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Juristenstreit um Rauchverbot

Von Daniel Bischof

Politik

Wird der rot-grüne Antrag gegen Aufhebung des Rauchverbots Erfolg haben? Juristen sind sich uneins.


Wien. Wird die Stadt Wien mit ihrem Antrag gegen die Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie erfolgreich sein? Wird der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die umstrittene Regelung kippen? Wohl eher nicht, meinen Theo Öhlinger und Heinz Mayer. Die Verfassungsrechtler räumen dem Vorstoß der rot-grünen Stadtregierung kaum Chancen ein. An den Erfolg des Antrags glaubt hingegen Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk.

"Ich fürchte, dass die Gemeinde Wien mit einem solchen Antrag eine Bauchlandung erfahren wird", sagte Öhlinger am Dienstag im ORF-Ö1-"Morgenjournal". Es sei keine Sache des VfGH, darüber zu entscheiden, ob es ein Rauchverbot in der Gastronomie geben soll. "Ich halte die Aufhebung des absoluten Rauchverbots auch für schlecht, aber nicht alles, was schlecht ist, ist deshalb auch schon verfassungswidrig." Es sei letztlich "eine Frage der Politik, welchen Ausgleich sie hier zwischen den unterschiedlichen Interessen treffen will", sagte Öhlinger. "Die Politik hat sich in meinen Augen falsch entschieden, aber sie hat diese Möglichkeit."

"Dann müsste man auch das Autofahren verbieten"

Die Wiener Stadtregierung stützt ihren Antrag, den sie am Montag vorstellte, vor allem darauf, dass durch die Aufhebung eine Ungleichbehandlung geschaffen werde. Arbeitnehmer würden in allen Arbeitsstätten vor Passivrauch geschützt werden, nur eben in der Gastronomie nicht.

Diese Argumentation hält Öhlinger für "aussichtslos". "Wenn man diesen Gedanken konsequent durchdenkt, dann müsste man wahrscheinlich auch das Autofahren verbieten, denn auch das schadet anderen Menschen", sagte der Jurist.

"Ein solcher Kommentar bedarf keiner weiteren Stellungnahme", erklärte Verfassungsrechtler Funk gegenüber der "Wiener Zeitung". Funk berät - gemeinsam mit anderen Juristen - die rot-grüne Stadtregierung in der Causa: "Die 35-seitige Anfechtungsschrift ist auf einer sehr breiten Basis ausgearbeitet worden."

Neben dem Arbeitnehmerschutz und dem Gleichheitssatz gehe es in dem Antrag auch um den Schutz der Passivraucher: "Gäste, die in gemischten Gastronomiebetrieben im Nichtraucherbereich sitzen, können kaum gegen die schädlichen Nanopartikel, die da aus dem Raucherbereich kommen, geschützt werden", erläuterte Funk.

"Ich sehe da wenig Chancen, dass man erfolgreich dagegen vorgehen kann", meinte wiederum Verfassungsjurist Mayer. "Die Wahrung des öffentlichen Interesses ist für sich allein kein Verfassungsgrundsatz. Der Gesetzgeber kann auch Regelungen treffen, die vielleicht zu einem ungesunden Leben führen oder gefährliche Tätigkeiten erlauben."

"Die Details wurden nochnicht vorgestellt"

Ursprünglich war geplant, dass das Rauchverbot in der Gastronomie mit 1. Mai 2018 in Kraft tritt. Im März beschloss die schwarz-blaue Koalition im Nationalrat per Initiativantrag jedoch die Aufhebung des Verbots. Dadurch trat es nicht in Kraft. Mayer machte darauf aufmerksam, dass die Aufhebung des Verbots schlicht die Bewahrung des Status quo herbeiführte, also das Beibehalten der geltenden Reglungen. Und bis zum Vorstoß der rot-grünen Stadtregierung habe auch noch nie jemand behauptet, dass diese "geltende Regelung verfassungswidrig sei", meinte der Jurist.

Funk hält die Prognosen seiner zwei Kollegen für verfrüht und unseriös. Die genaue Argumentation, die hinter dieser Anfechtung stecke, sei ja noch gar nicht bekannt. "Am Montag wurden nur die Grundzüge vorgestellt und noch nicht die Details." Geplant ist, dass die rot-grüne Landesregierung am 12. Juni die Anfechtung beschließt. "Wenn der Beschluss steht, wird die Anfechtung eingereicht", sagte Funk.