Wien. Der Wahlerfolg der Grünen machte es möglich. Mit einem Plus von 13,75 Prozent erreichte die Partei 32,55 Prozent der Stimmen im 7. Bezirk Neubau. Damit lagen sie vor allen anderen Parteien und stellten zum ersten Mal einen Bezirksvorsteher in Wien. 16 Jahre ist Thomas Blimlinger seither im Amt. Anfang November soll er nun zurücktreten, wie die "Wiener Zeitung" aus internen Kreisen erfuhr. Nachfolgen soll ihm Markus Reiter, Geschäftsführer und Mitbegründer der Obdachenlosenhilfe Neunerhaus. Blimlinger hält sich darüber bedeckt. Der Wahlkampf stehe nun im Vordergrund, sagt er der "Wiener Zeitung".
Sakko über weißem Hemd, zerzaustes Haar, Fahrrad. Blimlingers Erscheinungsbild vereint die grundlegenden Wesenszüge der grünen Partei. Ein bisschen bürgerlich, ein bisschen unangepasst, umweltfreundlicher Lebensstil. Das wirkte sich auch auf seine politische Arbeit aus. Radikale Maßnahmen lehnte er ab. Stattdessen lieber ein paar sanfte Adaptionen, wie er selbst sagte.
Der Bezirk baute Radwege, 30er Zonen, pflanzte Bäume, gestaltete Vorplätze, schaffte mehr Freiraum für Kinder und Jugendliche. Das gefiel der Wiener Bohème. Heute gilt Neubau als der klassische Bobo-Bezirk von Wien. Kleine, schicke Cafes mit bio-zertifiziertem Kaffee, Boutiquen mit Mode aus Designerhand, Vintage-Shops mit Möbel aus Fairtrade-Holz.
Weniger sanft war der Umbau der Shoppingmeile Mariahilfer Straße, der in seine Zeit fiel. Blimlinger unterstützte zwar das Vorhaben, die Initiative ging aber von seiner Wiener Parteichefin Maria Vassilakou aus. Und der Mariahilfer Bezirksvorsteher-Kollegin Renate Kaufmann (SPÖ).
Im Bezirk bekannt war Blimlinger schon vor seiner Tätigkeit als Bezirksvorsteher. Bereits während seines Volkswirtschaft-Studiums übernahm der gebürtige Neubauer die Trafik seines Vaters in der Siebensterngasse. Hier traf man sich zum Plaudern und Politisieren. "Bezirkssozialzentrum" nannte Blimlinger seinen damaligen Arbeitsplatz.
Protest in Hainburg
Sein politisches Engagement begann 1986 in der Bezirksgruppe Neubau der neu gegründeten grünen Partei. Zuvor gehörte er der Protestbewegung an, die sich gegen die Verbauung der Donauauen in Hainburg aussprach. Übernachtet hat er dort aber nicht.
1991 wurde er Bezirksrat und 1996 Klubobmann der Grünen in der Bezirksvertretung. Von 1991 bis 1995 war er Bundesfinanzreferent. 2001 gewann er mit den Grünen die Bezirksvertretungswahl und war fortan Bezirksvorsteher. Bei der folgenden Wahl erhielt er sogar 45 Prozent, 2015 waren es 41 Prozent.
Er wolle kein Adolf Tiller werden, sagte Blimlinger immer wieder während seiner Amtszeit. Tiller ist seit knapp 40 Jahren ÖVP-Bezirksvorsteher in Döbling. Eine Ankündigung, die nun wahr wird.
Nachfolgen soll ihm Markus Reiter, seit 2001 Bezirksrat in Neubau. Seit dem Jahr 2006 ist er zudem Vorsitzender der Sozial-, Freizeit und Sportkommission im Bezirk. Reiter arbeitet als Geschäftsführer im Obdachlosenprojekt Neunerhaus, das er auch mitbegründet hat.
In drei Häusern – in der Hagenmüllergasse, Billrothstraße, Kudlichgasse wird 450 Obdachlosen Wohnraum, sowie allgemein- und zahnmedizinische Versorgung zu Verfügung gestellt. Bei Bedarf wird sozialarbeiterische Begleitung angeboten, die Bewohner leben mit eigenem Wohnungsschlüssel, Besuchsmöglichkeiten, Haustiere und kein Alkoholverbot. Außerdem können obdachlose Menschen ihre Tiere in der tiermedizinischen Versorgungsstelle des Neunerhauses behandeln und untersuchen lassen.
Bereits während des Studiums hatte Markus Reiter sich sozial- und gesellschaftspolitisch engagiert. Er war stellvertretender Vorsitzender der Hochschülerschaft an der Uni Linz und Mitbegründer von SOS Mitmensch Oberösterreich.
Umbau im Büro von Vassilakou
Einen grünen Wechsel gibt es auch im Büro von Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou. So verlässt Büroleiterin Claudia Smolik das Stadtratsbüro. Auf sie folgt die Währinger Bezirksrätin und Landesvorständin Meri Disoski. Sie ist seit 2014 bei den Grünen und war Geschäftsführerein des Vereins Wirtschaft für Integration.
Auch Pressechef Patrik Volf verlässt die Stadträtin. Er wechselt ab Oktober in den Presse- und Informationsdienst (PID) der Stadt. Ulli Kittelberger wird ihn ersetzen. In der Position hat die ehemalige Journalistin bereits Erfahrung. Von 2014 bis 2016 leitete sie die grüne Kommunikation.