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Das gallische Dorf

Von Alexandra Laubner

Politik
Geht es nach den City-Grünen, sollen die Anrainerparkplätze sogar noch ausgebaut werden.
© Jenis

Die Innere Stadt wird die Anrainerparkplätze tagsüber nicht öffnen: Es ist ein politischer Schulterschluss gegen die gemeinsame Ansage von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck.


Wien. Alexander Hirschenhauser, der Klubobmann der Grünen in der Inneren Stadt, schwelgt gerne in der Vergangenheit - in den glorreichen Zeiten der Grünen, wie es scheint. "Es war Juni 1997. Die Grünen haben damals das Konzept der grünen Zonen vorgestellt. So haben wir damals die Anrainerparkplätze genannt. Es war eine Premiere in Österreich. 20 Jahre später freue ich mich, dass dieses Erfolgsmodell umgesetzt wurde. Und so soll es auch bleiben", sagt Hirschenhauser. Einen Monat nachdem die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck verlautbart haben, dass die Anrainerparkplätze von 8 bis 16 Uhr geöffnet werden, formiert sich in der Inneren Stadt der Widerstand.

"Das Thema Anrainerparken ist eine Erfolgsgeschichte. Wir haben uns gemeinsam entschlossen, dass Modell umzusetzen und das gesamte Kontingent von 20 Prozent auszuschöpfen, weil es in der Inneren Stadt einen großen Nutzungsdruck gibt", sagt ÖVP-Bezirksvorsteher Markus Figl bei der gemeinsamem Pressekonferenz mit Grünen-Chef Hirschenhauser, dem ÖVP-Vorsitzenden der Verkehrskommission Sebastian Gimbel, FPÖ-Klubobmann Markus Platt, Neos-Klubobmann Gregor Raidl und Karl Newole, Klubchef von der Bürgerliste "Wir im Ersten".

Man müsse sich vorstellen, dass 17.000 Bewohner 250.000 Menschen, die in die Innere Stadt einpendeln, gegenüberstehen, so Figl. Die Anrainerparkplätze hätten zu einer Verbesserung geführt. "Für uns ist es wichtig, Zahlen, Daten und Fakten auf dem Tisch zu haben und uns anzusehen, in welchen Gebieten wir die Anwohnerparkplätze weiterhin brauchen. Wir wollen auch das Signal aussenden, dass auch die Bewohner ihre Mobilität frei genießen können", sagt Figl.

Am Mittwochabend noch, wollten die Bezirksräte der ÖVP, der FPÖ, Grüne, Neos in der Bürgerliste im Bezirksparlament einen gemeinsamen Antrag einbringen, in dem Vizebürgermeisterin Vassilakou aufgefordert wird, keine Änderungen der Verordnung vorzunehmen bis die Stellplatz-Evaluierung im 1. Bezirk abgeschlossen ist.

"Wir wehren uns"

Aktuell sind in neun Bezirken - darunter die Innere Stadt, Leopoldstadt, Landstraße, Wieden, Mariahilf, Neubau, Josefstadt, Alsergrund und Meidling - 5000 Parkplätze für Anrainer reserviert. Das Gesetz sieht vor, dass bis zu 20 Prozent der Parkplätze als Anrainerparkplätze ausgewiesen werden können. In der Inneren Stadt gibt es 91 Straßenzüge mit Anrainerparkplätzen - 2000 von den 10.000 Stellplätzen sind exklusiv und rund um die Uhr für die Bewohner reserviert. Das Ergebnis der Evaluierung wird Ende des Jahres vorliegen.

"Es gibt drei Phasen, wir befinden uns derzeit in der ersten Phase. Im Februar, Mai, Juli und September wird von der MA67 drei mal am Tag - morgens, mittags und abends - die Auslastung der Anrainerparkplätze im ersten Bezirk evaluiert. Wir wollen wissen, an welchen Standorten der Nutzungsdruck am höchsten ist und wo wir Adaptierungen vornehmen müssen. Wir wissen, dass einige Anrainerparkplätze völlig überlastet sind, andere weniger", erläutert Sebastian Gimbel (ÖVP), der Vorsitzende der Verkehrskommission im 1. Bezirk.

