Es ist noch einmal gut gegangen. Wie schon bei den Wahlen zuvor rief Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) das Duell um Wien aus. Gefährlich nahe lag die FPÖ rund um Widersacher Heinz-Christian Strache in den Umfragen. Häupl setzte in diesem Herbst vor zwei Jahren jedoch nicht auf sozialdemokratische Themen wie Arbeit, Wohnen und Bildung. Sondern ließ sich voll und ganz auf das FPÖ-Thema Ausländer ein. Strache warnte vor einer "neuen Völkerwanderung", Häupl inszenierte sich als Helfer in Not.

Als kurz vor der Wahl täglich Tausende Flüchtlinge am Westbahnhof landeten, ging eine riesige Welle der Solidarität durch die Stadt. Vor allem Menschen aus bessergestellten Bezirken halfen an den Gleisen - und wählten die SPÖ. Das Duell war entschieden, die FPÖ konnte um knapp neun Prozentpunkte geschlagen werden. Häupl ging als lachender Sieger vom Platz. Einmal mehr funktionierte seine Strategie. Mit Wiener Schmäh positionierte er sich als Bollwerk gegen rechts – und gewann.

Die Mischung aus FPÖ-Gegenspieler und nonchalantem Wortwitz wurde Häupls Einserschmäh in 25 Jahren Parteivorsitz der Wiener SPÖ. Sie war die Klammer mit der er die Partei zusammenhielt, mit der er die Genossen im Wahlkampf mobilisierte. Mit roter Krawatte, weißem Hemd und schwarzem Sakko schwörte er seine Parteifreunde auf den blauen Erzfeind ein. Man müsse der FPÖ nur zu hören, um sie zu enttarnen, erklärte er gerne: "Die Ausländer sind schuld. Und bevor die nicht weg sind, kann man eigentlich gar keine Sozialpolitik machen." Für alle Genossen, die es nicht verstanden haben oder gar mit diesen Gedanken der FPÖ liebäugelten, fügte er in breitem Dialekt hinzu: "Blöder geht’s nimmer." Applaus.

Geboren im niederösterreichischen Altlengbach wuchs Häupl in konservativem Umfeld auf. Der Lehrersohn absolvierte das Gymnasium in Krems und war nebenher Sprecher der schlagenden Schülerverbindung Rugia. Bald trat er jedoch wieder aus. In Wien studierte er Biologie und Zoologie und wurde Mitglied der SPÖ. Von 1975 bis 1978 war er Bundesvorsitzender beim Verband Sozialistischer Studenten Österreichs (VSStÖ), danach in diversen Funktionen in der Jungen Generation der SPÖ. Bürgermeister Helmut Zilk holte Häupl ins Rathaus und machte ihn zum Umweltstadtrat. Zehn Jahre später war Häupl SPÖ-Vorsitzender, ein Jahr darauf Wiener Bürgermeister.

Mit Schnauzer und Wampe

Grantelnd, fahrig, hemdsärmelig präsentierte sich Häupl der Wiener Bevölkerung. Mit Vorliebe für fettgetränkte, fleischige Imbisse und Spritzwein. Mit Schnauzer und Wampe wirkte er wie aus der Zeit gefallen. Häupl auf dem Fahrrad oder mit dem Finger über ein Smartphone wischend: undenkbar. Seine Welt war Wirtshaus, Heuriger, Würstlstand. In einem Spot als Würstlstandverkäufer atmet er tief ein und fächelt sich mit beiden Armen die fleischgetränkte Luft zu. Kunden, die weder Bier noch Wein bestellen, herrscht er an: "Wollt ihr kein Bier, heast, was isn des?!?"

Ist Häupls Image gekonnte Politikinszenierung oder nur noch Karikatur? Fest steht: Wie er die Stadt zukunftsfit machen will, weiß niemand. Häupl muss darauf auch keine Antworten mehr finden. Am Samstag tritt er als Parteivorsitzender zurück, wenige Monate später wird er auch das Amt des Bürgermeisters übergeben.

