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Erste Gehaltsreform seit 69 Jahren

Von Christian Rösner

Politik
Stimmung zwischen Freude und Skepsis im Amt für Weihnachtsdekoration. Die Bediensteten der Stadt erhalten ein völlig neues Besoldungsschema (im Bild Roland Düringer und Alfred Dorfer in der TV-Serie "MA 2412", die bald wieder auf ORFeins läuft).
© ORF/Milenko Badzic

Neues Gehaltssystem für Wien: Funktionsorientierte Entlohnung, 1670 Euro Mindestlohn, Wegfall des Nebengebührenkataloges.


Wien. Mit dem Beamtentum in Wien ist es nun endgültig vorbei: Am Freitag hat Personalstadtrat Jürgen Czernohorszky das neue Gehaltssystem für die Mitarbeiter der Stadt Wien präsentiert. Es soll im Herbst im Wiener Landtag beschlossen werden und 2018 in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt wird es bei der Stadt Wien nur noch Vertragsangestellte geben, Pragmatisierungen gehören damit definitiv der Vergangenheit an. Das trifft nun auch auf Feuerwehr-Mitarbeiter, Ärzte und "hoheitliche Führungskräfte" zu - Bereiche, in denen es zuletzt noch zwischen 60 bis 70 Pragmatisierungen gegeben hat.

Die Eckpfeiler der Reform lauten: Funktionsorientierte Entlohnung, flachere Gehaltskurven mit höherem Einstiegsgehalt, ein Mindestlohn von 1670 Euro - und der Wegfall des gesamten Zulagen- und Nebengebührenkataloges. Es werde auch keine Sonderverträge und keine All-in-Verträge mehr geben, betonte younion-Gewerkschaftschef Christian Meidlinger. Das gilt im Übrigen nur für alle Mitarbeiter, die nach Inkrafttreten der Reform bei der Stadt angestellt werden. Derzeit bestehende Dienstverhältnisse bleiben im alten System.

Aus für Senioritätsprinzip

Geeinigt haben sich SPÖ, Grüne und Gewerkschaft auch auf den Abschied vom Senioritätsprinzip, das bisher für die Gehaltshöhe der Bediensteten ausschlaggebend war. Das Prinzip lautete: Je älter, desto mehr Lohn. Hier wird nun auf eine funktions- bzw. leistungsorientierte Bezahlung umgestellt. Basis dafür bilde eine Funktionsbewertung, in der alle Faktoren, die bei der Ausübung der Tätigkeit relevant sind, berücksichtigt werden sollen.

Damit würden laut der grünen Gemeinderätin Barbara Huemer, die das Paket mitverhandelt hat, diverse Berufe aufgewertet, die bisher schlechtergestellt waren. Das betreffe vor allem Gesundheits- und Sozialberufe oder den Kindergartenbereich, weil hier im Gegensatz zum bestehenden System künftig die psychische Belastung adäquat zu körperlich fordernden Jobs abgegolten werden soll. "Das kommt vor allem den Frauen zugute, weil diese Jobs zum größten Teil weiblich besetzt sind", so Huemer, die im Zusammenhang mit der Besoldungsreform von einen Paradigmenwechsel in der Stadt sprach.

Derzeitige Regelung aus 1948

Laut Czernohorszky handelt es sich bei der Besoldungsreform um die größte in der 2. Republik - immerhin gehe die aktuelle Regelung auf das Dienstrechtsgesetz des Bundes aus dem Jahr 1948 zurück. Seit 2013 sei unter Einbindung der Sozialpartner an dem neuen Gehaltsschema gearbeitet worden. "Ein riesen Brocken Arbeit" sei das gewesen, betonte der Stadtrat. Ein riesen Brocken, den die Vorgängerin Czernohorszkys, die nunmehrige Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger, ins Rollen gebracht habe. Ein riesen Brocken Arbeit für ein großes Ziel: Czernohorszky will nämlich mit der Reform den größten Arbeitgeber Österreichs auch zum besten Arbeitgeber der Republik machen, wie er nicht ganz unbescheiden erklärte.

Die Details: Laut Meidlinger funktioniere das System derzeit so, dass sich in neun verschiedenen "Gehaltsbändern" alle Berufe wiederfinden müssen. Und das bei mehr als 260 Berufsgruppen und 60.000 Mitarbeitern in der Stadt. Der sehr komplexe Nebengebührenkatalog regelt dabei je nach Berufsgruppe das Gehaltsschema. "Künftig sind fünf Zuwendungsgruppen mit 26 Gehaltsbändern vorgesehen", erläuterte Meidlinger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung." Der Nebengebührenkatalog - laut Czernohorszky acht Zentimeter dick - wird zu Gänze abgeschafft.

Was sich die Stadt davon erwartet? Auf alle Fälle mehr Flexibilität im Einsatz der Personalressourcen, wie Czernohorszky erklärte. Auch die Durchlässigkeit und die interne Mobilität sollen sich durch die Reform erhöhen. Kostenmäßig würden die ersten Jahre aufgrund des höheren Einstiegsgehaltes teurer werden, aber auf lange Sicht soll die Besoldungsreform der Stadt Einsparungen bringen, hofft der Stadtrat.

Weniger Urlaub

Finanzielle Verluste für die Bedienstete seien keine zu erwarten - man habe versucht, die "Lebensverdienstsummen vom alten und vom neuen System "auszubalancieren", wie es die Bereichsdirektorin für Personal und Revision, Martina Schmied, ausdrückte.

Kleine Unterschiede räumte aber Meidlinger dann doch ein: So fällt etwa künftig die zusätzliche Urlaubswoche für "länger Gediente" weg. Im bestehenden System gibt es nämlich ab dem 57. Lebensjahr drei Tage und ab dem 60. noch einmal zwei Tage Urlaub extra. Künftig sind nur noch insgesamt 30 Urlaubstage pro Jahr vorgesehen. Auch den Abzug eines Urlaubstages, falls während der Urlaubszeit ein Feiertag auf einen Samstag fällt, werde es künftig nicht mehr geben, meinte der Gewerkschafter.

Beamtenpensionen bleiben

Einen unmittelbaren Reformbedarf bei den Wiener Beamtenpensionen sieht Czernohorszky im Übrigen nicht. Hier wird ja immer wieder seitens der Opposition kritisiert, dass das Wiener Modell zu großzügig sei und es an das des Bundes angeglichen werden sollte. Auf Nachfrage meinte der Stadtrat, es gehe ihm vielmehr darum, die Pensionen leistbar zu halten. "Wir wollen die Pensionen sichern und nicht rauben", so Czernohorszky. Und Meidlinger sprach von einem "Pensionsmärchen", das die Opposition gerne verbreite. "Tatsache ist, dass wir in Wien höhere Pensionssicherungsbeiträge haben als der Bund", so der Gewerkschafter.