Die Schwierigkeit einer Einigung auf ein vereinfachtes Mietrecht liegt im großen Interessenkonflikt zwischen der SPÖ und der ÖVP. Wo könnte die Mieterseite den Eigentümern entgegenkommen und was soll sie dafür erhalten?

Man könnte zum Beispiel beim Eintritt einer eintrittsberechtigten Person in den Mietvertrag den Mietzins statt wie bisher auf den Kategorie-A-Satz auf den Richtwert anheben. Im Gegenzug möchten wir, dass Befristungen eingedämmt werden. Der Gesetzgeber wollte eigentlich bei ihrer Einführung erreichen, dass der Eigentümer, wenn er befristet auch weniger verlangen kann, nämlich um 25 Prozent. Befristete Verträge sollten daher die günstigsten sein. Tatsächlich sind sie aber die teuersten. Denn Mieter, die beabsichtigen, in der Wohnung zu bleiben, versuchen aus Angst nicht, ihre Rechte durchzusetzen. Das ist ein großes Problem. Wir sind der Meinung: Je kürzer die Befristung, desto höher sollte der Abschlag sein. Außerdem müssen Mietverträge zurzeit nur auf mindestens drei Jahre abgeschlossen werden. Wir finden, es sollten mindestens fünf Jahre sein.

Hauseigentümer haben vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) beanstandet, dass der Richtwert in Wien deutlich niedriger ist als etwa jener in Vorarlberg. Außerdem haben Sie versucht, das Lageverbot in Gründerzeitvierteln zu kippen. In beiden Fällen sind Sie gescheitert. Wie beurteilen Sie die Situation?

Die unterschiedlich hohen Richtwerte muss man in einem historischen Kontext betrachten. Wien hat, als das Richtwertsystem eingeführt wurde, einen relativ geringen Grundpreis gemeldet. Darauf basiert diese Berechnung noch immer. Sinnvoller wäre es natürlich, wenn wir österreichweit ein einheitliches System hätten. Dem Lagezuschlag kann ich generell nichts abgewinnen. Er soll zur Gänze abgeschafft werden. Denn verantwortlich für die Lage ist ausschließlich die Stadt, der Eigentümer tut nichts dafür.

Für wie realistisch erachten Sie es, dass es in absehbarer Zeit zu der lang geplanten Novellierung des Mietrechtsgesetzes kommt?

In der Koalitionsvereinbarung steht "Leistbares Wohnen" drinnen. Ich glaube aber nicht, dass es bald zu einem großen Wurf kommt. Es werden wohl nur kleinere Novellierungen erfolgen. Das wird aber nicht reichen. Unsere Mitglieder sind wichtig, damit wir eine starke Lobby haben. Wir müssen das Mietrecht erhalten und ausbauen. Denn die Angriffe gehen weiter. Beim VfGH sind schon die nächsten Beschwerden von Eigentümern eingelangt.

Zur Person

Elke Hanel-Torsch

ist seit Februar 2016 die Vorsitzende der Mietervereinigung der Landesorganisation Wien.

Die gebürtige Kärntnerin hat in Wien Rechtswissenschaften studiert. Nach der Absolvierung des Gerichtsjahres in Wien begann sie im Jahr 2006 als Juristin bei der Mietervereinigung zu arbeiten. Von 2012 bis 2016 war sie dort als Landesgeschäftsführerin tätig.