Häupl gegen Ausländer im Gemeindebau

Als er 1993 Parteichef wurde und Zilk ein Jahr später als Bürgermeister nachfolgte, war Häupl noch eine graue Maus. Kaum einer traute ihm zu, in die großen Fußstapfen seines schillernden Vorgängers zu treten. Häupl legte mit vollem Eifer los. Das Kunstzentrum Museumsquartier, Hochhäuser Donau City, der Ausbau der Öffis, Längere Ladenöffnungszeiten. Seine Rolle als Verteidiger gegen rechts hatte er da aber noch nicht eingenommen. In Diskussionen und Interviews wehrte er sich gegen die Vergabe von Gemeindewohnungen an Ausländer. "Die Bewohner wollen das nicht", erklärte er. Eine Befragung gab es nicht.

Doch so sehr sich Häupl ins Zeug legte, so sehr entfernten sich seine Wähler. Bei Häupls ersten Wien-Wahl 1996 verlor die SPÖ die absolute Mehrheit. Mit einem Minus von neun Prozentpunkten landete die Partei sogar unter der 40 Prozent-Marke. "Es war zweifelsohne die größte Niederlage in meiner gesamten Amtszeit", sagt er heute rückblickend zu "Wiener Zeitung". "Das Absinken unter 40 Prozent war ein arger Treffer. Wir mussten uns danach am eigenen Zopf herausziehen."

Häupl änderte seine Strategie. Josef Kalina, damals für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, erinnert sich: "Häupl hat sich das gemütliche Fiakerbild zurecht gelegt." Ein Erscheinungsbild, das laut Kalina aber gar nicht zu ihm passte. "Bevor er Bürgermeister wurde, lief er als Linksintellektueller mit Clogs-Patschen durch die Stadt." Doch Häupl hat sich seinem neuen Image untergeordnet. "Mit Volksverbundenheit und Schmäh hat er einen Draht zu den Wienern gefunden", sagt Kalina.

Unterstützung erhielt Häupl durch den Boulevard, der durch Inserate der Stadtregierung gefüttert wurde. Er hat damit die Politik seines Vorgängers fortgesetzt. "Ich habe viel von Zilk gelernt in der Öffentlichkeitsarbeit", erklärte Häupl einmal dem "Profil". Doch, es war nicht nur der Boulevard, der Häupls Inszenierung getragen hat. Auch Journalisten aus niveauvolleren Medien ließen sich von Häupls Masche einwickeln. Bei seinen Audienzen im Roten Salon des Rathauses warteten sie sehnsüchtig auf den ersten Sager, den ersten Schmäh, mit dem sie ihre Seiten füllten. In den Redaktionen unterhielten sie mit seinen Sprüchen ihre Kollegen. Gerne griffen sie auch zum Spritzwein, den Häupl bei Interviews kredenzte, und stießen mit ihm an. Die kritische Nachfrage blieb jedoch oft auf der Strecke.

Schwarz-Blau als willkommener Gegner

Als dann Wolfgang Schüssel (ÖVP) mit Jörg Haider (FPÖ) auf Bundesebene eine Koalition bildete, stilisierte Häupl die FPÖ zum Erzfeind. Neben dem Fiaker-Schmäh sein zweiter Kniff. Seine Haltung gegen Ausländer im Gemeindebau gab er auf. Er wehrte sich nicht, als eine EU-Richtlinie die Gleichbehandlung forderte. "Die Umsetzung der Richtlinie stellt nicht wirklich ein Problem", sagte er damals.

Es funktionierte. Bei den Wien-Wahlen 2001 und 2006 konnte er zweimal die absolute Mehrheit gewinnen. Doch auch nach dem Ende von Schwarz-Blau hielt Häupl an seiner Strategie fest. Nur sie zog immer weniger. Bei den Wien-Wahlen 2010 verlor Häupl die Absolute. 2015 fiel die SPÖ erstmals nach 1996 wieder unter 40 Prozent. Im Unterschied zum Wahlfiasko in den Neunziger Jahren wurde das Ergebnis jedoch als Sieg gefeiert. Was war passiert?

