Strößenreuther: Das ist umso bemerkenswerter, als die Autofahrer inzwischen zur Minderheit unter den Verkehrsteilnehmern gehören. 17 Prozent aller Wege in der Berliner Innenstadt werden mit dem Auto zurückgelegt, 18 Prozent mit dem Fahrrad, dann kommen noch Fußgänger und öffentlicher Verkehr dazu. Anders ausgedrückt: Berlinweit sitzen 70 bis 80 Prozent der Menschen nicht im Auto. Die Minderheit der Autofahrer beansprucht aber immer noch den meisten Platz, weil sie von der Politik protegiert wird.
In Wien wird Verkehrsberuhigung neuerdings von Geschäftsleuten betrieben, die sich - etwa in der Wiener Herrengasse - davon mehr Umsatz erwarten. Gibt es diese Entwicklung auch in Berlin?
Ellenbeck: Ja. Gerade in einer Stadt wie Berlin, die stark Kiez-(Grätzel, Anm.)-orientiert ist, kommen die Kunden zu Fuß oder mit dem Fahrrad in die Geschäfte. Das merken die Geschäftsleute und sehen es als Chance.
Wie geht es mit dem Volksentscheid Radfahren weiter?
Strößenreuther: Bis Anfang April stellen wir den Entwurf für ein Berliner Radverkehrsgesetz fertig. Danach kommt der Antrag auf das Volksbegehren, für welches wir 20.000 Unterschriften in sechs Monaten benötigen. Wir werden im Mai mit dem Sammeln beginnen und wollen im Juni fertig sein. Dann geht es zum Senat, wo es geprüft wird. Und nächstes Jahr müssten wir das Volksbegehren durchführen. Sprich: 170.000 Stimmen gewinnen. Und wenn der Senat dann immer noch nichts tut, gibt es im Herbst 2017 bei der Bundestagswahl die Volksabstimmung.
Zu den Personen
Saskia Ellenbeck
ist studierte Volkswirtin und Politologin. Sie ist eine der Gründerinnen des Netzwerks für ein fahrradfreundliches Neukölln in Deutschland.
Heinrich Strößenreuther
ist Unternehmensberater im Verkehrsbereich. Er ist Initiator des Volksentscheides Fahrrad, mit dem ein Berliner Radverkehrsgesetz erreicht werden soll.