Wien. (aum) Das neue Gesetz zur Mindestsicherung in Wien tritt heute, Donnerstag, in Kraft. Ziel ist es, sie überflüssig zu machen. Durch entsprechende Anreize sollen insbesondere 10.000 Jugendliche bis 2020 die Zahlung nicht mehr nötig haben. Die Anzahl der Vollbezieher soll generell bis 2025 um 20 Prozent sinken.
Anders als andere Bundesländer verzichtet Wien auf Kürzungen oder Deckelungen der Mindestsicherung. Der volle Richtsatz wurde leicht angehoben und liegt bei 863,04 Euro gegenüber bisher 844,46 Euro.
Nach der alten Regelung haben 18- bis 21-Jährige den halben und über 21-jährige Mindestsicherungsbezieher den vollen Richtsatz erhalten, obwohl sie noch im Haushalt der Eltern lebten. Künftig bekommen 18- bis 25-Jährige, die bei ihren Eltern leben, 75 Prozent des Richtsatzes (647,28 Euro). Dies allerdings nur, wenn sie sich in Ausbildung befinden oder einer Beschäftigung nachgehen. Tun sie das nicht, so wird die Mindestsicherung auf die Hälfte - 431,52 Euro - gekürzt. Bevor diese Kürzung in Kraft tritt, gibt es allerdings eine viermonatige Übergangsfrist, während der der Jugendliche die Möglichkeit hat, einen neuen Job oder eine neue Ausbildung zu finden.
"Abhängigkeit vermeiden"
"Dadurch wird der Arbeitsanreiz verstärkt, Dauerabhängigkeit vermieden und wir unterstützen junge Menschen dabei, ihre Stärken und Ressourcen zu erkennen", erklärt Sozialstadträtin Sandra Frauenberger. Um Behördenwege zu reduzieren, beziehungsweise um durch Kooperation ein sinnvolles Gesamtpaket anzubieten, wird eine Anlaufstation geschaffen, in der junge Bezieher von der MA40 (Soziales und Gesundheit) und dem AMS gemeinsam betreut werden.
Arbeitende Mindestsicherungsbezieher werden künftig zusätzlich belohnt. Unter 25-Jährige, die ein halbes Jahr durchgehend gearbeitet haben, erhalten einen einmaligen Bonus in Höhe von 828,50 Euro. Wer älter ist, erhält diese Zahlung, wenn er ein Jahr durchgearbeitet hat.
Der größte Teil der Mindestsicherungsbezieher sind jene Menschen, die ein Einkommen unter dem Mindestsicherungsrichtsatz haben. Bei ihnen wird das Einkommen auf die Mindestsicherung aufgestockt. "Wenn jemand im Monat 400 Euro verdient, dann bekommt sie oder er eine Aufzahlung auf die Mindestsicherung", erklärt die Sozialsprecherin der Wiener Grünen, Birgit Hebein.
Einige von ihnen fürchteten sich bis jetzt allerdings vor Urlaubs- und Weihnachtsgeld. In manchen Fällen hat dieses nämlich zur vorübergehenden Einstellung der Mindestsicherung während der Sonderzahlungsmonate geführt, weil die Verdienstgrenze überschritten wurde. Diese Zahlungen werden künftig nicht mehr mitgerechnet. "Der Beschäftigungsbonus stellt ein Stück weit Normalität her. So wie anderen Angestellten und Arbeitern auch, stehen ab sofort Weihnachts- und Urlaubsgeld für notwendige Zusatzausgaben zur Verfügung", sagt Hebein.
Frauen unterstützen
Um gezielt Frauen in schwierigen Lebensumständen zu erreichen und Abhängigkeiten zu reduzieren, wird künftig die getrennte Auszahlung auf zwei Konten möglich sein. Das Geld sei bisher nämlich nur an den Antragsteller gegangen, "und das war meist der Ehemann", so Hebein.
Wenig erfreut über die Mindestsicherung neu ist man in der Bundesregierung (die bundesweite Kürzungen der Mindestsicherung anpeilt), zumal in der ÖVP. Während die Wiener VP-Gemeinderätin Ingrid Korosec das neue Gesetz als "oberflächliche rot-grüne Alibi-Novelle" bezeichnete, forderte der für Staatsreform zuständige Minister, Josef Moser (ÖVP), erneut eine einheitliche Mindestsicherung für ganz Österreich.
Aber selbst abgesehen von dieser Forderung bleibt grundsätzlich abzuwarten, wie lange die neue Regelung der Mindestsicherung bestehen bleibt, wie sie ist. Der neue Wiener SPÖ-Chef, Michael Ludwig, hat nämlich nach seiner Wahl umgehend angekündigt, die Mindestsicherung für Wien "evaluieren" zu wollen.