Mit dem bedingungslosen flüchtlingsfreundlichen Kurs im Wahlkampf verteidigte Häupl zwar Platz eins vor der wieder erstarkten FPÖ. Viele Stammwähler kehrten den Roten jedoch den Rücken zu. Vor allem in den Flächenbezirken an den Rändern der Stadt verlor die SPÖ so viele Stimmen wie noch nie. Die Stimmen wanderten dabei ausgerechnet zu Häupls Erzfeind. In Simmering und Floridsdorf wählten mehr Bewohner die FPÖ, als die SPÖ. Das gab es vorher noch nie. Die unteren und mittleren Einkommensschichten fühlten sich vom flüchtlingsfreundlichen Kurs nicht angesprochen. Ihre Frage, warum jemand, der neu im Land ist, den gleichen Anspruch auf eine Mindestsicherung hat, wie ein Alteingesessener, der jahrzehntelang Abgaben zahlte, wurde von der SPÖ nicht beantwortet. Gewählt wurde Häupl von vielen Grün-, Neos- und Nichtwählern. Aber nicht, weil sie für Häupl waren, sondern, weil sie Strache verhindern wollten.

Wie schwer sich die SPÖ mit ihrer Position tat, die ihre Stammwähler nicht mehr ansprach, wurde bereits wenig später sichtbar. Vor allem Genossen aus den Flächenbezirken wollten den Kurs nicht mehr mittragen. Als sich Häupl ein halbes Jahr nach der Wahl hinter Bundeskanzler Werner Faymann stellte - der erklärte, dass Österreich "nicht alle Asylwerber aufnehmen" könne, brachen interne Gräben auf, die sich in den Jahren zuvor immer tiefer in die Partei gegraben hatten.

Interne Gräben brechen auf

Auf der linken Seite stehen die Vertreter der inneren Wiener Bezirke. Sie treten gegen die Verschärfung von Asylgesetzen auf und betonen die positiven Aspekte von Migration. Auf der rechten Seite der roten Reichshälfte stehen die großen Flächenbezirke, auch Tangentenbezirke genannt. Hier zeigt man sich skeptisch gegenüber Zuwanderung. Nur noch mit Mühe konnte Häupl die Partei seither zusammenhalten. Die grundlegende Frage, ob eine Koalition mit der FPÖ denkbar wäre, wurde bis heute nicht gelöst.

Doch warum verlor das Schreckgespenst FPÖ seine Unheimlichkeit bei einem großen Teil der Wähler? Warum wurde Strache für viele, die ursprünglich SPÖ wählten, sogar zum Hoffnungsträger? Warum zieht Häupls Schmäh gegen Rechts nicht mehr bei ihnen?

Die SPÖ-Wähler sind sich größtenteils einig, dass die Genossen in der Vergangenheit einen wesentlichen Anteil am heutigen Wohlstand haben. Es gibt in der Stadt rund 220.000 Gemeindewohnungen, ein soziales Netz, man hat Anspruch auf fünf Wochen Urlaub. Doch wie geht es weiter? Welches Angebot hat die SPÖ für die Zukunft?

Bei diesem Gedanken sinkt das Vertrauen in ihre Partei. Es sind Wähler, für die das digitale, globale Leben vor allem Nachteile bringt. Ihre Jobs wandern in den Computer oder ins billigere Ausland. Sie spüren, dass ihr Lebensmodell mit den international vernetzten, smartphonegesteuerten Menschen nicht mithalten kann. Sie fühlen sich ohnmächtig und haben Angst vor dieser Entwicklung, in die das Bild der heilen weißen Welt mit Auto, Vollbeschäftigung und Job für das ganze Leben, nicht mehr passt.

Die Ohnmacht der Stammwähler

Bedient wird diese Ohnmacht und Angst von Rechtspopulisten wie der FPÖ. Die Gefühle dieser Abgehängten werden in Wut umgewandelt. Es geht ihnen dabei nicht um gerechtere Verteilung, sondern sie spielen gesellschaftliche Gruppen gegeneinander aus. Das Spiel funktioniert.

Häupls Antwort darauf? Er poltert weiter gegen die FPÖ. Nach der Nationalratswahl im vergangenen Herbst sagte er vor Anhängern: "Mit der Partei mach ma einen Dreck." Doch für die Abgehängten kann die blaue Politik nicht blau genug sein.