Nach der Auswertung der 60 Datensätze sollen die Bewohner sowie Experten des ÖAMTC, der Parkraumüberwachung wie auch der Polizei eingebunden werden. Fix ist, die Innere Stadt wird die Anrainerparkplätze tagsüber nicht öffnen. "Wir wehren uns", sagt Figl, der weiters betont: "Wir sind auf dem Standpunkt, dass es Sache der Bezirke ist, die Verordnung umzusetzen oder nicht." Zum Missfallen von Vizebürgermeisterin Vassilakou, die laut APA-Aussendung zuversichtlich sei, dass es zu einer gemeinsamen Lösung kommen werde. Gleichzeitig stellte Vassilakou klar: "Eine Evaluierung hat es bereits gegeben." Es habe sich dabei gezeigt, dass viele der betreffenden Parkplätze tagsüber oft nicht benötigt würden. Und Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck befand am Mittwoch, dass es nicht sinnvoll sei, in einzelnen Bezirken eigene Regelungen zu schaffen.

Gegen Unternehmer-Parkkarte

Die Bezirksgrünen stellen sich nicht nur gegen die Öffnung der Anrainerparkplätze, sondern auch gegen die Vergabe der Parkkarten an Wirtschaftstreibende. In dieselbe Kerbe schlägt auch Daniela Ecker-Stepp von der SPÖ, die sich gegen eine Erleichterung der Parkkarte für Gewerbetreibende ausspricht. "Ich verstehe es, dass man den Unternehmern entgegenkommen möchte. Das würde aufgrund der Dichte der Gewerbebetreibe im Bezirk aber dazu führen, dass wir tausende Autos mehr hätten, die eine Parkkarte haben und die den ganzen Tag legal im Bezirk parken können", sagt Ecker-Stepp.

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz von ÖVP, Grüne, FPÖ, Neos und der Bürgerliste am Mittwoch blieb die SPÖ-Bezirksvorsteherin-Stellvertreterin jedoch fern. "Wir sind ganz klar gegen die Öffnung der Anrainerparkplätze. Aus unserer Sicht ist der höchste Parkplatzdruck im ersten Bezirk im Zeitraum zwischen 8 und 16 Uhr. Mit der Änderung werden die Anrainerparkplätze abgeschafft und die neue Verordnung würde für zusätzliche Verwirrung sorgen", sagt Ecker-Stepp zur "Wiener Zeitung".

Keine Freundschaft

Die SPÖ hat einen eigenen Antrag im Bezirksparlament gegen die Öffnung der Anrainerparkplätze eingebracht - der gemeinsame Antrag der anderen Fraktionen gehe Ecker-Stepp nicht weit genug. "Wir wollen nicht die Evaluierung abwarten. Wir wollten ein klares Statement und ein klares Zeichen vonseiten des Bezirks setzen", sagt sie.

Geht es nach Alexander Hirschenhauser, dem Klubobmann der Grünen, würden die Anrainerparkplätze im ersten Bezirk ausgebaut werden. "Die Bewohner müssen weniger Runden drehen, um einen freien Stellplatz zu finden - das bringt weniger sinnlos gefahrene Kilometer. Weniger frei verfügbare Stellplätze für Einpendelnde bedeuten, dass die Innenstadt verstärkt öffentlich oder mit dem Fahrrad angefahren wird statt mit dem eigenen Pkw. Dieses Erfolgskonzept mit Lenkungseffekten wollen wir als Grüne Innere Stadt nicht nur bewahren, sondern sogar ausbauen." Dass er und Vassilakou "keine Freunde mehr werden", wie es Hirschenhauser formuliert, ist auch kein Geheimnis.