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Die Politik und ihre Spitäler

Von Nina Flori

Politik

Bis Ende Mai soll die neue Organisationsform des Krankenanstaltenverbundes feststehen. | Experten bezweifeln, dass die Politik bereit ist, ihren Einfluss zurückzunehmen - selbst, wenn der KAV eine GmbH wird.


Wien. Gesundheitstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) hat mit dem Krankenanstaltenverbund (KAV) derzeit alle Hände voll zu tun. Zum einen muss sie dafür sorgen, dass sich die Stimmung im Unternehmen, die in den vergangenen Jahren auf einen selten da gewesenen Tiefpunkt gerutscht ist, wieder verbessert. Vor allem die Kommunikation zwischen der Führung und der Belegschaft gilt es, wieder in Gang zu setzen.

Zum anderen wartet die Herkules-Aufgabe der Strukturreform auf sie. Ende Mai soll feststehen, wie die neue Rechtsform des KAV aussieht. Derzeit sei man dabei, die verschiedenen möglichen Organisationsformen, die eine Arbeitsgruppe erstellt hat, zu bewerten, sagte Frauenberger am Freitag in einer Pressekonferenz. Eine Präferenz wollte sie nicht abgeben. Sie sagte nur: "Ich schließe aus, dass alles so bleibt, wie es ist, und auch eine Aktiengesellschaft wird es nicht werden."

Folgende Möglichkeiten kommen daher in Betracht:

Der KAV könnte etwa nach niederösterreichischem Vorbild in eine "unechte" Holding umgewandelt werden. Unecht deshalb, weil die niederösterreichische Krankenhaus-Holding nicht wie eine "echte" Holding Unternehmen unter sich versammelt, sondern lediglich einen Dachrahmen für verschiedene Krankenhaus-Standorte bietet. "Man tut, als ob es eine echte Ausgliederung wäre, faktisch ist der politische Einfluss aber ungebrochen", sagt der Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Ein weiterer "Vorteil" sei, dass das Budget der Stadt nicht mehr durch die Krankenhäuser belastet werde. "Die Intransparenz bleibt bei dieser Lösung weiter sehr hoch. Man muss nur das öffentlich machen, was man öffentlich machen will", sagt Pichlbauer.

Auch derzeit kann sich der KAV, der als "Unternehmung" der Stadt Wien geführt wird, also als Regiebetrieb, nicht gerade mit Transparenz rühmen. "Wer den Jahresabschluss des KAV einsehen will, kann heute maximal auf die Daten von 2015 zurückgreifen", sagt Pichlbauer. Über einen umfassenden Rechnungsabschluss im Sinne der Doppelten Buchhaltung, wie er für eine GmbH oder AG erforderlich ist, verfügt der KAV nicht.

Genau diese Tatsache dürfte, falls die Gründung einer GmbH in Betracht gezogen wird, eine erste große Hürde darstellen. Denn sie erfordert eine Eröffnungsbilanz und diese für den KAV zu erstellen, dürfte auch erfahrenen Bilanzierern Kopfzerbrechen bereiten. "Alleine das gesamte Anlagevermögen des KAV, also bis runter zu jedem Bett, zu bewerten, ist richtig viel Arbeit", meint Pichlbauer. Denn jeder Krankenhausstandort führe einen anderen Kontorahmen, Konsultierungen würden sich daher schwierig gestalten.

Auch wenn diese Anfangshürde genommen wird, glaubt Thomas Czypionka, Gesundheitsökonom am Institut für höhere Studien, nicht, dass die Ausgliederung in eine GmbH zwangsläufig zu weniger Einmischung der Politik führen würde. "Wir machen bei Ausgliederungen oft die Erfahrung, dass der politische Wille, Einfluss abzugeben nicht groß genug ist", sagt er. "Der betriebswirtschaftliche Erfolg hängt aber von der Freiheit des Managements ab." Wenn ein Management nicht autonom agieren könne, würden sich die Vorteile einer Ausgliederung stark reduzieren,

Czypionka spricht sich dafür aus, den Unternehmergeist im Gesundheitswesen zu stärken. "Wenn alles ganz streng nach öffentlichen Vorschriften erfolgt, schwächt das den Erfolgsfaktor."

Dass die Politik die Finanz- und Personalhoheit über ein Unternehmen, das 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, tatsächlich abgibt, scheint derzeit allerdings unwahrscheinlich. Einfluss auf das Unternehmensgeschehen könnte sie aber auch als GmbH-Eigentümerin direkt und indirekt ausüben, etwa wenn der KAV als GmbH eine Tochter der Wien Holding wird.

Gegen eine GmbH könnten aber wiederum die Publizitätspflichten sprechen. Denn sie müsste jährlich einen Jahresabschlussbericht veröffentlichen, der längerfristig auch mit den Vorjahren vergleichbar wäre.

Eine dritte Möglichkeit könnte daher sein, dass nur intern eine Umstrukturierung von Teilunternehmungen erfolgt. Dass hierbei der gewünschte Verbesserungseffekt eintreten würde, ist allerdings mehr als fraglich. "Das Schlechteste wäre, wenn man sich die ganze Umstellung antut, aber sich substanziell nichts ändert und faktisch alles so ist wie vorher", sagt Czypionka.

Ginge es nach Czypionka, würde er in Österreich, wie in vielen anderen EU-Ländern, ohnehin mehr private Aktivitäten im Gesundheitssystem etablieren - also etwa private-gemeinnützige oder private profitorientierte Krankenhäuser auf dem Markt agieren lassen. Dass sich der KAV in diese Richtung entwickelt, ist aber auszuschließen, dem hat allen voran schon die Gewerkschaft eine klare Absage erteilt.