"Es war ein schwerer Fehler, den Scheinwerfer auf die FPÖ zu richten, denn dadurch ist mehr für die FPÖ abgefallen, als auf die SPÖ", sagt Nikolaus Kowall. Der ehemalige Vorsitzende der Sektion 8 aus Alsergrund gehörte zu den großen Nachwuchshoffnungen in der Partei, bis er das Handtuch schmiss und nach Deutschland ging. Die Konfrontation mit der FPÖ als identitätsstiftendes Moment hat die eigenen inhaltlichen Schwächen überdeckt, sagt er. "Es ist immer besser, seine eigenen Themen voranzustellen, als gegen den anderen zu sein." Er sieht jedoch dramatische Defizite und Orientierungslosigkeit in der Partei.

Als Vorsitzender der Sektion 8 hat er mit seinen Mitstreitern versucht, inhaltliche Akzente zu setzen. Selten kam er damit durch. Beim Landesparteitag 2011 landete die Sektion jedoch einen Coup. Auf ihren Antrag hin wurde gegen den Willen der Parteispitze das Ende des kleinen Glücksspiels durchgesetzt. Für Häupl ein Akt der Majestätsbeleidigung. "Es ist gesickert, dass revolutionäre Beschlüsse das eine sind, die reale Wirklichkeit das andere", polterte er. Still und heimlich wollte er das kleine Glückspiel in abgespeckter Form weiterführen. Als die Öffentlichkeit davon erfuhr, musste er zurückrudern.

Für Kowall war die Chance auf eine Parteikarriere jedoch verspielt. "Als Rebell kriegst du kein Mandat, kommst nicht auf die Liste und wirst nicht Bezirksvorsteher oder irgendetwas", erklärte Josef Kalina einmal in der "Wiener Zeitung". Kowall schmiss bald darauf das Handtuch und ging nach Deutschland.

"Die SPÖ repräsentiert kein Milieu mehr"

Eine Partei sollte in der Bevölkerung verankert und nicht wie eine private Firma geführt werden, sagt Kowall. "Die SPÖ repräsentiert kein Milieu, sondern nur sich selbst. Sie braten im eigenen Saft." Eine Öffnung nach außen habe Häupl aber nie interessiert.

Viel wichtiger war die Inszenierung des Bürgermeisters. Polternde Worte, flotte Sager, witzige Sprüche. Jedoch oft auch ohne Nachdruck. So brach er eine Volksbefragung um die Wehrpflicht vom Zaun. Junge Wähler, die nicht den Wehrdienst antreten wollten, sollten ein halbes Jahr vor der Gemeinderatswahl 2010 angesprochen werden. Die Befragung drei Jahre später verlor Häupl. "Es hilft nicht nur das bürgermeisterliche Wort und alle folgen dir, sondern du musst die Überzeugungsarbeit leisten", sagt dazu Josef Kalina.

Auch Häupls Lehrer-Sager ging daneben. "Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, dann bin ich am Dienstag fertig", macht er sich über einen ganzen Berufsstand lustig. Die undurchsichtigen Vorgänge rund um die Privatisierung des Semmelweis-Areals tat er als "Raubersgschicht" ab.

Doch auch die eigene Partei wurde von der Selbstbezogenheit Häupls in Mitleidenschaft gezogen. Er führte sie damit an den Rand der Zerrissenheit, als er zusah, wie sich zwei Lager bildeten. Anstatt ein - von beiden Seiten gefordertes - Machtwort zu sprechen, heizte er die Debatte weiter an. So kündigte er mitten im Nationalratswahlkampf seinen Rücktritt an und entfachte damit eine Nachfolgedebatte in der Wiener SPÖ, der stärksten Organisation der SPÖ. Der wahlkämpfende Bundeskanzler Christian Kern musste sich daraufhin mit Fragen zu den beiden Lagern beschäftigen. Michael Ludwig, als Vertreter des rechten Lagers, gab noch im Wahlkampf seine Kandidatur bekannt. Was bleibt von Michael Häupl?

