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Verfahren verschleppt

Von Bernd Vasari

Politik

Die Bundesregierung möchte Umweltverträglichkeitsprüfungen beschleunigen. Mit der Novelle könnten diese aber noch länger dauern.


Wien. Elf Jahre dauerte das Verfahren für den Bau einer dritten Piste auf dem Flughafen Wien, neun Jahre waren es bei der geplanten Untertunnelung der Lobau. Zu lange für die Bundesregierung. Sie möchte Verfahren wie diese beschleunigen. Eine entsprechende Gesetzesvorlage, die Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G), wird nun am Donnerstag dem Umweltausschuss vorgelegt. Wird ein schnelleres Verfahren damit möglich sein?

Die Vorlage wurde vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit eingebracht. Die wesentlichen Punkte: Statt vier bis acht Wochen sollen Umweltorganisationen in beiden Instanzen nur noch bis zu je vier Wochen Zeit für Begutachtung und Beeinspruchung des UVP-Gutachtens haben. Weiters sollen die vom Ministerium anerkannten Organisationen alle drei Jahre überprüft werden, ob sie die Anerkennungskriterien erfüllen. Auch ein Standortanwalt soll eingesetzt werden, der die öffentlichen Interessen wahrnehmen kann. Wie seine Rolle aussehen soll, ist bis jetzt aber noch unklar. Zusätzlich können die Unterlagen in Zukunft auch digital eingereicht werden.

Dabei liegt es kaum an den Umweltorganisationen, dass sich Verfahren über Jahre in die Länge ziehen. Sie können schließlich erst aktiv werden, wenn der Projektwerber seine Unterlagen fertiggestellt hat und Gutachten der Behörde vorliegen. Beim Lobautunnel dauerte dies in der ersten Instanz dreieinhalb Jahre, in der zweiten Instanz waren es mehr als zwei Jahre. Um die hunderten Seiten der Gutachten durchzuforsten, werden die Organisationen künftig nur noch die Hälfte der Zeit bekommen. Im besten Fall vier Wochen. Sollte das Gutachten erst kurz vor der Verhandlung fertig werden, bleibt ihnen gar keine Zeit.

Wie fair ist das Verfahren?

Widerspricht dies nicht den Prinzipien eines fairen Verfahrens? Der Projektwerber hat jede Menge Zeit, seine Unterlagen vorzulegen, die Umweltorganisationen haben im schlechtesten Fall gar keine Zeit. Aus dem Büro der Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) heißt es dazu: "Das Umweltverträglichkeitsgutachten ist vier Wochen öffentlich aufzulegen und in dieser Frist kann dazu Stellung genommen werden." Die Grundsätze des Parteiengehörs würden damit gewahrt bleiben. Umweltschützer Wolfgang Rehm widerspricht: "Die Hälfte der UVP sind vereinfachte Verfahren. Hier ist eine vierwöchige Auflage der Gutachten weder erforderlich noch üblich."

Rehm fordert einen Zeitplan für Verfahren, an den sich alle zu halten haben. "Wenn es Projektwerber in einer bestimmten Zeit nicht schaffen, ihre Unterlagen fertigzustellen, dann soll es zurückgewiesen werden." Ob der Zeitplan eingehalten wird, soll die Behörde oder ein Gericht regelmäßig prüfen. Mit dem kommenden Gesetz wäre etwa das Verfahren für den Bau einer dritten Piste auf dem Flughafen nicht schneller vorangekommen. "Es gab fünf Abänderungen des Projektwerbers. Das hat viel Zeit gekostet." Dass die Umweltorganisationen alle drei Jahre geprüft werden sollen, sei zudem keine Zeitersparnis, sondern mehr Arbeit für die Betroffenen und die Behörden.

Eine wesentliche Erneuerung wird mit dem Standortanwalt geschaffen. "Der Standortanwalt soll durch seine Parteistellung zur ausgewogenen Gewichtung der von einem Vorhaben betroffenen öffentlichen Interessen beitragen", heißt es dazu aus dem Büro von Köstinger. "Er hat das Recht, im UVP-Verfahren als Partei die öffentlichen Interessen, die für ein Vorhaben sprechen und deren Gewichtung gegenüber anderen öffentlichen Interessen geltend zu machen."

Die Rolle des Standortanwalts

Auf die Frage, ob mit dem Standortanwalt als zusätzlichen Akteur nicht die Gefahr besteht, dass sich das Verfahren weiter hinauszögert, gibt es vom Ministerium hingegen keine Antwort.

Die UVP-Novelle ist Teil des sogenannten Umweltpakets der Regierung. Neben der UVP wird die bereits 2005 von Österreich ratifizierte Aarhus-Konvention in den noch ausstehenden Umweltmaterien Wasser, Luft und Abfall umgesetzt. Der EuGH hatte bereits im Vorjahr entschieden, dass NGOs in wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren eine Klagebefugnis haben müssen.

Bisher durften Naturschützer bei Großprojekten an Österreichs Flüssen und Bächen nur mitreden, wenn diese einer UVP unterliegen. Die EU-Kommission hatte 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen der mangelnden Umsetzung der Aarhus-Konvention eröffnet. Mit der vorliegenden Novelle soll dies nun ausgeräumt werden.

Angepasst wird auch das Emissionsgesetz-Luft zur Umsetzung der neuen Richtlinie über Emissionshöchstmengen für Luftschadstoffe sowie das Bundes-Umwelthaftungsgesetz.