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Schönheitskur

Von Alexandra Laubner

Politik
Anstelle der desolaten Garage am Handelskai 214 soll bis 2020 ein neuer Gemeindebau entstehen.
© Jenis

Mit den am Mittwoch präsentierten Plänen zu den neuen Gemeindewohnungen am Handelskai ist die SPÖ ihrem Prestigeprojekt einen Schritt näher gerückt, einen kleinen. Denn von 4000 Wohnungen sind erst 450 auf Schiene.


Wien. Handelskai 214. Eine 400 Meter lange Gemeindebau-Festung in der Leopoldstadt vis-à-vis der Donauinsel. 1038 Wohnungen, die Mitte der 1970er Jahre errichtet wurde. "Der Grundgedanke des Roten Wien aus den 1930er Jahren sollte wieder in den Mittelpunkt gerückt werden", lautete damals die Prämisse. Die Wohnhausanlage mit der markant weiß-gelben Fassade zwischen Handelskai und Engerthstraße soll die Renaissance des Wiener Gemeindebaus einläuten, damals vor 40 Jahren wie auch heute.

Denn dort, wo sich derzeit eine desolate Garage mit 730 Stellplätzen befindet, entstehen 290 neue Gemeindewohnungen. Eine Schönheitskur für das 19.000 Quadratmeter große Areal und die gesamte Umgebung. Bis Juni 2018 ist der Abriss der Garage geplant.

Die neue Garage wird zwei unterirdische Geschoße sowie ein oberirdisches Geschoß aufweisen. Es werden 700 Stellplätze sowohl für den alten wie auch den neuen Gemeindebau errichtet. Die jetzige Garage weist 732 Stellplätze auf. Der Baubeginn der neuen Leopoldstädter Gemeindewohnungen steht für Ende 2018 am Plan, im Dezember 2020 soll die Wohnhausanlage fertig sein.

"Das Korsett imWohnbau ist eng"

Der Gemeinderatsbeschluss erfolgte Ende September. "Es ist ein stimmiges Projekt und es entspricht aufgrund der vielen Gemeinschafteinrichtungen, wie der Gemeinschaftsküche oder dem Kinderspielplatz, der Philosophie des Wiener Gemeindebaus. Mit seinem anspruchsvollen Konzept an Freiflächen und Gemeinschaftseinrichtungen folgt es aber auch dem Prinzip ,Luft, Licht, Sonne‘ des Gemeindebaus des roten Wien der ersten Republik", betont SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig bei der am Mittwoch stattfindenden Präsentation der neuen Leopoldstädter Gemeindewohnungen.

Für die 1- bis 5-Zimmer-Wohnungen zwischen 37 und 100 Quadratmeter ist eine Brutto-Miete von 7,50 Euro veranschlagt. Keine Eigenmittel, keine Kaution, keine Befristung - so lauten die Kriterien der neuen Gemeindewohnungen.

"Das Ziel ist es, besonders kostengünstigen Wohnraum zu errichten. Das Korsett im Wohnbau ist eng, die Kostensituation im Gemeindebau nochmals eine verschärfte. Aber man muss es sportlich sehen. Für uns Architekten ist es eine Herausforderung, uns zu überlegen, wie man trotzdem Qualität für die Bewohner schaffen kann. Der Wohnbau ist die Königsdisziplin der Architektur, weil die Ausgangssituation eine komplexe und schwierige ist. Wir bauen auch für Menschen, die wir nicht kennen", erklärt Peter Sapp von "Querkraft" - das Architekturbüro ging als Sieger des zweistufigen Architekturwettbewerbs hervor.

"Im Eigentumder Stadt Wien"

Ein wichtiges Detail des Konzeptes, das mit dem im Sommer verstorbenen ehemaligen SPÖ-Leopoldstädter Bezirksvorsteher Karlheinz Hora festgelegt wurde: Den Bewohnern des alten Gemeindebaus soll die Sichtachse zur Donau nicht versperrt werden.

Die Gemeindewohnungen Neu sind hundert Prozent im Eigentum der Wiener Gemeindewohnungs-Baugesellschaft (Wigeba) und damit im Eigentum der Stadt Wien. An der Wigeba sind zu 51 Prozent die zur Wien Holding gehörende Gemeinnützige Siedlungs- und Bau AG (Gesiba) und zu 49 Prozent Wiener Wohnen beteiligt. Sie war auch Ausloberin des zweistufigen Architekturwettbewerbs.

Das politische Ziel ist ambitioniert: Bis 2020 sollen 4000 Gemeindewohnungen neu auf Schiene sein. Bis dato sind aber nur die Details von vier Projekte mit insgesamt 450 Wohnungen bekannt: Jene von den 120 Gemeindewohnungen, die auf dem Areal der ehemaligen AUA-Zentrale in der Favoritner Fontanastraße entstehen. Der im Sommer 2017 geplante Baubeginn verschiebt sich auf Mitte November, die Fertigstellung ist Mitte 2019 vorgesehen.

Projekt Nummer zwei: Für den Gemeindebau Stumpergasse (6. Bezirk) mit 60 Wohnungen wartet man auf die Umwidmung.

Projekt Nummer drei: Mit den 100 geplanten Wohneinheiten am Emil-Behring-Weg (12. Bezirk) beschäftig sich derzeit der Grundstücksbeirat.

Projekt Nummer vier: die 290 Wohnungen am Handelskai 214 in der Leopoldstadt.

"Wir sind im Express-Tempo unterwegs"

Das Prestige-Projekt der Wiener SPÖ lässt aber auf sich warten, kritisiert unter anderen der "Kurier" in seiner Dienstagsausgabe. Wigeba-Direktor Ewald Kirschner sieht das nicht so. "Wir sind im Express-Tempo unterwegs. Die zwei, drei Monate, die sich beim Baubeginn in der Fontanastraße verzögern, können wir wieder einholen. Wir stehen ein paar Wochen vor dem tatsächlichen Baubeginn. Es ist eine sehr komplexe Angelegenheit, denn in der Fontanastraße in Favoriten handelt es sich insgesamt um sechs Bauplätze."

Laut Kirschner sind 3500 von den geplanten 4000 neuen Gemeindewohnungen auf Schiene. "Wir arbeiten an den Details der letzten 500 Wohneinheiten", sagt Kirschner und nennt das Gaswerk Leopoldau im 21. Bezirk, das sich in der Baubewilligungsphase befindet, den Eisring Süd, der sich in der Vorbereitung für den Grundstücksbeirat befindet, das Seebogen-Quartier in der Seestadt Aspern und das Wohnbauprojekt "Wildgarten" in Meidling.

Die "Gemeindebauten Neu" wurden übrigens im Februar 2015 bei der der SPÖ-Klubtagung verkündet. SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl kündigte an, dass Wien nach elf Jahren wieder Gemeindewohnungen baut.