäuser angesehen. Wir haben die besten Ideen geklaut und umgesetzt. Ich freue mich sehr, dass das Konzept so gut aufgegangen ist", zieht die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) Bilanz.

Quarantänezeit verringert

Aufgrund der strengen Hygienemaßnahmen, die nach englischen Vorbild realisiert wurden, konnte die Quarantäne und damit auch die Vergabe der Tiere verkürzt werden. "Denn so gut es die Tiere hier auch haben, ein eigenes zu Hause ist natürlich viel besser und daher ist es unser Ziel, die Tiere rasch wieder zu vermitteln.

Bisher dauerte die Quarantäne fünf Wochen. In diesem Zeitraum ist gar nichts passiert und dann erst erfolgte die Vergabe. Wir haben im Tierquartier eine rasche Vermittlungsrate von durchschnittlich 35 bis 40 Tagen. In anderen Tierschutzhäusern sitzen die Tiere neun Monate lang oder noch länger", sagt Sima.

Neu ist seit Anfang März die Ausbildungskooperation zwischen dem Tierquartier und der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Alle Tiere werden von Mitarbeitern der Veterinärmedizinischen Universität Wien betreut.

Die Stadt ist dazu gesetzlich verpflichtet, entlaufene, herrenlose und beschlagnahmten Tiere zu betreuen. Im Tierquartier finden 200 bis 300 Kleintiere wie Mäuse, Frettchen, Kaninchen, Meerschweinchen und Hamster sowie 150 Hunde und 300 Katzen Platz. "Aktuell beträgt die Auslastung 45 Prozent. Doch das variiert je nach Jahreszeit. Gegen Sommer, wenn die Urlaubszeit naht, werden es mehr", so Tierquartier-Betriebsleiterin Alexandra Leitold.

Keine Privatabgaben

Reptilien, Wildtiere, Vögel und Fische werden vom Kooperationspartner, dem Wiener Tierschutzverein in Vösendorf, betreut. Im Gegensatz zum Tierschutzverein nimmt das Tierquartier auch keine Privatabgaben an. "Bei uns können Privatpersonen, wenn sie beispielsweise eine Allergie haben, ihre Tiere nicht abgeben", erklärt Leitold.

Für das Tierquartier wurde ein spezielles Vergabeverfahren entwickelt. Zukünftige Tierbesitzer können in eigens eingerichtete Begegnungszonen ihre potenziellen neuen Hunde kennenlernen. Damit die Hunde keinen Stressfaktoren ausgesetzt sind, ist der eigentliche Hundebereich für Besucher tabu.

"Wir geben die Tiere auch nicht nach Hause mit und sagen den Leuten, schaut einmal, ob es passt. Das machen wir nicht, das entspricht nicht unseren Qualitätskriterien", sagt Leitold, der besonders ein Fall in Erinnerung bleibt. "Was mir sehr nahegegangen ist, war ein Hund, der einer alten Dame abgenommen wurde, da sie sich nicht mehr ihn kümmern konnte. Der Hund war schwer krank und hatte Tumore im Gesicht. Aber alle Tiere haben eine Vergangenheit, die nicht so rosig war, sonst würden sie nicht bei uns landen", so Leitold.

Wer Interesse hat, einem Tier ein neues Zuhause zu geben, kann sich die Tiere auf der Homepage des Tierquartiers ansehen und dann einen Termin zu den Öffnungszeiten (Dienstag 15 bis 17 Uhr, Freitag und Samstag von 13 bis 17 Uhr und jeden ersten Donnerstag im Monat bis 19 Uhr) vereinbaren. Im Vorfeld der Vergabe, noch vor der Kennenlernphase, muss ein Interviewbogen ausgefüllt werden.

Unkostenbeitrag bis zu 250 Euro

Gibt es Ausschließungsgründe? "Nein, eigentlich nicht. Es kommt sehr vereinzelt vor, dass man jemanden, der nicht weiß, auf was er sich einlässt, freundlich darauf hinweisen muss, dass es doch nicht so passt", sagt Leitold. Für die Übernahme der Tiere muss ein Unkostenbeitrag entrichtet werden. Für Hunde beträgt dieser 250 Euro, für Katzen 100 Euro, für Hamster, Mäuse und Ratten 20 Euro, für Meerschweinchen 30 Euro sowie für Kaninchen Frettchen und Chinchillas 50 Euro.

Die Tiere sind geimpft - Hunde, Katzen und Kaninchen sind gechipt. Während in anderen Tierschutzhäusern die Tiere nach der Vergabe weiter im Eigentum der jeweiligen Einrichtung bleiben - so ist es übrigens auch beim Wiener Tierschutzverein vertraglich geregelt -, gehen die Tiere beim Tierquartier ins Eigentum der neuen Besitzer über. Klappt es mit den Vierbeinern zuhause doch nicht so ganz, können die Tiere innerhalb von sieben Tagen ins Tierquartier zurückgebracht werden.

Während das Tierquartier in der Donaustadt mit seinen 50 Mitarbeitern in eine gute Zukunft blickt, ist die Zukunft des Wiener Tierschutzvereines immer noch ungewiss. "Wir haben den Tierschutzverein ein Grundstück in Vösendorf, mit dem sie zufrieden sind, angeboten. Was jetzt weiter passiert, kann ich nicht sagen. Wir stehen seit zwei Jahren bei Fuß", sagt Stadträtin Sima. Die Errichtung des Tierquartiers belief sich auf 15 Millionen Euro, 10 Millionen Euro hat die Stadt subventioniert, die restlichen 5 Millionen Euro sollen durch Spenden finanziert werden.

Heizen mit Deponiegas

Beim Bau des Tierquartiers auf dem Areal in der Süßenbrunner Straße 101 wurde auch Wert auf Öko-Standards gelegt. So wird mit dem Deponiegas der benachbarten Deponie Rautenweg die Fußbodenheizung geheizt. Im Sommer erfolgt die Kühlung des Gebäudes durch das Grundwasser. Laut Stadt kann durch den Einsatz des alternativen Energieträgers Jahr für Jahr 140.000 Kilogramm CO2 eingespart werden. Diese Menge sei mit einer Emission vergleichbar, die ein Pkw verursachen würden, wenn er rund 24 Mal die Erde umrunden würde oder, wenn 65 Pkw jeweils 15.000 Kilometer zurücklegen würden.

Eine am Areal errichtete Solarblume kommt für die Stromerzeung zum Einsatz und produziert so viel Strom wie ein Haushalt innerhalb eines Jahres verbraucht. Dazu kommen Solarpaneele am Dach mit einer Fläche von 600 Quadtratmeteren. Der produzierte Strom der Solarpaneelen entspricht einem jährlichen Stromverbrauch von mehr als 19 Wiener Haushalten, erklärte Sima stolz.

Tierquartier
Süßenbrunner Straße 101, 1220 Wien
www.tierquartier.at