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Letzte Frist im Kindergartenkrimi

Von Niklas Hintermayer

Politik

"Alt Wien"-Kindergartenbetreiber und Stadt Wien einigen sich auf einen Vergleich - in Raten. Noch fehlt eine Unterschrift, um den Deal zu finalisieren. Grund ist eine fehlende Bankgarantie. Bis Mittwoch soll sie nachgereicht werden.


Wien. Aufatmen ist angesagt. Zumindest ein wenig. Turbulente Tage haben die Eltern von 2276 Kindern hinter sich, die ihren Nachwuchs bis dato in einem der 33 Privatkindergärten des Vereins "Alt Wien" untergebracht haben. Anfang der Woche stand noch im Raum, dass die Kindergärten auf Grund eines Fördermittelstopps der Stadt Wien zusperren müssten. Der Grund: Der Betreiber, Richard Wenzel, hätte Fördermittel in der Höhe von 6,6 Millionen Euro in die Sanierung mehrerer Eigentumsimmobilien gesteckt, was jedoch nicht dem Kindergartenbetrieb zugutegekommen und somit zweckwidrig sei.

Wenzel weigerte sich anfangs, das Geld zurückzuzahlen. Ende der Woche ruderte er zurück und gab sich einsichtiger. Freitagvormittag wurde der Deal zwischen Stadt und Betreiber vorläufig finalisiert. Man hat sich schließlich im Beisein der Anwälte im Großen und Ganzen geeinigt. In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärten Bildungsstadträtin Sabine Frauenberger (SPÖ) und Daniela Cochlar, Chefin der für Kindergärten zuständigen MA10, den Status Quo der Verhandlungen. "Es wurde uns von ‚Alt-Wien‘ glaubhaft zugesichert, dass man den Vergleich annehmen möchte", sagte Cochlar.

Dieser sieht vor, dass die 6,6 Millionen Euro zurückbezahlt werden, der gesamte Vorstand des Trägervereins "Alt-Wien - Muku - Arbeitsgemeinschaft für multikulturelle Kindergartenpädagogik" ausgewechselt und die Jahresbilanz 2015 nachgereicht wird.

Allerdings fehlt nach wie vor noch eine Unterschrift. Denn die im Vergleich ebenso geforderte Bankgarantie konnte von Wenzel noch nicht erbracht werden. Sie dient dazu, die Bank bei einer Kreditvergabe abzusichern und kann etwa durch Privatvermögen - wie beispielsweise Immobilien - erbracht werden.

"Hier wurde uns glaubhaft versichert, dass sich das in der Kürze und bis zum heutigen Tag nicht ausgegangen ist", erklärte Cochlar. Deshalb gibt die Stadt dem Verein noch eine letzte Frist bis Mittwoch. Bis dahin muss die Besicherung über die gesamten, laut MA10 zweckwidrig verwendeten Fördermittel eingelangt sein.

Sollte das nicht passieren, ist der Deal - er sieht eine Rückzahlung der Gelder innerhalb maximal fünf Jahren vor - gescheitert. Allerdings hat sich das Rathaus ebenfalls entschlossen, für August noch einmal eine Förderung auszuschütten, teilte Frauenberger mit. Diese "Abwicklungszahlung" werde vor allem im Sinne der Eltern ausbezahlt, um ihnen im Fall der Fälle genügend Zeit für die Suche nach einem neuen Betreuungsplatz zu geben. Die Eltern von rund 20 Kindern haben das bereits getan. Sie haben ihren Nachwuchs im Zuge der aktuellen Querelen abgemeldet.

Wenzel sieht Frist nicht so eng

Richard Wenzel scheint erleichtert zu sein über die aktuellen Entwicklungen. Er sei bereit "in den sauren Apfel zu beißen" und das Geld und die Bankbesicherung aufzubringen, wie er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" versichert. Warum hat er sie bisher nicht aufgebracht? Schließlich verhandelt er mit der Stadt bereits seit einem halben Jahr. Und seit ein paar Wochen steht die Bankbesicherung im Raum.

"Die Hausbank ist bereits informiert, das sollte relativ schnell über die Bühne gehen", sagt er.
Die von der Stadt Wien angesetzte Frist bis Mittwoch sieht er nicht ganz so eng: "Ob dies in der Ferienzeit bis 3. August passiert, bin ich mir nicht so sicher", sagt er, "aber unsere Anwälte reden untereinander". Grundsätzlich sei er sehr froh, dass die Kindergärten kommenden Montag offen haben: "Es gibt keine Unterbrechung des Betriebes".

Einer weiteren Forderung der Stadt, den gesamten Vorstand des Vereins "Alt Wien" auszutauschen, wurde indes schon Folge geleistet. Wenzel erklärte, dass bereits zwei Frauen im Vorstand bestimmt seien, bei der Vereinsbehörde angemeldet seien diese noch nicht. Es handelt sich dabei um Edith Krammer und Monika Lindner, beide ehemalige Kinderpädagoginnen und Mitarbeiterinnen des Vereins. Der dritte Vorsitzende werde noch gesucht. Wenzel selbst werde sich vollständig aus dem Vorstand zurückziehen und wie bisher Verwaltungstätigkeiten im Verein übernehmen. Seine letzte geschäftliche Handlung werde "die Unterschrift auf dem Vergleich sein", sagt Wenzel.

In Zukunft werde ihm "das nicht mehr passieren", resümiert Wenzel. "Vor allem werde ich kein Geld mehr für den Bau von neuen Kindergärtenplätzen verwenden", präzisiert er. Konkret wurde ihm vorgeworfen, die zwischen 2009 und 2014 von der Stadt ausgeschütteten Fördergelder etwa in die Sanierung einer Reit- und Ballettschule, einer Immobilie in Penzing, in der sich jedoch neben Kindergartenräumlichkeiten auch Wohnungen befänden, investiert zu haben.

Kritik der Opposition

Die Oppositionsparteien zeigten sich jedenfalls alles andere als zufrieden mit der nochmaligen Fristaufschiebung. Die FPÖ forderte deshalb, dass die Stadt alle gut 300 Mitarbeiter sowie die gesamten Standorte übernehmen soll. Eine Option, die Frauenberger bereits ausgeschlossen hatte, da sich die Immobilien ihren Angaben nach nahezu alle in Wenzels Besitz befinden. Die ÖVP bekrittelte das "logische Ergebnis von Ignoranz, Nachlässigkeit, Unprofessionalität und Realitätsverweigerung" und forderte eine Reform des Förderwesens. Die Neos bekräftigten ihren Wunsch nach einer einjährigen Bestandsgarantie für die betroffenen Plätze.