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Bereit zum Sprung

Von Bernd Vasari

Politik

Die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein kandidiert nun auch für Vassilakous Nachfolge. Wer ist die Frau?


Wien. "Wenn Leute müde sind, dann lass sie schlafen. Oder mach einen Salto." Diese Weisheit gab Birgit Hebeins Sohn seiner Mutter vor acht Jahren mit. Sie bewarb sich damals für einen Listenplatz bei den Grünen für die Wien-Wahl 2010. Der Salto gelang, Hebein zog als Abgeordnete in den Gemeinderat ein. Nun kandidiert sie als grüne Spitzenkandidatin. Damit steht fest: Neben Klubchef David Ellensohn, Gemeinderat Peter Kraus und der grünen Sozialsprecherin bewerben sich drei Personen um die Nachfolge von Maria Vassilakou.

Inhaltlich will die diplomierte Sozialarbeiterin und chinesische TCM-Therapeutin einen Schwerpunkt auf die soziale Sicherheit legen. Dass ihr das Thema ein Anliegen ist, betont sie in jeder Rede, in jedem Gespräch. Gebe es eine Rangliste für gesprochene Wörter, wäre das Wort "sozial" mit großem Abstand an erster Stelle. Sie sagt Sätze wie: "Ohne soziale Sicherheit gibt es keinen sozialen Frieden", "Wenn wir die soziale Frage eskalieren lassen, dann dürfen wir uns über das, was in Chemnitz passiert ist, nicht wundern. Das will ich für Wien nicht." Auch die Klimakrise könne "nur mit der sozialen Frage beantwortet werden", zeigt sie sich überzeugt. "Spätestens mit diesem Hitzesommer, diesen Überschwemmungen, muss allen klar sein, dass die Klimakrise eine soziale Krise ist", sagt Hebein.

Im Unterschied zu vielen Grünen ihrer Generation wurde die 51-Jährige nicht in Hainburg politisiert - die Besetzung der Au und die damit verbundene Verhinderung eines Kraftwerks im Jahr 1984 zählt zur Geburtsstunde der Partei. Hebein beruft sich stattdessen auf die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Wehrdienstverweigerung. Dort habe sie gelernt, was es heißt, Zivilcourage zu haben. Die Arge führt Beratungen zu allen Fragen der Wehrdienstverweigerung durch, hält Beraterschulungen ab und organisiert immer wieder öffentliche Aktionen gegen das Militär. Aufgewachsen ist die gebürtige Villacherin in einem kleinen Dorf in Kärnten. Ihr Vater war Maurer, ihre Mutter Hausfrau. Geprägt wurde sie durch das Singen von slowenischen und deutschen Liedern. Darunter vor allem jene mit antifaschistischen Inhalten.

Hebein war von 1996 bis 1997 bei der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) im Bereich Sicherheitspolitik aktiv und engagierte sich ab 2003 bei den Grünen in Rudolfsheim-Fünfhaus. Sie wurde bei den Bezirksvertretungswahlen im Jahr 2005 zur Bezirksrätin gewählt und übernahm zwei Jahre später die Funktion der Klubobfrau der Grünen Rudolfsheim-Fünfhaus. 2010 zog sie in den Gemeinderat ein. Die Idee der grünen Hausbesuche rund um die Befragung zur Umgestaltung der Mariahilfer Straße und im Wahlkampf gehen auf sie zurück.

Hebein setzt auf Hausbesuche

Sie sei Teil der Grünen geworden, weil sie einzelne Menschen bei den Wiener Grünen kennengelernt habe, die begeistert für eine Idee gekämpft hätten. "Diese Begeisterung würde ich gerne in einer nicht so einfachen Situation der Grünen wieder auslösen", nennt sie als Grund für ihre Kandidatur. Den Entschluss anzutreten, habe sie nicht leichtfertig gefasst. "Ich habe wohlüberlegt. Es ist keine Entscheidung, ob ich meinen Jungs heute Palatschinken mache", sagt Hebein.

Aussagen ihrer Konkurrenten will sie nicht kommentieren. "Ich schätze David Ellensohn genauso wie Peter Kraus", sagt sie. "Wir brauchen beide in unserer grünen Partei." Sie kandidiere nicht gegen die beiden Kollegen, sondern "für die Grünen", erklärt Hebein. Auftreten werde sie dabei mit einem Team. Die Namen werde sie in den nächsten Tagen verkünden.

Interne Unterstützung aus dem Umfeld der Gras

Interne Unterstützung bekommt Hebein aus dem Umfeld der Grünen & Alternativen Student_innen (Gras). Wie stark Gras in der Partei verankert ist, zeigte sich vor mehr als einem Jahr. Damals kam es zum Konflikt mit den Jungen Grünen, die sich von Gras abspalteten. Der Grund: Gras sei zu undemokratisch. Die jungen Grünen unterstützten nun eine Gruppe grüner Studenten, die bei der Wahl zur Hochschülerschaft in Linz und Graz kandidieren wollten. Ein No-Go für Gras. Die Bundespartei schloss daraufhin die Jungen Grünen von der Partei aus.

Ob die Mobilisierungskraft ausreicht, damit sich Hebein gegen Ellensohn und Kraus durchsetzt, ist jedoch nicht sicher. Da jede Person stimmberechtigt ist, die nicht einer anderen Partei angehört, werden viele Nicht-Grüne aus dem Umfeld von Grüne Andersrum für Kraus stimmen. Ellensohn hat hingegen keine geschlossene Gruppe hinter sich.

Nach dem Ende der Bewerbungsfrist am Dienstag müssen die Kandidaten nun Unterstützungserklärungen sammeln und sich in weiterer Folge öffentlichen Hearings stellen. Gewählt wird dann nicht wie bisher auf einer Landesversammlung, sondern brieflich im November. Bis zum 26. November muss die Stimme eingelangt sein. Dabei können nicht nur Mitglieder der Öko-Partei, sondern auch registrierte Wähler mitstimmen. Einzig eine Einmalgebühr von 15 Euro sind zu zahlen.

Welche Kunststücke Birgit Hebeins Sohn seiner Mutter für das nächste Karriereziel empfiehlt, ist nicht bekannt. Damit ihre angekündigte grüne Spitzenkandidatur für die Wien Wahl 2020 erfolgreich ist, wird sie jedoch tiefer in die Trickkiste greifen müssen.