Ökonomisch wurde Wien in Häupls Amtszeit von einem Produktionsstandort zu einer Dienstleistungsstadt. "Viele Industrieplätze sind abgewandert", sagt Kalina. Die Transformation sei aber gut gemeistert worden. Auch der soziale Zusammenhalt sei weit besser gelungen, als etwa in London oder in Paris. Kalina verweist auf die Gemeindebauten Rennbahnweg und Schöpfwerk. "Das hätte kippen können. Es wurde aber rechtzeitig mit sozialen Einrichtungen gegengesteuert", erklärt Kalina. "Nogo-Areas gibt es heute nicht in Wien." Häupl könne zwar keine Leuchtturmprojekte vorweisen, "aber die Steuerung einer Metropole mit einer derart rasanten Entwicklung, ist ihm gelungen", sagt Kalina.

Der härteste Brocken war für Häupl die Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008. "Wir hatten plötzlich eine Milliarde Euro weniger Einnahmen", sagt er der "Wiener Zeitung". "Trotzdem mussten wir das Investitionsniveau aufrechterhalten, denn nur so kann die Wirtschaft angekurbelt und die Arbeitslosigkeit gesenkt werden." Stolz ist Häupl auf seine aktive Stadtaußenpolitik. "Wien hat einen tollen Ruf im Ausland."

Kritikern hält er gerne Wiens erfolgreiches Abschneiden bei diversen Studien über die Lebensqualität in Städten entgegen. Allen voran die "Quality of Living"-Studie des internationalen Beratungsunternehmens Mercer, wo Wien seit 2009 von insgesamt 230 Großstädten weltweit Platz 1 belegt. "Der Wiener Weg, den wir – also Bürger, Stadtverwaltung und Wirtschaft – gemeinsam gehen, ist ein weltweit einzigartiges Erfolgsmodell", schwärmt der Bürgermeister.

Der Schmäh mit der lebenswertesten Stadt

Für Kalina ist das zu wenig. "Was in Wien zu lange passiert ist, ist das Schönreden. Das halten immer weniger Leute aus. Sie wenden sich ab, weil sie sagen, dass die SPÖ sie nicht versteht." Vor allem die Menschen in den Außenbezirken entfremden sich von der Partei. Und die Partei entfremdet sich von den "Normalos", wie Kalina sagt. Dass sich die SPÖ mit der lebenswertesten Stadt brüstet, zeigt, wie weit die Genossen mittlerweile von ihrer Stammklientel weg sind. "Wenn wir dauernd erzählen, wie super wir wieder in der Studie abgeschnitten haben, dann antworten die Normalos in den Außenbezirken: Ja, du vielleicht, aber ich nicht."

Genauso verhält es sich laut Kalina mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl. Es habe sich in gewissen Bereichen ein Gefühl der Angst verbreitet. So würden sich immer weniger Menschen trauen, mit der U-Bahnlinie U6 zu fahren. "Als Politiker muss ich handeln und kann nicht einfach auf die Statistik verweisen, die belegt, dass die U6 eh sicher ist."

Häupls Fiaker-Schmäh und sein Anti-FPÖ-Kurs haben nach außen großteils funktioniert. Innerhalb der Partei hat sich jedoch kaum etwas bewegt. "Was viele Sozialdemokraten nicht verstanden haben ist, dass du die Leute immer wieder neu gewinnen musst, bei jeder Wahl", erklärt Kalina. "Die familiären Bindungen – ich habe immer rot gewählt – das ist vorbei."

In einem digitalen und globalen Zeitalter muss die Wiener SPÖ eine neue gesellschaftliche Vision für die Zukunft anbieten. So wie damals im 19. Jahrhundert, als Arbeiter unter menschenunwürdigen Bedingungen lebten. Dafür müssen sich die Genossen jedoch aufraffen, um die innerparteilichen Beharrungskräfte zu lösen.

Am Samstag werden beim außerordentlichen Landesparteitag 981 stimmberechtigte Delegierte über die Nachfolge von Michael Häupl entscheiden. Zur Wahl stehen Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und Parlamentsklubobmann Andreas Schieder. Zwei Parteisoldaten, die den Marsch durch die Parteiinstitutionen antraten und mit der Zeit nach oben gespült wurden. Ein Neustart, die große Erneuerung wird von ihnen nicht zu erwarten sein.

Ein Weiterführen von Häupls Politik wird den Niedergang der SPÖ beschleunigen. Häupls Schmäh zum Galgenhumor werden.