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Das Spiel mit der Gemeinnützigkeit

Von Christian Rösner

Politik

Die SPÖ hält daran fest, gemeinnützige Bauträger für Finanzinvestoren attraktiv zu machen.


Wien. Aufregung um den gemeinnützigen Wohnbau: Der erneuerte "Plan A" von SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern will nach wie vor Investoren in den gemeinnützigen Wohnbau bringen. In der "Vorlage für den SPÖ Bundesparteirat am 03.08.2017" heißt es auf der Homepage von Christian Kern: "Im Moment können institutionelle AnlegerInnen (wie Versicherungen) nur sehr eingeschränkt in gemeinnützige Wohnbauträger investieren, da solche Anteile nur eingeschränkt handelbar sind. Durch entsprechende Anpassungen könnte die Investition in gemeinnützige Wohnbauträger für institutionelle Anleger deutlich interessanter werden." Und: Eine Öffnung der Veranlagungsvorschriften für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge könnte auch mehr Mittel für leistbares Wohnen mobilisieren, heißt es.

"Die Sozialdemokratie will augenscheinlich Hunderttausende Sozialwohnungen zur Spielmasse der Finanzwelt machen", kritisierte Wiens FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus am Montag. Die SPÖ halte damit an ihrem Vorhaben fest, gemeinnützige Bauträger an Finanzinvestoren auszuliefern. "Das kommt einem politischen Anschlag auf eine wesentliche Säule der Daseinsvorsorge gleich", so Gudenus weiter.

"Unvereinbar mit Gemeinnützigkeit"

Auch der SPÖ-nahe Obmann der Gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) Karl Wurm zeigte sich verwundert: "Ich verstehe nicht, warum das jetzt wieder im Plan A drinnen steht" sagte er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er und viele andere sowohl vonseiten der SPÖ als auch der ÖVP hätten dieselbe Kritik wie Gudenus bereits vor Monaten deponiert. Es gebe sogar ein Rechtsgutachten, das die Vorhaben im Plan A eine Unvereinbarkeit mit dem bestehenden System der Gemeinnützigkeit feststelle.

Darum seien auch andere Lösungen erarbeitet worden, um Anreize für Eigentümer zu schaffen, die Eigenkapital investieren wollen. Offensichtlich sei das von "irgendwelchen Marketingmenschen" wieder aus dem ursprünglichen Plan übernommen worden. Anders könne er sich das nicht erklären, meinte er. "Wenn das aber wirklich geplant wäre, dann bedeutet das à la longue das Untergraben der Wohnungsgemeinnützigkeit", betonte Wurm.

Wenn man Anteile handelbar macht, würde das laut Wurm nämlich bedeuten, dass der Kaufpreis für ein gemeinnütziges Unternehmen nicht mehr das eingezahlte Stammkapital ist, sondern der Gesamtbetrag bestehend aus steuerbefreit gebildeter Gewinne, steuerbefreit gebildeter Rücklagen minus allfälliger Verluste. "Das ist ein ungleich höherer Betrag. Wenn jemand so viel Geld in die Hand nimmt, dann muss er das Geld wieder erwirtschaften. Und das bedeutet in letzter Konsequenz Mietverteuerung und das Ausschöpfen aller Potenziale, die in den Wohnungen und Häusern stecken", so Wurm. In Tirol etwa habe die privatisierte Buwog 1700 Wohnungen an einen Finanzinvestor verkauft und es hat Mieterhöhungen gegeben - was ursprünglich nie geplant gewesen war. "Das war auf jeden Fall gegen die Intention, die Gemeinnützigen zu stärken", so Wurm.

Eine erste Reaktion vom Vorsitzenden im Wiener Wohnbauausschuss, Kurt Stürzenbecher (SPÖ), brachte vorerst keine Klarheit in der Sache: "Dass uns die FPÖ einen Vorwurf in Sachen Wohnbau machen will, ist eine Farce. Der soziale Wohnbau ist seit jeher unsere Kernkompetenz", so Stürzenbecher. Das System der Wohnbauförderung garantiere sowohl die soziale Durchmischung als auch die Leistbarkeit für Wohnungen. Eine Tradition, die sich auch im Plan A wiederfinde. "Der Plan A hat als erklärtes Ziel, die Mieten für alle Österreicherinnen und Österreicher möglichst gering zu halten. Die Praxis zeigt uns, wofür die Parteien stehen: Mit der SPÖ kriegt Österreich sozialen Wohnbau, unter Schwarz-Blau einen neuen Buwog-Skandal", so Stürzenbecher in einer Aussendung.

Neuer Gesetzesentwurf liegtim Wirtschaftsministerium

Aufschlussreicher dann die Antwort von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler: "Der Text im Programm bleibt aufrecht, weil ein fertiger Gesetzesentwurf vorliegt, der es ermöglicht, dass die Bauträger mehr Kapital zur Verfügung haben - ohne, dass die Gemeinnützigkeit verloren geht." Dieser Entwurf sei mit allen Beteiligten - gemeinnützige Bauträgern, Versicherungen und Wirtschaftsministerium - ausgearbeitet worden. Darin sei auch festgehalten, dass Renditen nicht überschritten werden dürfen und keine Gewinnmaximierung stattfinden können, versicherte Niedermühlbichler. Der Text sei eine Forderung der SPÖ - und der Gesetzesentwurf werde sie ermöglichen.