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Ein Ball und ein Ermittlungsverfahren

Von Daniel Bischof

Politik
apa/fpö/Robert Lizar

Der Ball ist überschattet von Protesten und Untersuchungen im Kreis einer Verbindung wegen Wiederbetätigung.


Wien. Der Akademikerball sorgt seit Jahren für Proteste. Bis 2012 wurde er vom Wiener Korporationsring ausgerichtet, danach übernahm die Wiener FPÖ die Organisation. Auf dem Ball tummeln sich deutschnationale Burschenschaftler, neben prominenten Freiheitlichen waren in der Vergangenheit auch rechte Politiker aus Europa zu Gast. Rechtsextreme und Holocaust-Leugner würden in der Hofburg das Tanzbein schwingen, so der Vorwurf der Demonstranten.

Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl rechnete im Vorfeld mit wesentlich mehr Protesten als in den Vorjahren. So findet 2018 das zehnjährige "Jubiläum" der Proteste gegen den Ball statt. Auch sitzt die FPÖ nicht mehr auf der Oppositionsbank, sondern in der Regierung. Und Udo Landbauer, der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat für die Landtagswahlen, steckt in einem Antisemitismus-Skandal rund um ein Nazi-Liederbuch.

Landbauers Burschenschaft "Germania zu Wiener Neustadt" hatte 1997 ein Liederbuch mit rassistischen und antisemitischen Liedern herausgegeben, das den Holocaust verherrlicht. "Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million" heißt es darin etwa - die "Wiener Zeitung" hat berichtet. "Der spöttische Applaus für die Mordtaten des Holocaust offenbart ein Ausmaß an Menschenverachtung, dem sich unsere Gesellschaft entschieden entgegenstellen muss", erklärte Kardinal Christoph Schönborn.

FPÖ-Politiker Landbauer war bis Dienstag Vizeobmann der Germania. Einen Rücktritt schloss er aus - er habe von den Liedern nichts gewusst, gab er an. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt kündigte an, gegen unbekannt wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz zu ermitteln. Justizminister Josef Moser (ÖVP) versicherte am Freitag, dass die Justiz in der Causa frei von politischer Einflussnahme vorgehen werde.

Ermittlungsverfahren gegen vier Täter eingeleitet

Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat dann schließlich nach einem Zwischenbericht des Landesamtes Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Niederösterreich gegen vier bekannte Personen, die für die Zusammenstellung und Illustration der sichergestellten Liederbücher der "Pennalen Burschenschaft Germania Wiener Neustadt" verantwortlich zeichneten, Ermittlungen eingeleitet. Ermittelt wird wegen des Verdachts nach §3g Verbotsgesetz.

Auch der freiheitliche Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache - er kündigte an, den Akademikerball besuchen zu wollen - geriet zuletzt in den Strudel des Skandals. Der "Spiegel" hatte am Donnerstag berichtet, dass Strache im Juni 2017 ein Fest zum 100-jährigen Bestehen der Burschenschaft Germania in Wiener Neustadt besucht haben soll. Das Magazin veröffentliche Fotos, auf denen Strache mit einer Burschenschafter-Kappe zu sehen. Strache ist Mitglied der Burschenschaft "Vandalia Wien".

Strache zeigte sich am Freitag über den "Spiegel"-Bericht empört und sah sich als Opfer einer linken Medienkampagne. Er habe lediglich an einer Sitzung des Österreichischen Pennäler Rings - des Dachverbands der Burschenschafter - am Nachmittag teilgenommen, bei der er ein Ehrenband erhalten habe. Beim abendlichen Stiftungsfest der Germania sei er nachweislich nicht dabei gewesen, so Strache.

In Medienberichten wurde diese Verantwortung als "skurril" bezeichnet: Die Sitzung des Pennäler Rings habe ja im Rahmen der Jubiläumsfeier bzw. die Feier im Rahmen der Sitzung stattgefunden. Seine Kritiker versuchte Strache mit der Ankündigung zu besänftigen, den Akademikerball zu einer Bühne gegen Antisemitismus machen zu wollen. Für Antisemiten gebe es weder in der FPÖ noch am Akademikerball einen Platz, erklärte er.

"Die Verantwortung und das Gedenken an die Opfer des Holocaust sind uns Verpflichtung und Verantwortung in der Gegenwart und für kommende Generationen. Wer das anders sieht, soll aufstehen und gehen. Er ist bei uns nicht erwünscht." Auch sollten sich die Korporationen und das Dritte Lager einer Aufarbeitung der Vergangenheit widmen. Dies könne durch eine Historikerkommission erfolgen, die sich schonungslos mit den Fehlern der eigenen Vergangenheit auseinandersetze, so Strache.

Bis zu 3000 Polizisten standen am Freitag bereit

In den vergangenen Jahren waren die Proteste gegen den Akademikerball weitgehend friedlich verlaufen. Zu Tumulten und schweren Sachbeschädigungen ist es zuletzt 2014 gekommen. Im Vorfeld ist die Wiener Polizei von einer höheren Gewaltbereitschaft als in den Vorjahren ausgegangen. Am Freitag sah sie die Lage dann allerdings wesentlich entspannter. Bei der Landespolizeidirektion Wien wurden drei Demonstrationsmärsche und zwei Standkundgebungen angemeldet. Die Wiener Innenstadt war am Freitag großflächig abgesperrt, rund um den Heldenplatz trat ab 17 Uhr ein Platzverbot in Kraft. Bis zu 3000 Polizisten standen am Freitag einsatzbereit.