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Studenten wollen Schiff auf dem Donaukanal besetzen

Von Bernd Vasari

Politik

Ehemaliger Dampfer soll zu einem Kunstraum umgewandelt werden, während die Stadt ihn pfänden will.


Wien. Abgewrackt ankert der einstige Stolz der k.u.k. Schifffahrt auf dem Donaukanal. Die Kommandobrücke des historischen Dampfers ist abgefallen und steckt senkrecht zwischen dem mächtigen Schornstein und dem Unterbau des Kabinenhäuschens. 2013 sperrten die Behörden das 164 Jahre alte Schiff wegen "Gefahr im Verzug". Seither verfällt es. Die Wände des Dampfers sind mit Graffiti übersät, die Fensterscheiben eingeschlagen, das Bild des namensgebenden Johann Strauss an der Außenwand ist verblichen. Die Stadt würde das Schiff am liebsten pfänden und danach verschrotten. Dafür müsste sie aber den seit Jahren geführten Prozess gegen den Besitzer gewinnen. Ein rechtskräftiges Urteil ist jedoch nicht in Sicht.

Nicht mehr länger warten wollen nun Studenten von der Akademie der Bildenden Künste. In den kommenden Tagen soll das Schiff besetzt werden, teilen sie der "Wiener Zeitung" mit. Ihre Forderung: Das Schiff soll zu einem Kunstraum zu Wasser oder zu Land umgewandelt werden.

"Jede Gesellschaftbenötigt Räume"

"In einer Zeit, in der tausende Menschen auf Schlauchbooten zur Flucht gezwungen werden, möchten wir die hohe Symbolkraft des Schiffs als Vehikel nutzen und einen offenen Ort zur Auseinandersetzung rund um das Thema Migration schaffen", heißt es von der Gruppe, die anonym bleiben will. "Gleichzeitig soll Geflüchteten die Möglichkeit gegeben werden, ihre Lebenswege in künstlerischer Form einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren."

Während der Besetzung wollen die Studenten mit Passanten ins Gespräch kommen, um Ideen für eine künftige Nutzung vorzustellen, aber auch zu sammeln. "Jede Gesellschaft benötigt Räume in denen unter freien Laborbedingungen etwas Neues entstehen kann", heißt es. "Die Erfahrung zeigt, dass solche Freiräume im Vergleich zu hochinstitutionalisierten Einrichtungen flexibler sind und Perspektiven öffnen, die im institutionellen Korsett nicht einmal denkmöglich wären."

Im besten Fall entscheidet das Gericht für die Pfändung durch die Stadt, sagen die Studenten, die einen Verein gründen und mit dem Rathaus verhandeln wollen. "Die Stadt hatte mit dem Schiff schon ausreichend finanzielle Scherereien und die Hoffnung ist groß, dass ein für alle Beteiligten zufriedenstellendes Nutzungskonzept gefunden werden kann." Das Geld für die Renovierung soll mittels Crowdfunding aufgestellt werden. Aufgrund der hohen Kosten wäre ein symbolischer Kaufpreis von einem Euro mehr als fair, befinden sie.

Stadt Wienwartet Prozessende ab

Vonseiten der Stadt wartet man erst einmal eine rechtskräftige Entscheidung eines Gerichts ab. Derzeit liegt der Fall beim Landesgericht für Zivilrechtssachen. Darf die Stadt das Schiff pfänden, soll es danach versteigert werden, erklärt Martin Jank, Geschäftsführer des zuständigen Wiener Gewässer Managements. Die Höhe des Versteigerungspreises werde letztendlich das Gericht nach einer Schätzung festlegen, sagt er.

Prozessgegner der Stadt ist Norbert Weber, der ehemalige Generalpächter der Copa Cagrana bei der Reichsbrücke. Seine Firma Boardwalk Entwicklungs GmbH habe Schulden bei der Stadt, aufgrund nicht bezahlter Gebühren, behauptet Jank.

Weber sagt dazu: "Man wird sehen, was bei Gericht rauskommt." Außerdem habe er das Schiff bereits verkauft, erklärt er der "Wiener Zeitung". "Wir haben die strittigen Rechte, so wie sie sind, alle weitergegeben." An wen, wollte er nicht verraten.

Vor Gericht streitet er mit der Stadt auch weiterhin, ob die Räumung der Copa Cagrana durch die Stadt rechtens war. 32 Gerichtsverfahren seien derzeit am Laufen, erklärt der ehemalige, langjährige Generalpächter.

Auch mit der Stadt Linz ist Weber in Konflikt. Sein Restaurantschiff kenterte vor mehr als sechs Jahren unter dubiosen Umständen. Wer die Kosten für die Bergung zahlt, müssen die Gerichte klären. Dass auch die "Johann Strauss" auf dem Donaukanal sinken könnte, ist laut Martin Jank hingegen unwahrscheinlich. Denn: "Die Wasserrechtsbehörde hat ein Auge darauf."